Bundesregierung Wie geht es weiter im Haushaltsstreit der Ampel?
Seit einigen Monaten schwelt nun schon der Streit um den nächsten Bundeshaushalt. Einig ist man sich, den Haushaltsentwurf noch vor der Sommerpause im Kabinett verabschieden zu wollen.
Beginnen wir mit einem zuversichtlichen Bundesfinanzminister. Beim Tag der Industrie des BDI erklärte Christian Lindner am Montag: "Es wird gelingen, Anfang Juli einen Bundeshaushalt vorzulegen." Um sogleich hinzuzufügen, dass das kein Selbstläufer sei. Man könne sich in einer Koalition eben nicht nur intensiv über Heizungen austauschen, sondern auch über die Verteilung von Ressourcen, so der FDP-Vorsitzende.
Zumal hinter den nackten Zahlen politische Inhalte und Schwerpunktsetzungen stehen. Unterschiedliche Schwerpunktsetzungen, muss man anfügen - was sich bei Diskussionen rund um die Bundeswehr oder die Kindergrundsicherung zeigt.
Äußerst ungewöhnliches Haushaltsverfahren
Der Streit um die Inhalte hat zu einem ungewöhnlichen Haushaltsverfahren geführt: "Wir haben keine Eckwerte. Der Finanzminister musste den Kabinettstermin für den Juni verschieben. Der Kanzler hat sich eingeschaltet - das ist ein bemerkenswerter und einmaliger Vorgang, den es so noch nicht gab."
Diese Worte könnten aus dem Mund eines Oppositionspolitikers kommen, doch sie stammen vom Haushaltsexperten der Grünen, Sven-Christian Kindler. Kindler sagt, es liege an Finanzminister Lindner, einen für die Ampel einigungsfähigen Haushaltsentwurf vorzulegen. Indirekt heißt das: Lindner ist schuld, dass es mit dem Haushalt so lange dauert.
FDP zeigt mit dem Finger auf Habeck
Anders klingt das, wenn man einen FDP-Haushaltspolitiker wie Otto Fricke fragt. Ja, das Ganze wirke wie ein Gezerre. Das aber habe mit dem Brief von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck zu tun, der Mitte Februar - in Abstimmung mit den anderen Kabinettsmitgliedern der Grünen - die Basis von Lindners Haushaltsplanung in Frage gestellt hatte.
Das sei der Grund, "dass wir jetzt in einem anderen Verfahren sind", sagt Fricke. Das wiederum lässt sich nur so verstehen: Schuld daran sind vor allem die Grünen.
Opposition fordert zeitige Lösung
Nach Einschätzung des CDU-Haushälters Christian Haase ist all das ein Beweis dafür, dass sich die Ampel-Partner in zentralen Fragen wie dem Einhalten der Schuldenbremse und dem Verzicht auf Steuererhöhungen eben nicht einig seien: "Offensichtlich waren diese Grundsätze kein Konsens in der Bundesregierung."
Der Ampel-Streit sorge für große Verunsicherung, was dazu führe, dass Investitionen verschoben würden. Die Bundesregierung müsse das Haushaltsproblem nun endlich lösen, so Haase.
Scholz gibt Lindner Rückendeckung
Das soll nun durch direkte Verhandlungen des Finanzministers mit den einzelnen Ministerien gelingen. Ende Mai hat Finanzminister Lindner seinen Kabinettskollegen konkrete Sparvorgaben gemacht - mit Rückendeckung von Bundeskanzler Olaf Scholz, der offenbar zusammen mit Lindner Gespräche mit einigen widerspenstigen Ministern führt.
Die Rückendeckung für den Finanzminister zeigt sich auch in der grundsätzlichen Sicht des Kanzlers (und Amtsvorgängers von Lindner), der am Montag beim Tag der Industrie betonte, "dass wir nun Schritt für Schritt wieder zur fiskalpolitischen Normalität vor der Corona-Krise und vor der Energiekrise zurückkehren."
Was eben - im Vergleich zum aktuellen Haushalt - mit deutlichen Einsparungen verbunden ist. Von bis zu 20 Milliarden Euro sprach Finanzminister Lindner mehrfach - für zusätzliche Wünsche müsste es sogar noch weitere Einsparungen beziehungsweise Umschichtungen geben. Die Verteilungskämpfe innerhalb der Regierung werden dadurch stärker.
FDP: Das übermäßige Schulden-Machen muss ein Ende haben
Das sei im Grunde völlig normal, sagt Otto Fricke von der FDP. Schließlich sei es noch schwerer, Einsparungen auf die verschiedenen Ministerien zu verteilen als Haushaltsaufwüchse - wie in früheren Jahren. Und die Jahre, in denen man wegen Corona und des Ukraine-Konflikts zusätzliche Ausgaben vornehmen konnte, seien nun mal vorbei. Das übermäßige Schulden-Machen müsse jetzt ein Ende haben, so die Haltung der FDP.
Aus Sicht des Grünen-Haushaltspolitikers Kindler darf das aber nicht auf Kosten wichtiger Ampel-Projekte gehen. Für die Grünen ist dabei besonders die Kindergrundsicherung wichtig. Kindler nennt aber auch die Themen der internationalen Zusammenarbeit und der Demokratieförderung: "Da darf man nicht an der falschen Stelle sparen."
Genauso wichtig sei es, in der technischen Rezession, in der sich Deutschland ökonomisch befinde, keine "blinde Sparpolitik" zu betreiben. "Wir müssen stattdessen in die Zukunft investieren und die Transformation aktiv angehen", sagt Kindler.
Entwurf soll noch vor der Sommerpause durch das Kabinett
Das klingt danach, dass es noch einiger Gespräche bedarf, bis sich die Ampel-Partner auf einen Haushaltsentwurf geeinigt haben. In einem Punkt sind sich die Haushaltspolitiker im Parlament jedoch über Parteigrenzen hinweg einig: Der Entwurf für das Haushaltsgesetz 2024 müsse noch vor der Sommerpause vom Kabinett beschlossen werden. Schließlich soll ausreichend Zeit sein, im Herbst darüber im Bundestag zu beraten.