Keine Mehrheit in der Länderkammer "Sicherheitspaket" scheitert in Teilen am Bundesrat
Das vom Bundestag kurz zuvor verabschiedete "Sicherheitspaket" ist im Bundesrat teilweise gescheitert. Innenministerin Faeser nannte das "verantwortungslos". Das abgelehnte Gesetz sah mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden vor.
Das sogenannte Sicherheitspaket der Ampel-Koalition ist im Bundesrat teilweise gescheitert. Das vom Bundestag kurz zuvor beschlossene Gesetz für eine Erweiterung der Befugnisse für die Sicherheitsbehörden bekam in der Abstimmung in der Länderkammer keine Mehrheit. Ein zweites Gesetz mit Regelungen zu Leistungen für Asylbewerber und Messerverboten ließ der Bundesrat dagegen passieren.
Mit dem abgelehnten Gesetz sollten die Sicherheitsbehörden unter anderem die Möglichkeit bekommen, in bestimmten Fällen biometrische Daten im Internet abzugleichen. Die Suche nach Gesichtern und Stimmen mittels einer automatisierten Anwendung sollte aber nur dann erlaubt sein, wenn dies der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) oder seine Vertretung von einem Gericht genehmigen lässt. Bei Gefahr im Verzug hätte der BKA-Chef oder einer der drei Vize selbst die Anordnung für eine Dauer von maximal drei Tagen treffen müssen.
Bayern und Berlin lehnen Pläne ab
In der vorangegangenen Debatte im Bundesrat hatten Vertreter Bayerns und Berlins ihre Ablehnung der Pläne deutlich gemacht. Der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann von der CSU kritisierte das Paket als unzureichend und sprach von entkernten Regelungen. Die irreguläre Migration werde so nicht bekämpft werden. Vorgesehene Messerverbote seien reine Symbolpolitik.
Dagegen betonte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling von der SPD, das Paket sei eine geeignete Antwort. Er rief dazu auf, das Mehr an Sicherheit und Befugnissen für die Polizei nicht unnötig zu verhindern, wenn es einem noch nicht genug sei.
Den anderen Teil des "Sicherheitspakets" ließ der Bundesrat passieren. So sollen Asylbewerber, für deren Schutzersuchen nach den sogenannten Dublin-Regeln ein anderes europäisches Land die Verantwortung trägt, von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden - wenn die Ausreise für sie rechtlich und tatsächlich möglich ist. Ausnahmen soll es geben, wenn Kinder betroffen sind. Zudem sollen Messerverbote im öffentlichen Raum ausgeweitet werden.
Faeser kritisiert Ablehnung des Bundesrats
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat mit Unverständnis auf die Ablehnung im Bundesrat reagiert. "Völlig unverständlich und verantwortungslos ist die Ablehnung unseres Gesetzes zur Terrorismusbekämpfung durch die von CDU und CSU geführten Länder im Bundesrat", erklärte die SPD-Politikerin. "Die Union verweigert unseren Ermittlungsbehörden Befugnisse, die angesichts der aktuellen Bedrohungen absolut notwendig sind."
Die Union halte damit Gesetzesänderungen auf, die es ermöglichten, durch Gesichtserkennung Terrorverdächtige, Mörder und Vergewaltiger zu identifizieren und zu orten. "Das gilt etwa für die Identifizierung von Verdächtigen in islamistischen Terrorvideos oder von Tätern im Bereich der furchtbaren sexualisierten Gewalt gegen Kinder", sagte Faeser weiter.
Bundestag und Regierung können Vermittlungsausschuss anrufen
Nachdem der Bundesrat einen Teil des Gesetzes abgelehnt hat, haben Bundestag und Bundesregierung nun noch die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Dieser ist ein gemeinsamer Ausschuss von Bundestag und Bundesrat, in dem beide Häuser gleich stark vertreten sind. Er gilt als parlamentarisches "Hilfsorgan", das bei umstrittenen Gesetzesvorhaben eingeschaltet werden kann, um eine Einigung zu finden.
Bundestag hatte Paket verabschiedet
Der Bundestag hatte das "Sicherheitspaket" zuvor in namentlicher Abstimmung angenommen. Bundesinnenministerin Faeser hatte im Parlament nochmals dafür geworben. Es sei eine "starke Reaktion auf den furchtbaren Terror von Solingen" und die richtige Antwort auf Terrorismus und Extremismus sowie Gewalt in Zügen und auf Festen.
Die Unionsfraktion forderte hingegen weiterreichende Regelungen. "Dieses sogenannte Sicherheitspaket ist weitgehend wirkungslos", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU, Alexander Throm. Die AfD beklagte eine verfehlte Migrationspolitik. Clara Bünger von den Linken sprach von ineffektiven Scheinlösungen gegen Extremismus und Islamismus.
Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz verteidigte die Neuerungen als sinnvoll und angemessen. Die Forderungen der Union in der Migrationspolitik nach pauschalen Zurückweisungen an den deutschen Grenzen gefährdeten Europa, sagte von Notz.
Reaktion auf Anschlag in Solingen
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte das sogenannte Sicherheitspaket und kündigte an, rechtliche Schritte gegen die Maßnahmen im Migrationsbereich zu unterstützen. "Wenn selbst demokratische Parteien vor rechtem Populismus einknicken und die Grundrechte geflüchteter Menschen missachten, stehen wir umso entschlossener an der Seite der Schutzsuchenden", teilte Pro Asyl mit. Man werde entsprechende Klagen unterstützen und das Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht anfechten. "Dieses Gesetzesvorhaben führt zu vorsätzlich herbeigeführter Wohnungslosigkeit und Verelendung bei Schutzsuchenden", erklärte die Organisaton.
Das "Sicherheitspaket" ist die Reaktion der Ampel-Koalition auf einen islamistisch motivierten Messeranschlag in Solingen, bei dem im August drei Menschen getötet wurden. Eine ähnliche Tat gab es davor in Mannheim. Dabei war ein Polizist erstochen worden.