Nach Wahl in Georgien EU nach Betrugsvorwürfen zurückhaltend
Nach der Parlamentswahl spricht Georgiens Präsidentin von Wahlbetrug und wartet auf Hilfe der EU. Die hält sich jedoch zurück und wartet auf die Berichte der Wahlbeobachter. Es bleibt die Frage: Was wird aus dem EU-Beitritt?
Erst abwarten, dann entscheiden, so könnte man die Haltung der EU zu Georgien zusammenfassen. "Wir warten gespannt auf die endgültigen Berichte der OSCE-Wahlbeobachter und ihre Empfehlungen", so die Kommissionssprecherin Nabila Massrali in Brüssel.
Nun wird der endgültige Bericht wahrscheinlich nicht gravierend vom vorläufigen abweichen - und dieser benennt schon ziemlich konkrete Unregelmäßigkeiten bei der Wahl vom Wochenende: Die internationalen Wahlbeobachter stellen "manipulierte Stimmzettel, Einschüchterung und Bestechung von Wählern" fest.
Die EU ergänzt, dass es vor der Wahl ein bisher nicht gekanntes Ausmaß an Desinformation gab und harsche anti-europäische Nachrichten. Diese seien ganz klar auf russische Propaganda zurückzuführen, so die EU-Sprecherin. Doch deshalb von Wahlbetrug zu sprechen oder gar die Wahl für ungültig zu erklären, wie die georgische Präsidentin Salome Surabischwili, so weit geht die EU nicht.
Kritik an verhaltener Reaktion der EU
Surabischwili ist ein gern gesehener Gast in Brüssel. Erst im Oktober traf sie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel, die beide die Wahl als "entscheidenden Moment für die Beziehungen zwischen Georgien und der EU" bezeichneten.
Einigen Außenpolitikern geht die Reaktion der EU auf das Wahlergebnis deshalb nicht weit genug. Michael Roth, der außenpolitische Sprecher der SPD im Bundestag, nannte im Deutschlandfunk die Haltung der EU enttäuschend: "Es war allein die Regierungspartei, die diese Wahlen gefälscht hat". Roth erinnerte noch einmal daran, dass Georgien ja bereits einen Beitritts-Kandidatenstatuts für die EU hatte und als Stabilitätsanker in der Region galt.
Kommt Georgiens EU-Beitritt noch?
Georgiens Premierminister Mamuka Bachtadse hat nach der Wahl zwar den Beitritt zur EU als wichtigste außenpolitische Priorität genannt, doch von Brüssel hat sich das Land in den letzten Monaten weiter entfernt: Ende Juni legte die EU die Beitrittsverhandlungen mit Georgien auf Eis. Gerade einmal sechs Monate durfte sich das Land mit dem Titel "Beitrittskandidat" schmücken, dann schob die EU schon wieder einen Riegel vor die Beitrittstür.
Der Grund war damals ein umstrittenes Gesetz, das Nicht-Regierungsorganisationen und Medien strenger kontrollieren soll. Monatelang hatten die Menschen dagegen in Georgien protestiert - vergebens.
EU berät über weiteres Vorgehen
Doch abgesehen von den Beitrittsverhandlungen unterstützt die EU Georgien auch finanziell in erheblichem Maße. Allein in den letzten Jahren hat die EU 340 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um die Wirtschaft, das Rechtssystem oder Umweltprojekte in Georgien zu unterstützen.
Ob dieses Geld weiter gezahlt wird und wie es jetzt mit den Beziehungen zur EU weitergeht, darüber sollen die Staats- und Regierungschefs auf ihrem nächsten Gipfeltreffen beraten. Das wird nächste Woche in Budapest sein, unter dem Vorsitz des amtierenden Ratspräsidenten Viktor Orban.
Der ungarische Regierungschef ist gleich als erster nach Georgien gereist, um zu gratulieren. Dabei hat er aber nicht für die EU gesprochen, in diesem Punkt war die Sprecherin der Kommission sehr deutlich.