Cécile Calla, Le Monde, Frankreich "Ein Misserfolg ist schwer zu finden"
Die EU-Ratspräsidentschaft der Deutschen ist für die Französin Cécile Calla eine Erfolgsgeschichte. Die Franzosen hätten die aber nicht besonders wahrgenommen, sagt sie. Das Geheimnis der Deutschen bei den EU-Verhandlungen war für Calla die „typische Diskretion“.
"Ein Misserfolg ist bei der deutschen EU-Ratspräsidentschaft schwer zu finden“, meint die französische Journalistin Cécile Calla. Die Korrespondentin berichtet in Berlin für die angesehene französische Zeitung „Le Monde“. Ein besonderer Erfolg waren für Calla die ehrgeizigen Beschlüsse beim Gipfeltreffen im März zum Klimawandel, die ihrer Ansicht nach durch den Druck der deutschen Präsidentschaft zustande gekommen sind.
Allzeit pragmatisch und diskret
Ein Grund für die gelungene deutsche Ratspräsidentschaft ist für Calla die besondere Herangehensweise von Bundesregierung und Kanzlerin Angela Merkel: „Wenn etwas typisch deutsch war, dann war es die pragmatische Annäherung an die Probleme. Man hat versucht, diplomatisch zu bleiben, obwohl einige Partner in der Sprache nicht diplomatisch geblieben sind – wenn man etwa an die letzten Äußerungen des polnischen Ministerpräsidenten denkt.“
Auch um Diskretion seien die Deutschen immer bemüht gewesen. „Es war sehr auffällig, dass alle Informationen immer vertraulich bleiben sollten“, sagt Calla. „Es gab unendliche Pressekonferenzen, aber man hat nichts erfahren, weil die Regierung gar nichts in die Öffentlichkeit bringen wollte.“ Auch deshalb sei es zu der zeitweise unerwarteten Einigung beim jüngsten Gipfel in Brüssel gekommen, ist Calla überzeugt. Zudem habe die Bundesregierung keine Seite bevorzugt. Der Gipfel sei hervorragend vorbereitet gewesen. Auch ein Scheitern in Brüssel wäre für Merkel kein persönlicher Misserfolg gewesen, betont Calla. Das hätte dann nicht an der Kanzlerin gelegen.
Europa: "Im Moment nicht die Hauptsorge" der Franzosen
Für die Franzosen war es nach Callas Beobachtung nicht besonders wichtig, dass die Deutschen die Ratspräsidentschaft inne hatten. Die Franzosen seien sehr viel mit Innenpolitik beschäftigt. „Europa ist im Moment nicht ihre Hauptsorge.“
Die deutsche Ratspräsidentschaft hätten die Franzosen erst bemerkt, als Sarkozy gewählt wurde. „Damit wurde Frankreich wieder ein handlungsfähiger Partner.“ Der neue Präsident sei ja auch noch am Tag seines Amtsantritts nach Berlin zu Merkel gereist, erinnert Calla.
Sie selbst findet es schade, dass der Grundlagenvertrag, der nun statt einer europäischen Verfassung kommen soll, keine europäischen Symbole vorsieht, auch wenn sie jeder Staat benutzen kann: „Ich fand es reizvoll, dass es für Europa solche Symbole gibt.“