Aktueller Report Landminen weiter von Myanmar, Russland und Ukraine eingesetzt
Die Opferzahl durch Landminen bleibt hoch: Laut der Organisation Handicap International gab es 2022 weltweit mehr als 4.700 Tote und Verletzte - meist Zivilisten. Die meisten Opfer gebe es in Syrien. Mehrere Länder setzen demnach auch aktuell noch Landminen ein.
Im Jahr 2022 sind mehr als 4.700 Menschen durch Minen und Blindgänger getötet oder schwer verletzt worden. Das berichtet die Organisation Handicap International (HI). 85 Prozent der Opfer waren Zivilisten, wie aus dem in München veröffentlichten Landminen-Report 2023 hervorgeht.
Die Hälfte (49 Prozent, insgesamt 1.171) der zivilen Opfer, bei denen das Alter erfasst wurde, waren Kinder. Syrien habe 2022 mit 834 gemeldeten Opfern das dritte Jahr in Folge die höchste Zahl an getöteten und verletzten Menschen verzeichnet, gefolgt von der Ukraine (mindestens 608 Opfer), dem Jemen (582) und Myanmar (545).
Vergangenes Jahr hatte der Landminen-Monitor 5.544 Opfer aufgeführt. Co-Autor Loren Persi hob jedoch hervor, dass bei Landminen und anderen absichtlich am Boden oder unterirdisch platzierten Sprengsätzen für sich genommen 2022 die Zahl der Opfer im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen sei.
Handicap International / Humanity & Inclusion (HI) ist nach eigenen Angaben eine gemeinnützige Organisation für Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit, die in rund 60 Ländern aktiv ist. Sie setzt sich für eine solidarische und inklusive Welt ein. Zu den Zielen der Organisation zählt maßgeblich eine Welt ohne Minen und Streubomben sowie der Schutz der Zivilbevölkerung im Krieg. HI ist Co-Preisträgerin des Friedensnobelpreises von 1997. Handicap International e.V. ist der deutsche Verein von HI.
Landminen auch lange nach Konflikten noch tödlich
Die hohe Zahl ist laut Mitteilung vor allem darauf zurückzuführen, dass weltweit bewaffnete Konflikte weiter zunehmen. Außerdem sei seit 2015 die Verseuchung durch improvisierte Minen angestiegen. "Die Zahl der Opfer, die als speziell durch Anti-Personen-Minen verursacht registriert wurden, hat um gut 50 Prozent zugenommen", sagte Co-Autorin Persi der Nachrichtenagentur AFP.
Die Streitkräfte Russlands und Myanmars hätten in großem Umfang Anti-Personen-Minen eingesetzt. Dies gelte zudem für nichtstaatliche bewaffnete Gruppen in mindestens fünf Ländern: Kolumbien, Indien, Myanmar, Thailand und Tunesien.
"Wir beobachten auch, dass Gebiete über längere Zeit kontaminiert bleiben. Das führt zu Opfern, lange nachdem der Konflikt beendet ist", erläuterte Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen Abteilung der Organisation in Deutschland.
Als Beispiel führte Fischer den Jemen an. Dort sei die Gewalt seit einem Waffenstillstand im Oktober 2021 deutlich zurückgegangen. Aber die Menschen würden weiter Opfer von Blindgängern. So seien 2022 in diesem Land fast 600 Menschen durch Minen, improvisierte Sprengsätze oder explosive Überreste getötet oder verletzt worden.
Länder setzen weiter Minen ein
Während des Berichtszeitraums, der teilweise bis Oktober 2023 reicht, seien neue Fälle von Landminen-Einsätzen durch Myanmar, Russland und auch die Ukraine gemeldet worden.
Den Angaben zufolge verwendeten die Streitkräfte Myanmars seit 2021 vermehrt Minen. Sie setzten diese in der Nähe kritischer Infrastruktur ein wie Mobilfunkmasten, Bergbauunternehmen und Energiepipelines. Die russischen Streitkräfte wiederum hätten seit Beginn der Invasion in der Ukraine am 24. März 2022 in großem Umfang Anti-Personen-Minen verwendet, Berichten zufolge mindestens 13 verschiedene Arten. Dabei seien in elf der 27 ukrainischen Regionen Landminen verlegt worden.
Aber auch die Ukraine setzte die Waffe nach diesen Angaben mindestens einmal ein - in der Stadt Isjum als diese 2022 unter russischer Kontrolle gewesen sei. Die ukrainischen Behörden untersuchen derzeit die Umstände, unter denen ihre Streitkräfte Anti-Personen-Minen in diesem Fall nutzten.
Insgesamt 85 Länder mit Minen verseucht
Im Jahr 2022 belief sich die weltweite Unterstützung für Räumung, Opferhilfe und Risikoaufklärung laut Bericht auf insgesamt 913,5 Millionen US-Dollar, was einem Anstieg von 52 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Trotzdem sei die Unterstützung, gerade für gering verseuchte Gebiete, unzureichend.
Der Landminen-Monitor wurde anlässlich der Jahreskonferenz der Vertragsstaaten des internationalen Abkommens gegen Anti-Personen-Minen veröffentlicht, die vom 20. bis zum 24. November unter Vorsitz des deutschen Diplomaten Thomas Göbel in Genf stattfindet. Das Abkommen mit mittlerweile 164 Vertragsstaaten war 1997 geschlossen worden. Es verbietet die Verwendung, Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Anti-Personen-Minen und verpflichtet dazu, Landminenopfer zu unterstützen sowie Minen zu räumen und noch vorhandene Bestände zu vernichten.
Handicap International fordert die Staatengemeinschaft im Rahmen der Konferenz auf, Konfliktparteien zu drängen, "den Einsatz dieser barbarischen Waffen einzustellen".