
Nach Rechtsextremismus-Einstufung AfD reicht Klage gegen Verfassungsschutz ein
Die AfD wehrt sich gegen die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz und hat Klage eingereicht. Derweil diskutieren die anderen Parteien über den richtigen Umgang mit der AfD.
Nach der Hochstufung der AfD durch den Bundesverfassungsschutz zur gesichert rechtsextremistischen Bestrebung ist die Justiz am Zug. Die Partei hat vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Köln eine Klage und einen Eilantrag eingereicht (AZ 13K3895/25 und 13L1109/25) und will dem Inlandsnachrichtendienst gerichtlich untersagen lassen, dass er sie so führt, einordnet und behandelt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat in Köln seinen Sitz.
AfD sieht rechtswidriges Vorgehen
In der 195-seitigen Klageschrift bezeichnen die AfD-Anwälte das Vorgehen des Verfassungsschutzes als "offensichtlich rechtswidrig" und sprechen von einem "staatlichen Eingriff in den demokratischen Wettbewerb" mit Blick auf in diesem und kommenden Jahr anstehende Kommunal- und Landtagswahlen.
"Durch das vermeintlich neutrale Siegel einer staatlichen Stelle - immerhin eines Geheimdienstes" - drohe ein nicht mehr wiedergutzumachender Schaden bei Wählern. Auch Spender, Interessenten, Mitglieder, vor allem Beamte, Soldaten und Richter dürften sich nun von der AfD abwenden, zumal politische Mitbewerber ein Parteiverbotsverfahren und dienstrechtliche Maßnahmen gegen verbeamtete Mitglieder der AfD forderten, heißt es weiter.
Schon gegen die Einstufung als Verdachtsfall hatte die AfD geklagt. Nach einem langen Rechtsstreit unterlag sie im vergangenen Jahr vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen und legte dagegen Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht ein. Darüber ist noch nicht entschieden.
AfD verlangt "Stillhaltezusage"
Da sich solche Verfahren hinziehen können, hat die AfD nicht nur einen Eilantrag gestellt, um eine Zwischenentscheidung zu erwirken. Sie verlangt auch auch eine sogenannte Stillhaltezusage vom Verfassungsschutz und - falls diese nicht gegeben wird - einen sogenannten Hängebeschluss des Gerichts, in dem der Nachrichtendienst zum Stillhalten verpflichtet wird, bis in der Eilsache entschieden ist.
Einer Gerichtssprecherin zufolge hat das Bundesamt bis Freitagmittag Zeit, um über die Stillhaltezusage zu entscheiden. Im Eilverfahren hat es drei Wochen Zeit, seine Stellungnahme abzugeben.
Zuvor hatte die AfD den Verfassungsschutz per Abmahnung aufgefordert, die Einstufung der Partei als gesichert rechtsextremistisch zurückzunehmen und eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Der Verfassungsschutz antwortete nach AfD-Angaben nicht darauf. Mit der Klage versucht die Partei der Behörde nun gerichtlich zu untersagen, die AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einzuordnen und zu beobachten.
Politische Diskussion über Parteiverbot
Unterdessen dauert in den anderen Parteien die Diskussion an, wie mit der AfD nach der Hochstufung durch den Verfassungsschutz umzugehen ist. Die designierte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht ein mögliches AfD-Verbotsverfahren unabhängig von den Umfragewerten der Partei. "Es kann aus meiner Sicht nicht davon abhängen, ob eine Partei mit zwei Prozent Wählern ausgestattet ist oder mit 30 Prozent", so Hubig. Es gebe Instrumente, um gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen vorzugehen. Diese müssten angewendet werden, wenn die nötigen Voraussetzungen vorlägen.
Führende Unionspolitiker sind in dieser Frage weiter skeptisch. Um die AfD zu verbieten, müsse als Wesensmerkmal das Aggressiv-Kämpferische gegen die Demokratie nachgewiesen werden, sagte der designierte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) im Bericht aus Berlin. Zu Recht habe das Bundesverfassungsgericht hohe Hürden für ein Parteiverbot aufgestellt.
"Ich bin der Überzeugung, man muss die AfD nicht wegverbieten, man muss sie wegregieren", sagte Dobrindt, der sich dafür aussprach, sich über jene Themen zu unterhalten, die die AfD groß gemacht hat. "Da gibt es auch eine Aufgabe zu erledigen", sagte der CSU-Politiker.
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil hatte sich dafür ausgesprochen, die AfD politisch "kleinzukriegen". Zu Recht habe das Bundesverfassungsgericht hohe Hürden für ein Parteiverbot aufgestellt, sagte auch er.
Union will sich mit SPD verständigen
Die Unionsfraktion will sich nun nach den Worten ihres designierten Vorsitzenden Jens Spahn (CDU) mit der SPD über einen gemeinsamen Kurs verständigen. Dabei geht es auch um die Frage, welche Funktionen und Posten AfD-Abgeordnete im Bundestag übernehmen. "Eine Empfehlung, AfD-Abgeordnete zu Ausschussvorsitzenden zu wählen, wird es von unserer Seite nicht geben", schrieb er auf der Plattform X.
Spahn hatte sich noch vor seiner Nominierung dafür ausgesprochen, mit der AfD im Parlamentsbetrieb so umzugehen wie mit anderen Oppositionsparteien auch. Dies löste eine Kontroverse aus. Er schrieb nun, Union und SPD würden sich im Umgang mit der AfD "eng abstimmen und in allen Fragen gemeinsam vorgehen".
Grüne und Linke machen Druck
Grünen-Chef Felix Banaszak rief die Union auf, sich gemeinsam auf ein AfD-Verbotsverfahren zu verständigen. "Ich lade CDU und CSU ausdrücklich und aufrichtig ein: Herr Merz, Herr Söder - lassen Sie uns gemeinsam darüber reden, lassen Sie uns aktiv werden. Nicht aus parteipolitischem Kalkül, sondern weil unsere Demokratie es wert ist. Bevor es zu spät ist", schrieb er auf X.
Die Linken-Innenpolitikerin Clara Bünger sprach sich ebenso für ein Verbotsverfahren aus. "Der Bundestag muss jetzt auch den Mut haben, ein entsprechendes Verfahren in Gang zu bringen", sagte sie dem Tagesspiegel.
Ebenso forderte der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, die Vorbereitung eines Verbotsverfahrens. Dieses ersetze allerdings nicht die tägliche politische Auseinandersetzung mit der AfD, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch ist es dennoch an der Zeit, ein Verbotsverfahren vorzubereiten, das erwarte ich von den Ländern und vom Bund."
Ein Verfahren zu einem Parteienverbot kann nur von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung initiiert werden. Die schlussendliche Prüfung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, liegt beim Bundesverfassungsgericht.
Ein erster Antrag für ein AfD-Verbotsverfahren hatte im aufgelösten Bundestag keine Mehrheit gefunden, auch weil viele Abgeordnete zuerst die Bewertung des Bundesamtes für Verfassungsschutz abwarten wollten.