Treffen der Außenminister EU verhängt neue Sanktionen gegen den Iran
Die EU sieht es als erwiesen an, dass der Iran Raketen an Russland geliefert hat. Jetzt macht sie mit einer Drohung ernst und verhängt neue Sanktionen. Die Strafmaßnahmen treffen auch mehrere Airlines sowie Chemieunternehmen.
Die Außenminister der EU-Staaten haben bei einem Treffen in Luxemburg neue Sanktionen gegen den Iran beschlossen. Die EU und ihre Partner werfen Teheran vor, ballistische Raketen an Russland geliefert zu haben. Dieser Schritt wird wegen des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine als ein Tabubruch gesehen.
Die Strafmaßnahmen treffen insbesondere die staatliche iranische Fluggesellschaft Iran Air. Sie kann künftig keine Tickets mehr in der EU verkaufen. Die staatliche Fluggesellschaft bot zuletzt noch mehrere Direktflüge von Europa in den Iran an, zum Beispiel von Frankfurt, Hamburg, Köln/Bonn und Wien. Damit war sie eine der wenigen Airlines mit Nonstop-Verbindungen in den Iran.
Neben Iran Air sind auch Mahan Air und Saha Airlines von den Sanktionen betroffen. Beide Unternehmen boten zuletzt allerdings keine Linienflüge mehr aus EU-Staaten in den Iran an. Allen drei Gesellschaften wird vorgeworfen, in Programme zur Lieferung von Waffen und Technologie an Russland eingebunden zu sein. Mahan Air wird eine enge Verbindung zu den Revolutionsgarden, der Eliteeinheit Irans, nachgesagt.
Ganz abgeschnitten wird der Iran durch die Sanktionen allerdings nicht von der EU. Viele Geschäftsreisende und Iraner, die von Europa aus in ihre Heimat fliegen, nutzen schon heute Umsteigeverbindungen über Istanbul oder Dubai.
Waffenproduzenten betroffen
Von den Sanktionen sind zudem unter anderem ein Forschungszentrum, ein Hersteller von Aluminiumoxid für die Festtreibstoffe sowie Beschaffungsunternehmen betroffen. Zu den gelisteten Personen gehören etwa Vertreter der Luft- und Raumfahrtindustrien, Militärs und ein stellvertretender Verteidigungsminister des Iran.
Die Strafmaßnahmen sollten Unternehmen, Einrichtungen und Personen treffen, die an der Produktion und Lieferung von Waffen beteiligt sind, sagten EU-Diplomaten nach dem entsprechenden Beschluss der Außenminister in Luxemburg.
Keine Geschäfte, keine Einreise
Mit den von den neuen EU-Sanktionen betroffenen Unternehmen und Personen dürfen künftig keine Geschäfte mehr gemacht werden. Zudem werden in der EU vorhandene Vermögenswerte eingefroren und betroffene Personen dürften nicht mehr in die EU einreisen.
Wegen der Lieferung von sogenannten Kamikaze-Drohnen an Russland hatte die EU bereits vor einigen Monaten Sanktionen gegen den Iran verhängt. Nach Geheimdiensterkenntnissen wurde zudem auch Artilleriemunition an Russland geliefert.
Iran bestreitet Raketenlieferung
Der Iran bestritt die Lieferung von ballistischen Raketen an Russland. "Ich habe das mehrmals gesagt und sage es noch mal: Der Iran liefert keine ballistischen Raketen an Russland", sagte Außenminister Abbas Araghtschi vor dem Sanktionsbeschluss. Die geplanten EU-Sanktionen seien daher abwegig und lediglich ein Vorwand, um mehr Druck auf den Iran auszuüben.
Die deutsche Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) sagte in Luxemburg zu dem Thema: "Es gibt ganz klare Belege darüber, dass der Iran ballistische Raketen geliefert hat." Das sei ganz klar nicht mit der Pflicht zum Frieden zu vereinbaren. Man setze sich dafür ein, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer das Recht haben, selber über ihre Zukunft zu entscheiden. Deshalb dürfe Russland nicht militärisch unterstützt werden. Lührmann vertritt in Luxemburg Außenministerin Annalena Baerbock, die ihre Teilnahme wegen eines anderen Termins kurzfristig absagte.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Sanktionsentscheidung gegen den Iran. Zugleich forderte sie: "Es braucht noch mehr."
Videokonferenz mit ukrainischem Außenminister
Bei den Beratungen in Luxemburg soll es auch um die Entwicklungen im Nahen Osten sowie in der Ukraine gehen. Dazu ist per Videokonferenz ein informeller Austausch mit dem neuen ukrainischen Außenminister Andrij Sybiha geplant.
Als Gast nimmt der britische Außenminister David Lammy in Luxemburg teil. Es ist das erste Mal seit dem Brexit, dass ein britischer Außenminister zu einem Rat für Auswärtige Angelegenheiten der EU gekommen ist. Lammy sagte, die Sicherheit des Vereinigten Königreichs und Europas sei untrennbar. Es sei wichtig, dass man bei den Aggressionen Russlands in der Ukraine und den Konflikten im Nahen Osten standhaft und klar bleibe.
EU-Kredite für Ukraine
Die EU-Außenminister wollen heute außerdem Kredite in Höhe von bis zu 35 Milliarden Euro für die Ukraine freigeben. Mit dem Geld soll die ukrainische Regierung Waffen kaufen können.
Die Kredite sollen garantiert werden durch das russische Staatsvermögen, das Russland in Europa angelegt hat. Seit Kriegsbeginn ist es eingefroren. Ungarn sperrte sich bislang als einziges EU-Land gegen das Vorhaben. Sollte das so bleiben, müsste der Kredit über den EU-Haushalt finanziert werden.
Mit Informationen von Helga Schmidt, ARD-Studio Brüssel