Regierungsbildung in Österreich ÖVP von Kanzler Nehammer erhält den Auftrag
Eigentlich hatte die rechte FPÖ die Wahl in Österreich gewonnen. Doch keine der anderen Parteien will mit ihr koalieren. Deshalb bekommt nun die zweitplatzierte ÖVP unter Kanzler Nehammer den Auftrag zur Regierungsbildung.
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat dem bisherigen Kanzler Karl Nehammer von der konservativen ÖVP den Regierungsauftrag erteilt. Nehammer solle umgehend Koalitionsverhandlungen mit der sozialdemokratischen SPÖ aufnehmen, sagte das Staatsoberhaupt. Damit ist die rechtspopulistische FPÖ trotz ihres Sieges bei der Parlamentswahl vorerst aus dem Rennen für eine Regierungsbeteiligung.
In den Sondierungsgesprächen der vergangenen Tage habe sich bestätigt, dass niemand mit der FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl koalieren wolle, erklärte Van der Bellen. "Herbert Kickl findet keinen Koalitionspartner, der ihn zum Bundeskanzler macht." Die Entscheidung sei ungewöhnlich, räumte Van der Bellen ein, aber eine neue Situation brauche neue Lösungen.
Nehammer nahm in einer Erklärung den Auftrag zur Regierungsbildung an. Er kündigte an, dass zur Absicherung einer breiteren parlamentarischen Mehrheit noch eine dritte Partei Teil der Koalition sein sollte. Ob das - wie allgemein erwartet - die liberalen Neos werden oder die Grünen, ließ er offen.
Fast jeder Dritte wählte FPÖ
Kickl schrieb auf Facebook, der Schritt des Präsidenten würde für FPÖ-Wähler "wie ein Schlag ins Gesicht" wirken. "Aber ich verspreche Euch: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen", meinte er mit Blick auf die Verhandlungen von ÖVP und SPÖ, deren Erfolg noch nicht garantiert ist.
Die FPÖ hatte die Wahl zum Nationalrat Ende September mit 29 Prozent gewonnen. Die ÖVP erlitt starke Stimmenverluste und wurde mit 26 Prozent auf den zweiten Platz verdrängt. Die SPÖ rutschte auf ein historisches Tief von 21 Prozent, gefolgt von den Neos (neun Prozent) und den bislang mit der ÖVP regierenden Grünen (acht Prozent).
Parteien lehnen Koalition mit FPÖ ab
Die SPÖ, die Neos und die Grünen lehnen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ grundsätzlich ab, während die ÖVP eine Koalition nicht grundsätzlich, allerdings unter Führung von Kickl ausschließt. Um diese Pattsituation zu lösen, hatte Van der Bellen die Vorsitzenden der drei größten Parteien aufgefordert, mögliche Koalitionen untereinander auszuloten.
Nach den Gesprächen erklärten sowohl ÖVP als auch SPÖ, dass sie an ihrer ablehnenden Haltung gegenüber der FPÖ festhalten. Als Gründe nannten die Parteichefs laut Van der Bellen die Sorge um die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Auch hätten sie ihre Entscheidung mit der Moskau-freundlichen Haltung der FPÖ, deren fehlende Abgrenzung zu Rechtsextremen und die Bedenken ausländischer Geheimdienste begründet.
Traditionell erhielt bisher die stimmenstärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung. In der Verfassung festgeschrieben ist das aber nicht. Der Bundespräsident - der in Österreich mehr Befugnisse hat als etwa sein deutscher Amtskollege - ist bei der Ernennung des Bundeskanzlers und dem Auftrag zur Regierungsbildung völlig frei.