Schwer verletzter Soldat Ukraine nimmt offenbar Nordkoreaner gefangen
Wie viele nordkoreanische Soldaten an der Seite Russlands gegen die Ukraine kämpfen, ist unklar. Erstmals soll jetzt ein Nordkoreaner gefangen genommen worden sein. Unterdessen setzt Moskau seine Angriffe fort.
Ein Foto kursiert in den sozialen Netzwerken. Darauf zu sehen ist ein offenbar stark verwundeter und erschöpfter Soldat. Es soll sich um den ersten Nordkoreaner handeln, der in ukrainische Kriegsgefangenschaft geraten ist.
Wenig später berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap, der südkoreanische Geheimdienst habe die Gefangennahme eines nordkoreanischen Soldaten bestätigt. Bevor er in Kriegsgefangenschaft geriet, sei er schwer verletzt worden.
Ukrainische Behörden haben das bislang nicht bestätigt. Der zuständige Koordinierungsstab für Kriegsgefangene wollte eine ARD-Anfrage dazu nicht kommentieren. Der deutsche Sicherheitsexperte Nico Lange hält die Berichte für glaubwürdig: "Bisher waren die Meldungen, die vom südkoreanischen Nachrichtendienst kamen, immer sehr präzise in Bezug auf die Nordkoreaner." Die Südkoreaner hätten gute Quellen und wüssten über die Nordkoreaner immer genau Bescheid, sagte Lange.
"Die werden behandelt wie Menschenmaterial"
Kurz darauf meldete die südkoreanische Nachrichtenagentur: Der nordkoreanische Kriegsgefangene sei einen Tag nach seiner Gefangennahme an seinen Verletzungen gestorben. Der Mann wurde den Berichten zufolge im russischen Gebiet Kursk eingesetzt. Das ist jene Region im Süden Russlands, in der die Ukraine Teile erobert hat.
Seit Wochen sollen dort nordkoreanische Militärangehörige Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen. Von mehr als 10.000 Soldaten ist die Rede. Sicherheitsexperte Lange glaubt, die Nordkoreaner seien schlecht auf ihren Einsatz vorbereitet gewesen: "Die werden da behandelt wie Menschenmaterial, und die Russen nutzen das einfach, um sie in Minenfelder zu schicken, in Drohnenfeuer zu schicken und all diese Dinge zu tun." Im Grunde hätten die Nordkoreaner eine ähnliche Rolle wie zuvor die entlassenen Verbrecher aus den russischen Gefängnissen.
Es mehren sich die Berichte über hohe Verluste unter den nordkoreanischen Soldaten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach davon, dass schon mehr als 3.000 von ihnen verwundet oder getötet worden seien. Eine Zahl, die nicht unabhängig überprüft werden kann.
Weiter schwere Angriffe im Gebiet Donezk
Unterdessen steht die ukrainische Armee an der Front weiterhin besonders im östlichen Gebiet Donezk unter Druck. Der ukrainische Generalstab spricht von taktischen Erfolgen der russischen Armee in der Nähe der Stadt Pokrowsk. In diesen Regionen sind die verbliebenen Einwohner beinahe täglich schweren Angriffen ausgesetzt.
Das trifft auch auf die Stadt Lyman zu. Vor der russischen Großinvasion lebten hier mehr als 22.000 Menschen, jetzt sind es noch etwa 4.000. Eine von ihnen ist Olena. Wasser muss sie sich aus einem Brunnen besorgen, weil die Trinkwasserversorgung nicht mehr funktioniert.
Die Heizung in ihrer Wohnung funktioniere schon seit drei Jahren nicht mehr, erzählt sie: "Unser Gold sind momentan Brennholz und Strom. Wie sollen wir nur den Winter überleben? Jetzt sind noch Plusgrade, aber bald werden wir bis zu minus 20 Grad haben." Verlassen will sie Lyman nicht, erzählt Olena. Sie müsse für ihre 83-jährige Mutter sorgen.
In der ostukrainischen Stadt Lyman sind von 22.000 Einwohnern gerade einmal 4.000 geblieben.
Auch Nina ist in Lyman geblieben. In einer dicken Winterjacke steht die 77-Jährige in ihrer Wohnung, blättert durch alte Alben und schaut Weihnachtsfotos von ihren Enkeln an. Eine glückliche Zeit vor der russischen Großinvasion sei das gewesen, erzählt sie: "Mein Traum ist, dass der Krieg zu Ende geht. Dass meine Kinder zurückkommen und dass wir Frieden haben. Mehr brauche ich nicht."