Parteitag der Linken Neuanfang mit "Silberlocken"
Ein neues Führungsduo soll die Linkspartei aus der Krise führen - und den Wiedereinzug in den Bundestag sichern. Mithelfen beim Neustart könnte auch die "Aktion Silberlocke".
Es ist etwas über Halbzeit bei diesem Linken-Parteitag in Halle, als Gregor Gysi die Bühne betritt - mit einem Plan: "Irgendwann nach dem Parteitag, werden sich drei ältere Herren, drei Genossen, treffen." Die drei älteren Herren sind Gregor Gysi selbst, 76 Jahre, Bodo Ramelow, 68 Jahre, und Dietmar Bartsch, 66 Jahre.
Sie wollen sich also auf einen Wein treffen, etwas essen - und darüber beraten, ob die Linke noch etwas Hilfe beim Aufschwung brauche. Und wenn ja: "Dann starten wir die 'Aktion Silberlocke'. Und das heißt, dass diese drei alten Herren und Genossen und Kerle dann in vollem Umfang in den Wahlkampf eingreifen." Jeder von ihnen werde versuchen, ein Direktmandat zu erreichen und die Fünfprozenthürde müsse überschritten werden, so Gysi am Samstag.
Über Direktmandate in den Bundestag
Die "Aktion Silberlocke" ist ein Hit bei den Delegierten. Die drei Direktmandate wären das Sicherheitsnetz, um die Linke in den Bundestag zu hieven - wie schon bei der vergangenen Wahl. Politikwissenschaftler Uwe Jun, der den Parteitag beobachtet hat, schätzt die Erfolgsaussichten optimistisch ein:
"Die sind nicht schlecht, weil wir hier drei wählerwirksame Persönlichkeiten haben, die auch jenseits der linken Wählerschaft bekannt sind. Insbesondere Bodo Ramelow und Gregor Gysi haben gute Chancen, ihre Wahlkreise zu gewinnen und der Wahlkreis Rostock, in dem Herr Bartsch antritt ist, auch nicht chancenlos."
"Wir wollen Politik für unsere Klasse machen"
Aber "Aktion Silberlocke" ist nicht die einzige Überraschung auf diesem Parteitag. Die nächste tritt am Sonntagmittag ans Parteitags-Mikro - und ist ein halbes Jahrhundert jünger als die Silberlocken: Sarah-Lee Heinrich, die ehemalige Grüne Jugend-Chefin, die im September bei den Grünen ausgetreten ist.
Die Sympathie zwischen ihr und den Linken ist spürbar. Sie wolle Politik für Menschen machen, die so wie sie aufgewachsen sind, mit wenig Geld: "Wir wollen raus, zu genau diesen Menschen gehen. Und nein: Dann fragen wir uns nicht zuerst, ob sie in jeder Ader politisch korrekt sind und ob sie sich bei allem genauso ausdrücken würden und ob sie alles genauso sehen wie wir. Wir wollen nicht Politik nur für Linke machen, wir wollen Politik für unsere Klasse machen."
Weniger Streit, mehr Haustürwahlkampf
Zwar hätte es der Partei vielleicht mehr gebracht, wenn Sarah-Lee Heinrich direkt übergelaufen wäre. Sie in Halle sprechen zu lassen, war dennoch eine deutliche Einladung der Linken an alle Frustrierten bei den Grünen. Ein Coup, den die neuen Parteivorsitzenden Jan van Aken und Ines Schwerdtner eingefädelt und bis zuletzt erfolgreich geheim gehalten haben.
Ein Vorgeschmack auf den Führungsstil, den die beiden verfolgen: weniger Interna nach außen tragen, weniger streiten und professioneller auf Wahlziele hinarbeiten. Und das Wahlziel - Wiedereinzug in den Bundestag - wollen sie mit mehr Haustürwahlkampf erreichen.
Ein strategischer Neuanfang
Vorbild ist die sächsische Landtagswahl. Da hat Die Linke überraschend zwei Direktmandate in Leipzig errungen. Nach intensivem Klinkenputzen, hunderten persönlichen Gesprächen mit Wählern und direktem Austausch.
Politikwissenschaftler Jun sagt: "Haustürwahlkampf ist etwas, was zuletzt en vogue ist, was viele Parteien versucht haben und was durchaus nicht wenig erfolgsträchtig erscheint." Nun müsse man sehen, welche Haustüren sich die Linken aussuchten.
Haustürwahlkampf und strategische Direktmandate - der Versuch eines Neuanfangs von "Jungen Wilden" und "Team Silberlocke".