Krieg gegen die Ukraine "Odessa verachtet euch"
Seit dem Auslaufen des Getreideabkommens hat Russland wiederholt die Hafenstadt Odessa angegriffen. Die Zerstörungen etwa in der Altstadt sind enorm. Der Bürgermeister hat eine klare Botschaft an die Russen.
Inmitten von Trümmern zerstörter Gebäude fegt eine Frau den Platz vor der Spaso Preobraschenski - auf Deutsch Verklärungskathedrale in Odessa. An den dicken Außenmauern lehnen gerettete, golden-bunte Ikonen und ein zerstörter Leuchter hängt verloren in dem hohen dunklen Raum, dessen Fenster zersprungen sind.
Seinen Feldzug gegen die Ukraine begann Russland 2014 im Donbass - doch erst seit der Großinvasion vor 17 Monaten werden die Menschen landesweit auch mit Drohnen und Raketen angegriffen.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
"Wir helfen allen Betroffenen", versuchte der Bürgermeister von Odessa, Hennadij Truchanow, die Bürgerinnen und Bürger in einem Video zu beruhigen. Anschließend richtete der Bügermeister Worte in die Richtung Russlands:
Und jetzt noch ein paar Worte auf Russisch, speziell für Russen. Wenn Sie wüssten, wie Odessa Sie hasst. Nicht nur hasst, sondern auch verachtet. Sie kämpfen gegen kleine Kinder, gegen orthodoxe Kirchen. Was soll ich sagen? Ihre Raketen fliegen sogar auf Friedhöfe. Während dieses Krieges werden Sie Raschisten, Orks, Abschaum genannt. Aber das ist immer noch viel zu nett.
Selenskyj spricht von Angriffen auf europäische Kultur
Seit Russland vor einer Woche aus dem Getreideexport-Abkommen ausgestiegen ist, hat Moskau die Region Odessa eine Woche hintereinander mit nächtlichen Angriffen überzogen. Drohnen und Raketen trafen vor allem Menschen, aber auch das Hafengelände, Getreidespeicher und fast 50 Gebäude der Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Präsident Wolodymyr Selenskyj merkte an, nach dem chinesischen sei nun auch das griechische Konsulat getroffen worden. "Wir dürfen nicht zulassen, dass sich die Menschen auf der ganzen Welt an terroristische Angriffe gewöhnen. Das Ziel all dieser Raketen sind nicht nur Städte, Dörfer oder Menschen, ihr Ziel ist die Menschheit und die Grundlagen unserer gesamten europäischen Kultur."
Das ukrainische Ministerium für Kultur und Informationspolitik stellte eine vorläufige Liste ins Netz - von Gebäuden, die durch die russischen Angriffe in zerstörerische Mitleidenschaft gezogen wurde. Darunter die bedeutende Verklärungskathedrale, das Haus der Wissenschaftler, die Tolstoi-Kunstgalerie oder das Gebäude, in dem der Schriftsteller Nikolai Gogol im Jahr 1848 lebte.
Zerstörungen an der Kathedrale in Odessa
"Krieg ist keine humane Angelegenheit"
Im Süden und im Osten der Ukraine versucht die ukrainische Armee unterdessen weiter, die russisch besetzten Gebiete zurückzuerobern. Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar sagte, in der vergangenen Woche seien ukrainische Truppen im Süden und rund um Bachmut immer weiter vorgerückt.
Im Gebiet Donezk trainieren Soldaten mit Gebirgshaubitzen aus Italien. Die Diskussion über die von vielen Ländern geächtete und von den USA gelieferte Streumunition ist auch bei ihnen angekommen. Einer der Soldaten erklärt: "Was heißt hier, human oder nicht human. Krieg ist allgemein keine humane Angelegenheit. Menschen werden im Krieg getötet, Menschen sterben im Krieg. Diese Streumunition gibt uns die zusätzliche Möglichkeit, den Mangel an Humanität schneller zu beenden."
Zu den Drohnen, die am frühen Montagmorgen nach russischen Angaben über Moskau abgeschossen wurden, sagte ein Sprecher des Militärgeheimdienstes im ukrainischen Fernsehen nur, dass dies zeige, dass Putin den Himmel über dem Kreml nicht mehr kontrolliere. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak erkärte, die Ukraine habe damit nichts zu tun.
Spuren der Angriffe lange sichtbar
Bis Katastrophenschutz und viele Menschen in Odessa die Trümmer der Angriffe beseitigt haben, wird es noch dauern. Auch kommende Nacht kann es wieder russische Angriffe geben - da macht sich auch Bürgermeister Hennadij Truchanow keine Illusionen.
Der von Odessa verachtete russische Nachbar Russland habe weder Werte, noch Moral und keine Zukunft mehr:
Sie kennen uns Menschen von Odessa nicht besonders gut. Ihr werdet uns nicht brechen, sondern nur noch mehr verärgern. Die Stärke unserer Verteidiger, multipliziert mit dem Schmerz und der Wut der einfachen Leute, wird euer Todesurteil sein.