Karlsruhe prüft Parteienfinanzierung Müssen Verfassungsfeinde staatlich unterstützt werden?
Hat eine Partei, die verfassungsfeindlich, aber nicht verboten ist, Anrecht auf staatliche Finanzierung? Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe will diese Frage klären - und wird von der Partei, um die es geht, mit Verachtung gestraft.
Zum ersten Mal müssen die Richterinnen und Richter klären, ob eine verfassungsfeindliche Partei von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen werden kann, auch wenn sie nicht verboten ist. 2017 war das NPD-Verbot gescheitert.
Karlsruhe sagte: Verfassungsfeindlich sei die NPD, aber politisch keine Gefahr für die Demokratie. Aber das Gericht gab damals einen wichtigen Hinweis: Auch wenn eine Partei nicht verboten sei, könne man ihr unter Umständen trotzdem staatliche Gelder entziehen. Daraufhin wurde das Grundgesetz geändert. 2019 dann stellten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gemeinsam den Antrag, die NPD von der staatlichen Finanzierung auszuschließen.
Heute wurde darüber in Karlsruhe verhandelt. Peter Tschentscher, regierender Bürgermeister Hamburgs von der SPD, begründet den Antrag so: "Die NPD ist als rechtsextreme, verfassungsfeindliche Partei eingestuft worden, vom Bundesverfassungsgericht. Und eine Partei, die darauf ausgerichtet ist in ihrem Wirken, den Staat zu zersetzen, ihn zu beseitigen, eine solche Partei darf nicht auch noch vom Staat unterstützt werden."
Kein Vertreter der "Heimat" anwesend
Die NPD - jetzt umbenannt in "Die Heimat" - hatte vor Verfahrensbeginn vorgetragen, dass es gegen den Grundsatz der Chancengleichheit verstoße, wenn sie von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen würde.
Vor Gericht erschienen ist dann heute überraschenderweise kein einziger Vertreter der "Heimat". Erst zwei Stunden vor der Verhandlung informierte die Partei das Verfassungsgericht. Auf ihrer Homepage sprach sie von einem "Schauprozess". Es sei kein faires Verfahren zu erwarten.
Tschentscher meint, dass das Fernbleiben der Partei ein Zeichen dafür sei, dass die Verfassungsinstitutionen nicht gewürdigt würden: "Ich glaube, es ist das erste Mal in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts, dass die Verfahrensbeteiligten gar nicht erscheinen. Es zeigt wirklich in der gesamten Grundhaltung, dass diese Partei unsere Verfassung, den Staat und die Verfassungsorgane missachtet."
Faeser: Verfahren "mehr als gerechtfertigt"
Die NPD hat seit 2020 keine staatlichen Zuschüsse mehr bekommen. Der Grund: Zu wenige Wählerstimmen bei Bundestags-, Landtags- und Europawahlen. Dennoch sei der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung wichtig, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Wenn "Die Heimat" wieder bei Wahlen antreten würde und genug Stimmen bekäme, "dann würde sie ja wieder finanziert." Insofern sei das Verfahren jetzt "mehr als gerechtfertigt".
Die Antragsteller betonten außerdem: Die NPD profitiere weiterhin von Steuervorteilen für Parteien. So habe die Partei zuletzt Erbschaften in Höhe von bis zu 500.000 Euro erhalten und nicht versteuern müssen.
Kein Geld - obwohl nicht verboten?
Inhaltlich muss Karlsruhe eine Grundsatzfrage entscheiden: Kann eine Partei von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden, obwohl sie nicht verboten ist?
Diese Frage könnte auch für andere extremistische Parteien eine Rolle spielen. Vielleicht langfristig auch für die AfD. Denn die wird vom Verfassungsschutz beobachtet und gilt in Teilen als gesichert rechtsextrem.
Sollte Karlsruhe urteilen, dass der Ausschluss von der Parteienfinanzierung zulässig ist, wenn eine Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, dann wäre theoretisch auch ein Verfahren gegen die AfD möglich. Vor Abschluss des Karlsruher NPD-Verfahrens ist das aber Spekulation. Ein Urteil wird frühestens in einigen Monaten erwartet.