Nach Wahl in Österreich Tausende demonstrieren in Wien gegen FPÖ
Die rechtspopulistische FPÖ ist der Gewinner der Wahl in Österreich - und will regieren. In Wien haben dagegen Tausende Menschen protestiert. Für erste Sondierungsgespräche ist FPÖ-Chef Kickl heute bei Bundespräsident Van der Bellen.
Tausende Menschen haben in Wien gegen eine mögliche Regierungsbeteiligung der rechten FPÖ protestiert. Die Organisatoren der Versammlung sprachen von rund 25.000 Teilnehmern. Die Polizei äußerte sich nicht zu den Zahlen. Der Demonstrationszug durch die Innenstadt führte bis vor das Parlament.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer trugen Schilder mit Aufschriften wie "Keine Koalition mit Nazis". Auf einem Plakat war FPÖ-Chef Herbert Kickl als Marionette des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sehen - eine Anspielung auf die kremlfreundlichen Positionen des Politikers.
Kickl stellt Kanzleranspruch
Die FPÖ hatte am Sonntag die Parlamentswahl gewonnen. Fast alle anderen Parteien lehnen eine Koalition mit den Rechtspopulisten völlig ab. Die konservative ÖVP unter dem bisherigen Kanzler Karl Nehammer schließt eine Zusammenarbeit nicht aus.
Doch sie stellt die Bedingung, dass der für seine extreme Rhetorik bekannte FPÖ-Chef Kickl keine Regierungsverantwortung übernimmt. Dieser stellt jedoch den Kanzleranspruch.
Van der Bellen betont Grundwerte
Eine Schlüsselrolle bei der Suche nach einer neuen Regierung hat in Österreich der Bundespräsident. Alexander Van der Bellen hatte bereits angekündigt, mit allen Parteichefs sprechen zu wollen. Den Anfang macht Kickl. Der direkt gewählte Bundespräsident ist laut Verfassung jedoch nicht verpflichtet, dem Kandidaten der stärksten Fraktion den Auftrag zur Regierungsbildung zu geben.
Kickl gab sich im Vorfeld optimistisch. Ihm seien Demokratie und Menschen- sowie Grund- und Freiheitsrechte ebenso wichtig wie Van der Bellen, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP. Van der Bellen hatte nach der Wahl betont, "dass bei der Regierungsbildung die Grundpfeiler unserer liberalen Demokratie respektiert werden" müssten. Außerdem sei eine Parlamentsmehrheit von mindestens 50 Prozent vonnöten.
Auch ÖVP-SPÖ-Koalition möglich
Sollten ÖVP und FPÖ nicht doch noch zueinanderfinden, gilt eine Koalition zwischen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ als mögliche Alternative. Doch die zwei Mitte-Parteien besetzen gemeinsam künftig nur 92 der 183 Sitze im Nationalrat - eine äußerst knappe parlamentarische Mehrheit. Deshalb steht auch ein Bündnis aus ÖVP, SPÖ und liberalen Neos als Möglichkeit im Raum.
Das Innenministerium veröffentlichte Donnerstagnacht das Endergebnis der Wahl. Demnach gewann die FPÖ mit 28,8 Prozent der Stimmen (plus 12,7 Prozentpunkte), gefolgt von der ÖVP mit 26,3 Prozent (minus 11,2). Die SPÖ kam auf 21,1 Prozent (minus 0,04). Die Neos erhielten 9,1 Prozent der Stimmen (plus 1), und die bislang mit der ÖVP regierenden Grünen 8,2 Prozent (minus 5,7). Der Rest entfiel auf Kleinparteien, die den Einzug ins Parlament nicht schafften.