Olaf Scholz

Offener Brief SPD-Mitglieder kritisieren Asylpolitik der eigenen Partei

Stand: 24.09.2024 14:42 Uhr

Die SPD-Führung verschärfte ihren Kurs in der Asylpolitik zuletzt - und erntet nun Kritik aus den eigenen Reihen. In einem Brief fordern Hunderte Parteimitglieder, man dürfe sich nicht von rechten Parteien treiben lassen.

Seit Wochen diskutieren und streiten die Parteien über den deutschen Kurs in der Asyl- und Migrationspolitik. Die SPD verschärfte ihre Haltung zuletzt. Dagegen formiert sich innerhalb der Partei nun heftiger Widerstand.

In einem offenen Brief fordern Hunderte Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die SPD-Vertreter in der Bundesregierung und im Bundestag auf, das Asylrecht zu verteidigen und Menschenrechte zu wahren. "Die SPD darf nie die menschenfeindlichen Narrative und Positionen rechter Parteien aufgreifen und damit normalisieren", heißt es in dem Brief, den Abgeordnete aus Europaparlament, Bundestag und Landtagen, aber auch einfache Parteimitglieder initiierten und den inzwischen Hunderte weitere unterzeichneten.

"Die Sprache der Rechten zu übernehmen, wenn es um Asylsuchende geht, die vor Krieg und Chaos fliehen, und geschlossene Grenzen innerhalb Europas zu planen - ein solcher Schwenk befeuert die Positionen der extremen Rechten", heißt es weiter. Diese Verschiebung des Diskursraumes sei für die Demokratie und die Gesellschaft brandgefährlich.

"Diskurs der Ausgrenzung und Stigmatisierung"

"Die klare, uneingeschränkte Brandmauer gegen rechts muss sich stattdessen in den politischen Taten und Worten der Sozialdemokratie widerspiegeln", so der Appell. "Wir stehen für unsere Grundwerte, Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und für die unantastbare Würde des Menschen. Wir stehen gegen Populismus, Rassismus, Menschenfeindlichkeit."

Führende Sozialdemokraten hätten einen "Diskurs der Ausgrenzung und Stigmatisierung" in letzter Zeit mitbefeuert, kritisieren die Unterzeichner des Briefes. Sie hätten Maßnahmen zur Zurückweisung von Geflüchteten an den Grenzen vorangetrieben und grenznahe Inhaftierungen als vermeintliche Lösung für Probleme wie Extremismus vorgeschlagen. Eine ganze Menschengruppe werde so pauschal unter Terrorismusverdacht gestellt. 

Sicherheitspaket nach Solingen-Anschlag

Auf den mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag von Solingen im August hatte die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP mit einem sogenannten Sicherheitspaket reagiert. Es umfasst unter anderem geplante Asylrechtsverschärfungen und mehr Grenzkontrollen, aber auch Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan. Zu den Plänen in der Asylpolitik zählen unter anderem auch eine Bezahlkarte für Asylbewerber und die Reduzierung von Leistungen für bestimmte Flüchtlinge. 

Die Unterzeichner des Briefes bezweifeln, dass viele der Maßnahmen mit dem europäischen oder deutschen Recht vereinbar sind. "Wir fordern daher die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung und des Bundestages auf, sich wieder für eine humane Asylpolitik einzusetzen, die keine rechten Fantasien von geschlossenen Grenzen reproduziert und stattdessen europäisches Recht sowie internationale Solidarität achtet", so die Unterzeichner des Briefes. Handlungsweisend für politische Entscheidungen müssten die Grundwerte sein und nicht vermeintlichen Umfragen oder Stimmungen. 

Zu den Initiatoren des Offenen Briefes zählen vor allem Berliner SPD-Politiker bis hin zu Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe, aber auch Mitglieder aus anderen Landesverbänden. Darunter sind auch die Vorsitzende der Grundwertekommission der SPD, Gesine Schwan, oder Juso-Chef Philipp Türmer. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk in den Nachrichten am 24. September 2024 um 15:00 Uhr.