Opposition zur Georgien-Wahl "Wir erkennen die gefälschten Ergebnisse nicht an"
Nach der Wahl in Georgien erhebt die pro-europäische Opposition schwere Vorwürfe: Die vorläufigen Ergebnisse seien gefälscht, man erkenne sie nicht an. Die Wahlleitung sieht die pro-russische Regierungspartei vorne.
Die pro-europäische Opposition in Georgien hat die vorläufigen Ergebnisse der Parlamentswahl als gefälscht zurückgewiesen. "Wir erkennen die gefälschten Ergebnisse nicht an", sagte die Chefin der größten Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung, Tinatin Bokutschawa. In den nächsten Stunden werde ein Aktionsplan der Regierungsgegner abgestimmt.
Die Wahlleitung habe den schmutzigen Befehl des Milliardärs Bidsina Iwanischwili ausgeführt, sagte Bokuschawa. Iwanischwili ist Gründer und Ehrenvorsitzender der pro-russischen Regierungspartei Georgischer Traum.
Die Wahlkommission sprach der Regierungspartei nach Auszählung der meisten Stimmen die absolute Mehrheit zu. Der 68-jährige Iwanischwili hatte schon kurz nach Schließung der Wahllokale den Sieg gefeiert.
"Dies ist ein verfassungsrechtlicher Staatsstreich"
Auch das pro-europäische Oppositionsbündnis Koalition für den Wandel erklärte, die Ergebnisse nicht anzuerkennen. "Die Wahlen sind der Opposition gestohlen worden. Dies ist ein verfassungsrechtlicher Staatsstreich und ein Missbrauch der Macht", sagte der Politiker Nika Gwaramia bei einer Pressekonferenz. Die Wahlen seien gefälscht worden nach einem komplizierten technologischen Schema. Details nannte er nicht.
Die Opposition in Georgien ist zerstritten. Einige Parteien hatten sich zu Wahlbündnissen zusammengeschlossen. Insgesamt waren rund 3,5 Millionen Menschen in dem Land zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag nach vorläufigen Angaben bei rund 59 Prozent - drei Prozentpunkte höher als im Jahr 2020. Georgien ist EU-Beitrittskandidat, der Prozess liegt aber wegen umstrittener Gesetze auf Eis.
Orban gratuliert pro-russischer Regierungspartei
Gratulationen erhielt die Regierungspartei Georgischer Traum vom ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Die Partei von Regierungschef Irakli Kobachidse habe einen überwältigenden Sieg hingelegt, schrieb Orban noch während der Auszählung der Stimmen im Kurznachrichtendienst X. "Die Menschen in Georgien wissen, was das Beste für ihr Land ist, und sie haben sich heute Gehör verschafft!"
Die seit zwölf Jahren regierende Partei Georgischer Traum will die Beziehungen zu Russland ausbauen, während die Opposition den Anschluss an die Europäische Union sucht. Bei der Parlamentswahl stehen auch demokratische Prinzipien auf dem Spiel. Iwanischwili hatte angekündigt, im Falle eines Wahlsieges seiner Partei werde sie Oppositionsparteien verbieten.
Präsidentin berichtet von Gewalt in Wahllokalen
Am Wahltag war es nach Angaben der pro-europäischen Präsidentin Salome Surabischwili zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. "Ich möchte auf die zutiefst beunruhigenden Vorfälle von Gewalt in verschiedenen Wahllokalen hinweisen", sagte sie. Auf Videos in Online-Netzwerken waren Konfrontationen in mehreren Wahllokalen zu sehen.
Nach Angaben der zentralen Wahlkommission kam es in der Kleinstadt Marneuli im Südosten des Landes zu einem Manipulationsversuch. Dort habe ein Mann in einem Wahllokal mehrere Stimmzettel eingeworfen, die Abstimmung sei daraufhin unterbrochen worden. Die Ergebnisse in dem Wahllokal würden nicht gezählt, hieß es. Opposition und Regierung gaben sich gegenseitig die Schuld für den Vorfall.
"Sie schikanieren Wähler und schlagen Beobachter"
Im Internet wurden auch aus anderen georgischen Orten Zwischenfälle bei der Wahl gemeldet. Die Vereinigung junger Anwälte sprach von "erheblichen Wahlverstößen". Die Oppositionsparteien teilten im Internet Aufnahmen von offenbar verstopften Wahlurnen im südöstlichen Dorf Sadachlo.
"Sie verstopfen Wahlurnen, schikanieren Wähler und schlagen Beobachter", sagte Oppositionspolitikerin Bokutschawa. Mit Blick auf den mächtigen Milliardär Iwanischwili erklärte sie: "Bidzina Iwanischwilis Schlägertrupps versuchen verzweifelt, sich an die Macht zu klammern, und sind zu allem bereit, um den Wahlprozess zu untergraben."