Donald Tusk gestikuliert während einer Rede.

Nawrocki-Sieg in Polen Tusk will Vertrauensfrage stellen

Stand: 02.06.2025 21:02 Uhr

Nach dem Sieg des Rechtskonservativen Nawrocki bei der Präsidentenwahl in Polen will Regierungschef Tusk im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Wackelt sein Drei-Parteien-Bündnis?

Nach der Niederlage des pro-europäischen Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl in Polen will Regierungschef Donald Tusk die Vertrauensfrage stellen. "Der erste Test (für meine Regierung) wird eine Vertrauensabstimmung sein, die ich demnächst im Unterhaus beantragen werde", sagte Tusk in einer Fernsehansprache. Er wolle die Regierungsarbeit fortsetzen und hoffe darauf, mit dem künftigen Präsidenten zusammenarbeiten zu können, fügte Tusk hinzu.

"In Übereinstimmung mit der Verfassung und unserem Gewissen werden wir mit dem neuen Präsidenten überall dort zusammenarbeiten, wo dies notwendig und möglich ist", sagte Tusk. Gleichzeitig betonte er: "Alle werden sehen, dass die Regierung nicht vorhat, sich auch nur einen Schritt zurückzuziehen."

Wackelt das Drei-Parteien-Bündnis?

Der knappe Sieg des Konservativen Karol Nawrocki hat Tusks Regierungsbündnis politisch geschwächt, und es stellt sich die Frage, ob seine Koalition bis zum Ende ihrer Amtszeit Ende 2027 überleben kann.

Tusk führt seit Ende 2023 ein Mitte-Links-Bündnis aus drei Parteien. Wichtigstes Projekt seiner Regierung ist es, die Beschädigungen des Rechtsstaats rückgängig zu machen, die die von 2015 bis 2023 amtierende PiS-Regierung mit ihrer Justizreform ausgelöst hat. Entsprechende Gesetzentwürfe hat der amtierende Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, bislang blockiert. Es wird erwartet, dass Nawrocki genauso verfährt und möglicherweise sogar mit größerer Härte vorgeht. Dies könnte die Koalition aufreiben und Fliehkräfte freisetzen.

Im Wahlkampf hatte sich Nawrocki mehrfach EU-kritisch geäußert. Sein Land werde sich nichts aus Brüssel vorschreiben lassen. Er inszenierte sich als Verteidiger traditioneller polnischer Werte und suchte die Nähe zu Konservativen in den USA, darunter Präsident Donald Trump. Als Präsident könnte Nawrocki Gesetzesvorgaben der EU-freundlichen Tusk-Regierung verhindern.

Präsident mit Veto-Macht

In Polen hat das Staatsoberhaupt mehr Befugnisse als der Bundespräsident in Deutschland. Er repräsentiert das Land nicht nur nach außen. Der Präsident hat auch Einfluss auf die Außenpolitik, er ernennt den Regierungschef sowie das Kabinett und ist im Kriegsfall Oberkommandierender der polnischen Streitkräfte.

Vor allem kann er mit seinem Vetorecht der Regierung das Leben schwer machen. Um das Veto des Präsidenten aufzuheben, braucht es im Parlament eine Mehrheit von 60 Prozent der Abgeordneten, über die das Mitte-Links-Bündnis von Tusk nicht verfügt.

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski sagte, das Ergebnis der Präsidentenwahl sei die "rote Karte" für Tusks Regierung. Diese solle abtreten.