Clint Eastwood

Wiener Zeitung Kurier in der Kritik Clint Eastwood und das vermeintliche Interview

Stand: 05.06.2025 19:32 Uhr

Ein Interview mit Clint Eastwood bringt die österreichische Zeitung Kurier in Erklärungsnot. Denn das Interview hat so nie stattgefunden. Es stammte aus alten Äußerungen der Hollywood-Legende. Das sei Usus, meint die Journalistin.

Fake News? Hat eine langjährige Hollywood-Korrespondentin mit "internationalem Standing", so der Chefredakteur der österreichischen Tageszeitung Kurier, ein Interview zum 95. Geburtstag mit dem Hollywood-Haudegen Clint Eastwood gefälscht? Oder war alles korrekt, weil doch alle wussten, dass das Interview nur ein "Best Of" von Eastwood-Sprüchen aus insgesamt 14 Gesprächen, die die Journalistin Elisabeth Sereda mit Eastwood geführt oder mit-geführt hat? Man merkt schon an der Wortwahl: Die Sache ist kompliziert.

Zitat-Collagen seien "ganz normal", so verteidigt sich die Hollywood-Korrespondentin Sereda. "Das Interview war weder frei erfunden noch gefälscht", so hieß es beim Kurier, nachdem man sich schon mal sehr aufgeschreckt sehr schnell von der Autorin getrennt hatte.

Eastwood meldet sich zu Wort - Alarmstimmung beim Kurier

Wie kam's? Irgendjemand muss Clint Eastwood erzählt haben, die in Hollywood völlig unbekannte Zeitung Kurier hätte ein "Exklusiv-Interview" mit Clint Eastwood gehabt, zum 95. Das Problem: Eastwood, der Wert darauf legt, noch ziemlich fit zu sein, konnte sich an nichts erinnern, kennt den Kurier nicht, hat auch in den letzten Wochen keine Interviews gegeben. Er meldete sich also empört zu Wort - so laut, dass sie es auch in Österreich gehört und sich empört haben. Die üblichen Verdächtigen aus der Populisten-Ecke am lautesten.

In Zeiten, wo sogar der seriöse Kurier um Glaubwürdigkeit kämpfen muss, löst das Alarmstimmung aus. Allen voran beim Chefredakteur des Kurier, Martin Gebhart, der sich, das ist der Kurier-Markenkern, sonst vor allem um Politik und aktuelle Berichterstattung kümmert. In einem offenbar ersten persönlichen Telefongespräch mit Sereda, erzählt die Autorin im ORF-Frühstücksfernsehen, habe der Chefredakteur gesagt, dass "er das nicht auch noch brauchen kann." Die Nummer mit Eastwood.

Wie in Hollywood gearbeitet wird

So sieht das offenbar auch die Autorin selbst, Elisabeth Sereda, erfahrene Hollywood-Reporterin mit Bauchladen. So heißt das, wenn freie Journalistinnen für mehrere Medien arbeiten. Sereda zum Beispiel auch für den öffentlich-rechtlichen ORF und - eben - seit Jahren für den "Kurier". Zu Clint Eastwoods Aussage, er habe dem Kurier nie ein Interview gegeben, sagt sie im ORF in einer Video-Schalte entwaffnend lächelnd: "Das stimmt!!" Um dann zu erklären, wie sie so arbeiten in Hollywood.

Sereda ist Mitglied der ehrwürdigen Hollywood Foreign Press Association, das ist der Verein der Auslandspresse dort - und natürlich schicken die Produzenten ihre Stars da hin, wenn ihre Filme vor dem Kinostart in Europa stehen. 14 Mal insgesamt habe sie Eastwood schon getroffen, gesprochen, "interviewt".

Aber eben anders, als sich nicht nur der Kurier Interviews vorstellt. Keine Extra-Zeit für ein intensives und dann auch exklusives Frage-Antwort-Spiel, sondern: Round-Table-Runden, die alle, die auserwählt sind dabei sein zu dürfen, dann beliebig verwerten dürfen. "Wort-Spenden" also, so sagen sie in Österreich, die sich über die Jahre ansammeln und aus denen sich sehr schöne und aussagestarke "Best-Of"-Collagen“ machen lassen.

Aber weder sie noch der Kurier hätten jemals dieses Interview als exklusiv oder neues Interview verkauft, gibt Sereda noch zu Protokoll, im ORF, das ist ihr wichtig. Auch sie hat einen Ruf zu verlieren. Ob das Ganze vom Ethik-Kodex der österreichischen Presse gedeckt ist, wird jetzt vom österreichischen Presserat untersucht. Einen derartigen Fall hätte man noch nicht gehabt, sagt Presserat-Geschäftsführer Alexander Warzilek. Aber vor der Sommerpause wird es dazu keine abschließende Meinung geben.

Kurier beendet Zusammenarbeit mit Journalistin

So lange kann Kurier-Chefredakteur Martin Gebhart aber nicht warten. Seine letzte Ansage: "In diesem Fall wurde seitens der Autorin die falsche Form der Mediengattung, ein Interview anstelle eines Porträts, gewählt." Da Sereda seit mehr als zehn Jahren als Korrespondentin für den Kurier tätig ist - man muss inzwischen aktualisieren: war - habe die Redaktion keinen Grund gesehen, ihre Arbeitsweise zu hinterfragen. Jetzt aber schon. Deshalb: Ende der Zusammenarbeit.

Der Stand bleibt: "He said, she said" - aber der Kurier lässt wissen, im Zweifel gegen den Zweifel: "Das Vertrauen unserer Leserinnen und Leser steht für uns an oberster Stelle."