Erklärung des Rates EU legt Georgiens Beitrittsprozess vorerst auf Eis
Erst im Dezember wurde Georgien als EU-Beitrittskandidat anerkannt. Jetzt will die EU den Prozess bis auf Weiteres anhalten. Grund ist die aktuelle Politik der Regierung: Besonders ein neu verabschiedetes Gesetz gefährde den Beitritt.
Die Europäische Union will den Beitrittsprozess von Georgien vorerst nicht fortsetzen. Grund ist der aktuelle Kurs der politischen Führung in Tiflis, wie aus einer Erklärung der Staats- und Regierungschefs vom Gipfeltreffen in Brüssel hervorgeht.
In dem Text heißt es, der Europäische Rat äußere seine ernsthafte Besorgnis über die jüngsten Entwicklungen in Georgien. Besonders mit ihrem Gesetz gegen "ausländische Einflussnahme" gefährde die Regierung in Tiflis "Georgiens Weg in die EU und bringt die Beitrittsverhandlungen de facto zum Stillstand".
Georgien verschärfte Kontrolle von NGOs
Georgien hatte erst im Dezember den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten, nachdem es kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Aufnahme in die EU beantragt hatte. Seitdem hat die Regierung eine Reihe von Gesetzen auf den Weg gebracht, die als nicht mit europäischen Werten vereinbar gelten.
Unter anderem das Gesetz zur "ausländische Einflussnahme", das trotz Massenprotesten verabschiedet wurde. Die Regierungspartei Georgischer Traum, die im Parlament die Mehrheit hält, verschärft damit konkret die Rechenschaftspflicht von Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent ihres Geldes aus dem Ausland erhalten. Sie begründet dies mit höherer Transparenz. Ein ähnliches Gesetz in Russland stempelt diese vom Ausland unterstützten Organisationen als "ausländische Agenten" ab.
EU fordert Ende von Einschüchterungen
Das Vorgehen der georgischen Regierung sei ein "Rückschritt" mit Blick auf die Vorgaben der EU-Kommission im Beitrittsprozess, erklärten die 27 Staats- und Regierungschefs. Zum Vorgehen von Behörden gegen Kritiker schreiben sie, man fordere ein Ende der zunehmenden Einschüchterungen, Drohungen und körperlichen Angriffe gegen Vertreter der Zivilgesellschaft, politische Führungspersönlichkeiten und zivile Aktivisten und Journalisten. Auch forderte der EU-Rat die georgischen Behörden auf, sich klar pro-europäisch zu positionieren.
Die Gipfelerklärung wurde einstimmig verabschiedet. Bei der Bewertung der Lage in Georgien gehen die Meinungen allerdings auseinander. "Die georgische Regierung macht ihre Sache gut. Die Wirtschaft verbessert sich", sagte der Regierungschef Ungarns, Viktor Orban, vor dem Gipfel. "Ich denke also, sie sind auf dem richtigen Weg."