Naturschutz-Kampagne Boykottaufruf gegen spanische Erdbeeren
Spanische Erdbeeren sind beliebt - vor allem weil sie günstig sind. Doch der Preis für die Umwelt ist hoch. Eine Online-Kampagne ruft deutsche Supermärkte nun dazu auf, diese nicht mehr anzubieten.
Spanische Erdbeeren sind köstlich. Jedenfalls, wenn man sie in Spanien kauft. In Madrid haben sie nur 500 Kilometer auf dem Buckel, bis nach Frankfurt am Main schippern sie fast 2500 Autobahnkilometer - das muss man ja schmecken. Der Kohlenstoff-Fußabdruck ist bis dahin natürlich auch ein paar Nummern größer.
Aber in Deutschland werden die roten Beeren - botanisch sind sie tatsächlich sogenannte Sammelnussfrüchte - erst jetzt reif. Wer früher Erdbeeren naschen möchte, der kriegt sie dann vom weltgrößten Exporteur: Spanien. Jedes Jahr machen 85.000 Tonnen spanische Erdbeeren die weite Reise. Bald nicht mehr, wenn eine Online-Kampagne Erfolg hat.
Das Feuchtgebiet Doñana ist in weiten Teilen von Austrocknung bedroht. Nur Gräben und einige wenige der früher zahlreichen Lagunen führen derzeit noch etwas Wasser.
WWF: 2000 Hektar Plantagen ohne Genehmigung
In Spanien trockne das Weltnaturerbe Doñana aus, so die Kampagne. "Doch die Erdbeer-Industrie zapft noch mehr Wasser ab - aus illegalen Quellen im jahrhundertealten Nationalpark", heißt es.
Allerdings gibt es im Coto Doñana Nationalpark selbst gar keine Erdbeerfelder und auch keine illegalen Brunnen. Um den Parque Nacional herum gibt es aber ein Landschaftsschutzgebiet, den Parque Natural. Dort gibt es dann auch Erdbeerfelder, deren Wasserbedarf ein Problem für die Feuchtgebiete der Coto Doñana ist. Laut WWF sind rund 2000 Hektar "wilde" Plantagen ohne Genehmigung, das wäre ein Viertel der Anbaufläche. Nach Schätzungen gibt es bis zu 1000 illegale Brunnen, die die Grundwasserreserven strapazieren.
"Wir müssen die Kriminellen stoppen", sagt Felipe Fuentelsaz vom WWF, "denn auch die Landwirte, die sich an die Vorschriften halten, leiden unter denen, die illegal Wasser abzapfen".
Andalusien will Brunnen nachträglich genehmigen
Aber die Regionalregierung Andalusiens will Anbauflächen sogar ausweiten und eine ganze Reihe illegaler Brunnen nachträglich genehmigen. Die Zentralregierung hat keine Mittel, das zu verhindern. Dabei gibt es sogar ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das von Spanien verlangt, mehr zum Schutz des Nationalparks und der Wasserversorgung zu tun.
Als dieser Tage deutsche Abgeordnete aus dem Umweltausschuss sich im Rahmen eines Informationsaustausches auch über illegale Brunnen schlau machen wollten, gab es eine Welle in spanischen Medien. Online-Petition und Abgeordnetenreise - es gehe um eine Kampagne gegen die spanische Erdbeere, weil deutsche Früchte dreimal so teuer seien, so Wirtschaftsjournalistin Fatima Iglesias im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen. Und Teile der spanischen Regierung wollten die Vorwürfe gegen Andalusien wegen der illegalen Brunnen für den Wahlkampf ausschlachten, so die Journalistin.
Erdbeerproduzent: "Bewässerung absolut umweltgerecht"
Die deutschen Abgeordneten haben die Reise zur Coto Doñana am Ende kurzfristig abgesagt, wegen der Wahlkampfproblematik vor der Neuwahl. Warum denn, fragt José Luis García-Palacios vom Verband der Erdbeerproduzenten, sie hätten ihnen gerne alles gezeigt. "Wir gehen so effizient mit jedem Tropfen Wasser um, wie sonst kein anderer Erdbeerproduzent weltweit. Unsere Tröpfchenbewässerung ist absolut umweltgerecht."
Die Initiatoren des Internet-Boykottaufrufes glauben das nicht. Andalusien dürfe Europa nicht länger mit Billig-Beeren versorgen, ohne Rücksicht auf die Umwelt. Sie fordern einen Verkaufsstopp. Das lässt den spanischen Erdbeer-Funktionär allerdings erstmal kalt. In Spanien wird von Ende Dezember bis Mitte Juni produziert - die Saison ist also eigentlich zu Ende.