Papst in L'Aquila Besuch befeuert Rücktrittsgerüchte
Heute besucht Papst Franziskus L’Aquila. Er feiert mit Angehörigen der Erdbebenopfer von 2009 eine Messe. Aber sein Besuch könnte auch darüber hinaus eine Bedeutung haben: seinen nahenden Rücktritt.
Eigentlich wollte er gar nicht Papst werden. Wehrte sich gegen die Wahl mit Händen und Füßen. Doch die Kardinäle ließen sich nicht beirren und wählten den Einsiedlermönch Pietro da Morrone zum Papst Coelestin V. Das war Ende des 13. Jahrhunderts.
Und das Pontifikat des Papstes wider Willen stand unter keinem guten Stern, erklärt Vatikanexperte Ulrich Nersinger: Nach nur wenigen Monaten trat Coelestin zurück.
Man wisse, dass auf den Papst sehr starker Druck ausgeübt worden sei, sagt Nersinger. Letztendlich habe er sich zum Rücktritt entschlossen und sei auch mehr oder weniger gefangen gehalten worden: "Man hat ihn isoliert. Man wollte nicht, dass ein neuer Streit aufkommt."
Leitete Besuch Benedikts Abschied ein?
Die sterblichen Überreste dieses Papstes liegen in der Abruzzenstadt L'Aquila bestattet, in der prächtigen Kirche Santa Maria di Collemaggio. Papst Benedikt besuchte im Oktober 2009 die vom Erdbeben schwer zerstörte Basilika und legte am Grab seines Vorgängers sein Pallium ab: ein Schal aus feinster Wolle, den er bei seiner Amtseinführung erhalten hatte.
Eine symbolträchtige Geste, deren tieferer Sinn sich im Februar 2013 erschloss, als Benedikt XVI. als zweiter Papst nach Coelestin auf sein Amt verzichtete. "Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben", sagte er damals.
Papst hat gesundheitliche Probleme
Kein Wunder bei dieser Vorgeschichte: Der Besuch von Papst Franziskus in L’Aquila befeuert die Gerüchteküche. Der 85-Jährige ist wegen Knieschmerzen seit Monaten auf den Rollstuhl angewiesen, musste sich im vergangenen Jahr einer komplizierten Darm-OP unterziehen und immer wieder die Frage beantworten, ob denn auch er an Rücktritt denke. Zuletzt auf dem Rückflug von seiner Reise nach Kanada.
Die Tür ist offen, das ist eine normale Möglichkeit, aber bis heute habe ich nicht an diese Tür geklopft. Das heißt aber nicht, dass ich übermorgen nicht anfangen würde, darüber nachzudenken. Aber im Moment weiß ich es ehrlich gesagt nicht. Diese Reise war auch eine Art Test. Man kann in meinem Gesundheitszustand keine großen Reisen machen. Da müssen wir vielleicht den Stil ändern, reduzieren.
Kardinäle einbestellt
Papst Franziskus hat gestern in einem Konsistorium 20 neue Kardinäle ernannt, 16 davon sind unter 80 Jahre alt - also wahlberechtigt bei einem möglichen Konklave. Für Montag und Dienstag hat Franziskus alle Kardinäle der Weltkirche nach Rom bestellt. Auch das nährt Spekulationen über einen möglichen Rücktritt.
Eventuell dient die Zusammenkunft auch dem Zweck, neue Regeln zu definieren für den Fall, dass wieder ein Papst zurücktritt. Für den emeritierten Papst Benedikt gab es diese Regeln nicht, kritisiert Vatikan-Experte Nersinger.
Wenn man zurücktritt, muss man gewisse Dinge unbedingt beachten. Dass man nicht die gleiche Kleidung trägt, dass man nicht den Titel Papst oder Alt-Papst nimmt, dass man in einen Stand zurückgeht, der ganz deutlich macht: Hier haben wir keinen Papst mehr, nicht mal die Möglichkeit eines Papstes.
Es gibt keine offizielle Tagesordnung für das Treffen der Kardinäle Anfang der Woche. In jedem Fall können sie sich besser kennenlernen und abstimmen. Italienische Medien sprechen von einer "Generalprobe für das Konklave", also die Papstwahl.