Steuerschätzung Bund muss mit deutlich geringeren Einnahmen rechnen
Bund, Länder und Kommunen müssen in den nächsten Jahren mit deutlich geringeren Steuereinnahmen rechnen als bislang angenommen. Im kommenden Jahr erwarten die Steuerschätzer knapp 22 Milliarden Euro weniger. Das hat auch Folgen für den Haushalt.
Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden dürften im kommenden Jahr um 21,9 Milliarden Euro niedriger ausfallen als bisher vorhergesagt. Das geht aus der Frühjahrsprognose des Arbeitskreises Steuerschätzung hervor, die das Bundesfinanzministerium bekannt gab. Alleine für den Bund fallen die Steuereinnahmen für 2025 um rund 11 Milliarden Euro niedriger aus. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass der Staat im Jahr 2025 insgesamt 995,2 Milliarden Euro einnimmt.
Mindereinnahmen gegenüber der Oktober-Schätzung sind dabei bei fast allen Gemeinschaftsteuern zu verzeichnen. Lediglich die erwarteten Einnahmen aus der Abgeltungsteuer - sie fällt auf Kapitalerträge, etwa Zinsen oder Dividenden aus Privatvermögen, an - wurden nach oben korrigiert.
Grund: Schlechte Konjunktur
Das Finanzministerium begründete die Differenz zum Ergebnis der vergangenen Steuerschätzung vor allem mit einer verschlechterten Einschätzung zur Konjunktur. Die wirtschaftliche Erholung habe sich gegenüber den damaligen Erwartungen verzögert. Deutschland steckt in einer Wachstumsschwäche. In diesem Jahr geht die Bundesregierung von einem Mini-Wachstum von 0,3 Prozent aus. Für 2025 erwartet sie ein Wachstum von 1,0 Prozent.
Auch in den weiteren Jahren des Schätzzeitraums bis 2028 sind deutliche Mindereinnahmen gegenüber der letzten Schätzung zu verzeichnen - insgesamt sind es 80,7 Milliarden Euro. Die Steuereinnahmen liegen laut Finanzministerium im Vergleich zur Erwartung aus dem Oktober 2023 durchschnittlich jährlich um rund 16 Milliarden Euro niedriger.
Schwierige Haushaltverhandlungen
Die Ergebnisse dürften damit noch mehr Druck in die ohnehin schon schwierigen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 bringen. Finanzminister Christian Lindner nannte die aktuelle Steuerschätzung einen "Realitätscheck" für den Bundeshaushalt 2025. Es gelte, sich von unrealistischen Wünschen zu verabschieden und die Konsolidierung des Haushalts voranzutreiben. "Was ich angesichts der exorbitanten politischen Wünsche fast mantraartig wiederhole, liegt jetzt schwarz auf weiß vor: Neue finanzielle Spielräume gibt es absehbar nicht", so Lindner.
Eine Lockerung der Schuldenbremse - etwa für Verteidigungsausgaben, wie Minister Boris Pistorius sie fordert - lehnt Lindner weiterhin strikt ab. "Auch die finanzielle Resilienz des Staates ist ein Faktor von Sicherheit", sagte der FDP-Politiker. "Wir können nicht über Jahrzehnte Schulden für die Bundeswehr machen, weil uns die Zinsen erdrücken würden."
Einsparungen forderte er bereits vorab bei den Sozialausgaben. "Wir haben einen Sozialstaat, der leider zu wenig Anreize gibt zu arbeiten und eher erleichtert, angebotene Arbeit abzulehnen", sagte er der Funke Mediengruppe. Konkret pochte Lindner auf strengere Regeln beim Bürgergeld.
Streit in der Koalition erwartet
Dem Arbeitskreis Steuerschätzungen gehören Experten von Bund und Ländern sowie weitere Sachverständige an. Die Daten sind ein wichtiger Baustein für den Bundeshaushalt 2025. Über diesen wird angesichts knapper Mittel seit Monaten heftig in der Koalition gestritten. Anfang Juli will die Regierung den Haushalt im Kabinett beschließen, nach der Sommerpause soll die Debatte im Bundestag folgen.
Mehrere Ressorts wehren sich gegen von Lindner geforderte Kürzungen, darunter das Entwicklungsministerium. Ressortchefin Svenja Schulze wies im Bericht aus Berlin darauf hin, dass im Entwicklungsetat bereits "sehr stark gekürzt worden" sei. Entwicklungszusammenarbeit sei aber auch aus sicherheitspolitischen Gründen wichtig. "Wir können uns aus dieser Verantwortung nicht zurückziehen, wenn uns die Sicherheit in Deutschland wichtig ist", betonte die Ministerin.
Mehrere Ministerien wollen mehr Geld
Einen höheren Etat im Vergleich zu den Vorgaben Lindners hatten neben Schulze und Pistorius auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) angemeldet. Bislang klafft in der Etatplanung für 2025 eine Lücke in zweistelliger Milliardenhöhe.
Dennoch plädierte Lindner in den Funke-Zeitungen auch für neue Steuersenkungen. "2021 haben wir mit dem Inflationsausgleichsgesetz dafür gesorgt, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler entlastet wurden", sagte er. "Bei der Lohn- und Einkommensteuer wird das 2025 und 2026 fortgesetzt werden."