Christian Lindner

Zukunft der Regierung Welche Probleme die Ampel jetzt lösen muss

Stand: 24.09.2024 16:12 Uhr

Die FDP hat für die Ampelkoalition einen "Herbst der Entscheidungen" ausgerufen. Löst die Regierung entscheidende Probleme gemeinsam - oder entzweit sie sich darüber? Ein Überblick.

Von Uli Hauck, ARD-Hauptstadtstudio

Wirtschaftspolitik

Die Wirtschaft schwächelt und hat im September ihre Talfahrt noch mal beschleunigt. Die Stimmung in den Unternehmen hat sich weiter verschlechtert, Deutschland steuert auf eine Rezession zu. Zu diesem Ergebnis kommen aktuell die Konjunkturexperten des Münchner Ifo-Instituts. Die Bundesregierung will darauf mit einer Wachstumsinitiative reagieren, die sie bereits im Juli angekündigt hat.

Allerdings sind von den 49 Einzelmaßnahmen erst wenige umgesetzt. Deshalb wollen FDP und mittlerweile auch SPD das Tempo erhöhen und das Paket schneller umsetzen.

Es gibt aber weiterhin Streitpunkte wie das sogenannte Tariftreuegesetz. Die SPD will, dass Firmen, die für den Bund arbeiten, nach Tarif bezahlen. Dabei müsste der Auftragnehmer auch alle beteiligten Subunternehmer verpflichten, den Tarif einzuhalten - sonst könnte es zu Strafzahlungen kommen. Die SPD will die Arbeitnehmer vor Lohndumping schützen, die FDP befürchtet zu viel Bürokratie für die Unternehmen. Die Regierung sollte daran aber vermutlich nicht scheitern.

Rente

Einig ist sich die Ampel über eine sogenannte "Rentenaufschubprämie". Wer also mindestens ein Jahr über das Renteneintrittsalter hinaus arbeitet, soll finanziell profitieren. Die Prämie soll erst ab 2028 gezahlt werden, man kann aber bereits ab dem kommenden Jahr seinen Rentenbeginn verschieben.

Kniffliger wird es beim "Rentenpaket II". Das geht nach langer Verzögerung in dieser Woche in den Bundestag. Dabei geht es um zwei zentrale Maßnahmen: Das Rentenniveau soll langfristig bei 48 Prozent des Durchschnittslohns festgeschrieben werden. Dadurch steigen die Beitragssätze schneller als erwartet. Auch deshalb gibt es weiterhin Widerstand aus der FDP-Fraktion - trotz der Ansage von FDP-Chef Christian Lindner, dass das Rentenpaket II "ausverhandelt und zustimmungsfähig" sei.

Als zweite Maßnahme ist - auf Wunsch der FDP - ein sogenanntes Generationenkapital geplant. Verkürzt ausgedrückt, sollen Aktiengewinne dafür sorgen, dass die Erhöhung der Rentenbeiträge in Zukunft abgedämpft wird. Die SPD will stabile Renten garantieren, die FDP sorgt sich um eine Kostenexplosion und die Grünen bezweifeln, dass das schuldenfinanzierte "Generationenkapital" mit der Schuldenbremse vereinbar ist.

In dem schwierigen Politikfeld gibt es noch viele offene Fragen. Da sich aber die Regierung bereits geeinigt hat, erscheint es unwahrscheinlich, dass die Koalition im Bundestag über der Frage auseinanderbricht.

Migration

Beim Thema Migration hat die Ampelkoalition Maßnahmen auf den Weg gebracht. Jetzt gibt es eigentlich nur noch in Detailfragen unterschiedliche Ansichten: Nämlich probiert man es - wie von Justizminister Marco Buschmann vorgeschlagen - beispielsweise modellhaft mit Zurückweisungen an den Grenzen?

Oder trifft man sich zu einem erneuten Migrationsgipfel: Bundeskanzler Olaf Scholz, Finanzminister Christian Lindner, Vizekanzler Robert Habeck und Oppositionsführer Friedrich Merz. Lindner will das, der Kanzler nicht - das reicht allerdings nicht um eine Regierung zum Scheitern zu bringen.

Ein Knackpunkt könnte allerdings der Vorschlag von Lindner sein, dass es "künftig null Euro" vom deutschen Steuerzahler für ausreisepflichtige Flüchtlinge geben soll. So eine Maximalforderung ist rechtlich umstritten, auch wegen bisheriger Gerichtsurteile. Sie taugt also wohl auch nicht, um eine Regierung scheitern zu lassen. 

Haushalt 2025

Der Haushaltsentwurf für 2025 könnte die Sollbruchstelle für die Koalition werden. Er soll bis spätestens Ende des Jahres stehen, aber bislang fehlen noch 12 Milliarden Euro. Sachverständige haben zudem erhebliche Zweifel daran geäußert, dass der Haushaltsentwurf verfassungsgemäß ist.

SPD, FDP und Grüne können sich also über die künftige Schwerpunktsetzung zerstreiten. Beispielsweise will der Bundesfinanzminister nach der Verschiebung des Intel-Baus in Magdeburg die milliardenschweren Fördergelder zur Haushaltsentlastung nutzen. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es dagegen, die Intel-Gelder stünden dem Kernhaushalt nicht zur Verfügung.

Ohne einen beschlossenen Haushalt für 2025 wird das Weiterregieren für die Ampelkoalition schwierig. Mit einem Haushalt wird ein kurzfristiger Bruch der Koalition dagegen unwahrscheinlicher. Dann könnte sie sich bis zur Bundestagswahl 2025 retten.

Und selbst wenn ein Partner die Ampelregierung verlässt, könnte der Bundeskanzler auch mit einer Minderheitsregierung weitermachen. Das ist zwar selten, aber möglich. Bislang verlor laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestags eine amtierende Bundesregierung allerdings erst viermal ihre absolute Mehrheit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 24. September 2024 um 06:07 Uhr.