Papst-Vertrauter aus Kanada Kardinal sexueller Übergriffe beschuldigt
Es ist der nächste Skandal für die katholische Kirche in Kanada: In einer Sammelklage werfen mehr als 100 Menschen Dutzenden Geistlichen sexuellen Missbrauch vor. Beschuldigt wird dabei auch ein enger Vertrauter des Papstes.
In Kanada ist Kardinal Marc Ouellet wegen des Vorwurfs sexueller Belästigung verklagt worden. Eine ehemalige Praktikantin wirft Ouellet übergriffige Berührungen vor, darunter wiederholte Küsse, "kräftige" Massagen und in einem Fall eine Berührung am Po. Die dem Geistlichen vorgeworfenen Taten sollen rund zwölf Jahre zurückliegen.
Zu diesem Zeitpunkt sei die Frau Mitte 20 und Praktikantin gewesen, der heute 78 Jahre alte Ouellet war der Erzbischof der Diözese Québec. Die Frau gibt an, sie habe sich von Ouellet damals "gejagt" gefühlt. Als sie das Problem seinerzeit ansprach, soll ihr gesagt worden sein, dass sie nicht die einzige Frau sei, die dieses Problem mit Ouellet habe.
Sammelklage gegen Dutzende Geistliche
Ouellet ist nicht der einzige katholische Würdenträger in Kanada, der sich nun Vorwürfen stellen muss. Der Fall der früheren Praktikantin ist Teil einer Sammelklage von mehr als 100 Personen, die über 80 Geistlichen sexuellen Missbrauch und Übergriffe vorwerfen. Viele der Kläger seien zum Zeitpunkt der Taten minderjährig gewesen. Die meisten der Fälle sollen in den fünfziger und sechziger Jahren geschehen sein.
Für die katholische Kirche könnte der Fall Ouellet deshalb heikel sein, weil der Kardinal mittlerweile zum engeren Kreis um Papst Franziskus gehört und als dessen Vertrauter gilt. Im Vatikan ist er Leiter des Dikasteriums, einer mächtigen Kirchenbehörde, die sich um die Ernennung von Bischöfen kümmert. 2013 galt Ouellet als möglicher Nachfolger des zurückgetretenen Papst Benedikt XVI., der ihn auch in den Vatikan geholt hatte.
Erst Ende Juli hatte Ouellet Papst Franziskus bei seiner Reise durch Kanada begleitet, die ganz im Zeichen der Versöhnungsbemühungen des Papstes für jahrzehntelangen Missbrauch in katholischen Internaten gestanden hatte.