Neun-Punkte-Papier FDP macht Druck auf Grüne in der Migrationspolitik
Weniger Leistungen für Ausreisepflichtige, mehr sichere Herkunftsländer - die FDP will mit einem Neun-Punkte-Papier in der Migrationspolitik vor allem die Grünen unter Druck setzen. Die fordern mehr Sachlichkeit in der Debatte.
Der Vorstand der FDP-Fraktion im Bundestag hat einen Neun-Punkte-Plan für einen härteren Kurs in der Migrationspolitik beschlossen. Abgelehnte Asylbewerber, die Deutschland verlassen müssen, sollen demzufolge wesentlich weniger Unterstützung bekommen.
"Künftig sollten die Leistungen für alle ausreisepflichtigen Asylbewerber aufs Bett-Seife-Brot-Minimum gekürzt werden", zitierte die Zeitung FDP-Fraktionschef Christian Dürr. "Damit stellen wir sicher, dass es keinen Anreiz mehr gibt zu bleiben", sagte Dürr weiter. Alle anderen Sozialleistungen sollen bis auf ein Taschengeld gestrichen werden.
Forderungen aus Bundesländern aufgegriffen
Mit dem Neun-Punkte-Plan will die FDP dem Bericht zufolge besonders den Druck auf die Grünen in der Koalition erhöhen, indem sie die Vorschläge aus den schwarz-grün regierten Bundesländern zur Migrationspolitik aufgreift. Dazu gehört unter anderem die Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten.
"Auf Landesebene machen die ersten Grünen den Weg frei für zentrale Verschärfungen in der Asylpolitik, die die FDP seit langen fordert", fuhr Dürr fort. "Das ist die Chance für eine echte Migrationswende." Jetzt käme es auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Grünen im Bund an.
Banaszak wirbt für mehr Sachlichkeit
Hannovers grüner Oberbürgermeister Belit Onay warnte seine Partei in der Welt am Sonntag vor einem anbiedernden Kurs in der Klima- und Migrationspolitik. "Bündnisfähigkeit entsteht nicht dadurch, dass man alle Positionen räumt", sagte er der Zeitung. Attraktiv seien die Grünen, "wenn wir Machtoptionen haben. Und um Machtoptionen zu bekommen, brauchen wir Klarheit, ein breites Kreuz und die Bereitschaft, unsere Themen durchzuboxen", sagte Onay weiter. Er wird zum linken Parteiflügel gezählt.
Der Bewerber für den Grünen-Parteivorsitz, Felix Banaszak, mahnte jüngst zu mehr Sachlichkeit in der Migrationsdebatte. "Gerade nach dem islamistischen Terroranschlag von Solingen ist es wichtig, zu unterscheiden zwischen den Vielen, die hierhin gekommen sind, um ihr Glück zu suchen - und denen, die hier sind und das Glück anderer zerstören", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er habe Sorge, "dass die Debatte über Migration aus dem Ruder läuft".
Es sei "klar, dass wir für mehr Sicherheit sorgen und hart gegenüber islamistischen Gefährdern auftreten müssen", so der 34-Jährige. "Aber eine Politik, die diese Unterscheidung nicht mehr schafft und Menschen mit Migrationsgeschichte pauschal als Problem identifiziert, ist nicht meine."
Neue Grenzkontrollen zeigen wenig Wirkung
Banaszak äußerte sich auch skeptisch zu mehr Kontrollen an den deutschen Grenzen: "Bei den Grenzkontrollen sollten wir keine falschen Erwartungen wecken, dass ein abgeschottetes Land dauerhaft ein sicheres und lebenswertes ist." So werde dies auch bei den Polizeigewerkschaften gesehen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte Ende September erklärt, die neuen Grenzkontrollen hätten bisher kaum zur Begrenzung illegaler Migration beigetragen. An den Westgrenzen - wo seit Mitte September an den Übergängen zu Frankreich, Dänemark und den Benelux-Staaten kontrolliert wird - seien nur wenige unerlaubt Einreisende und Schleuser aufgegriffen worden. Die Kontrollstellen würden schlicht umfahren.
Zuletzt war zudem die Zahl der Asylsuchenden deutlich gesunken. Laut der EU-Asylagentur ging die Zahl der Anträge in Deutschland bis Ende September um 24 Prozent zurück im Vergleich zum selben Zeitraum 2023. Etwa 170.000 Menschen hätten einen entsprechenden Antrag gestellt. Der Großteil von ihnen kam aus Syrien und Afghanistan.