Francisco Assunção, Nachrichtenagentur Lusa, Portugal "Merkel hat positiv überrascht"
„Viel erreicht im Vergleich mit den vorherigen Präsidentschaften“ hat Angela Merkel nach Ansicht des Portugiesen Francisco Assunção. Die Kanzlerin habe ihn positiv überrascht. Die Ergebnisse des Brüsseler Gipfels sind für ihn eine “gutes Mandat” für die jetzt kommende portugiesische Präsidentschaft.
Für Francisco Assunção hat die deutsche Ratspräsidentschaft eine ganze Reihe von Erfolgen gebracht. „Die deutsche Ratspräsidentschaft hat das Nahostquartett wieder ins Leben gerufen“, sagt Assunção, der für die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa aus Berlin berichtet. „Die Ergebnisse waren nicht glänzend, aber das war schon an sich eine gute Leistung.“ Beim Klimagipfel im März sieht er zwar auch eher bescheidene Ergebnisse, „aber bei 27 Ländern war das nicht leicht und ein Schritt nach vorne“.
Portugiesische EU-Präsidentschaft wird wohl problematisch
Schon bei den Feiern in Berlin zum 50. Jahrestag der römischen Verträge sah er den Verfassungsprozess wieder in Gang gebracht. Das nun beim EU-Gipfel in Brüssel „nach großem Kampf“ erzielte Ergebnis sei nicht die allerbeste Lösung, "aber das ist auf jeden Fall ein gutes Mandat für die jetzt folgende portugiesische Präsidentschaft", meint Assunção.
Für die erwartet er allerdings Probleme. Noch hätten nicht alle Staaten das Ergebnis von Brüssel akzeptiert. Er hofft aber, dass im Oktober der neue Grundlagenvertrag vereinbart wird – der in der Presse in seiner Heimat schon „Lissaboner Vertrag“ genannt wird.
"Sehr gut": Merkels Führungsstil
Das Scheitern des Kooperationsabkommens mit Russland war für Assunção “ein Tiefpunkt“ der deutschen Ratspräsidentschaft. Aber „etwas Gutes“ hätten die misslungenen Spitzengespräche gehabt: Immerhin habe Kanzlerin Merkel dem russischen Präsidenten Wladimir Putin angesichts der Polizeieinsätze bei Demonstrationen in Russland ins Gesicht gesagt, dass man so nicht mit Demonstranten umgehen könne.
„Sehr gut“ war für den Agenturjournalisten Merkels Führungsstil während der Ratspräsidentschaft. „Vor allem im Vergleich mit vorherigen Präsidentschaften hat sie viel erreicht. Sie kann verhandeln, ist hartnäckig und verfolgt ihre Ziele“, betont Assunção. „Vielleicht hat es mit ihrer Weiblichkeit zu tun. Unter Männern hat man wahrscheinlich mehr Respekt für eine Frau, die konsequent zur Sache geht und in die Bresche stößt. Andere hätten womöglich früher aufgegeben.“
Typisch deutsche Politik? Fehlanzeige
Bei den Portugiesen hatte Merkel nach der Beobachtung von Assunção schon vor der EU-Ratspräsidentschaft an Prestige gewonnen. Die portugiesische Presse sei ebenfalls voll des Lobes für Merkel. Es habe viele Skeptiker gegeben, aber „Merkel hat positiv überrascht“, sagt er, „auch mich. Ich hatte auf internationaler Ebene wenig von ihr erwartet.“ Nach dem Glanz der Ratspräsidentschaft sieht er innenpolitisch auf die Kanzlerin jetzt allerdings schwierige Zeiten zukommen.
Typisch „deutsche“ Politik hat Assunção bei der deutschen Ratspräsidentschaft nicht entdeckt. „Schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft hat man nach etwas gesucht, wo man ein bisschen meckern kann oder sich lustig machen. Das ist nie passiert."