Japans nächster Premier Ishiba Bei Wählern beliebt - in der Partei nicht immer
Shigeru Ishiba soll Japans neuer Premier werden. Bei Wählern ist er beliebt - auch weil er in keinen der jüngsten Skandale verwickelt war. In der Partei eckte er aber lange Zeit an. Jetzt hat er es an die Spitze geschafft.
Japans künftiger Regierungschef trinkt ganz gerne mal einen. Jedenfalls gibt er das neben klassischen Hobbys wie Kochen, Lesen oder Schwimmen an. Möglicherweise ist das auch ein Grund, warum Shigeru Ishiba in der geselligen japanischen Bevölkerung so beliebt ist.
Stärker ins Gewicht fallen dürfte bei dieser Frage aber, dass Ishiba in keinen der jüngeren Skandale seiner Partei verwickelt war. Auch nicht in die Spendenaffäre, die dazu geführt hat, dass der bisherige Premierminister Fumio Kishida nach drei Jahren im Amt den Rückzug angetreten hat.
Oft gegen den Strom geschwommen
Innerhalb seiner Partei galt Ishiba lange Zeit als Ärgernis. Zu oft schwamm er gegen den Strom des konservativen Establishments, zu sehr feuerte er gegen den früheren Partei- und Regierungschef Shinzo Abe. Vier Mal versuchte Ishiba vergeblich, an die Spitze seiner Partei zu kommen. Im fünften Anlauf ist er nun auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere angekommen.
Diesen Erfolg hat er in gewisser Weise auch seiner Parteikollegin Sanae Takaichi zu verdanken. Die Hardlinerin, die es weiterhin verbieten möchte, dass Eheleute unterschiedliche Nachnamen tragen und die das Erbe von Abe weiterführen wollte, war einigen Mitgliedern der LDP-Partei dann wohl doch zu rechtskonservativ. Takaichi wäre die erste Frau an der Spitze Japans gewesen.
Nun wird es ein 67-jähriger Christ, verheiratet und Vater zweier erwachsener Töchter. Shigeru Ishiba steht alles andere als für einen Generationenwechsel.
Stärkung der Verteidigung, aber leise Töne gegenüber China
Außenpolitisch dürfte seine Wahl jedoch mit Erleichterung aufgenommen worden sein. Denn er wird wohl die Arbeit seines Vorgängers Kishida fortsetzen. Das bedeutet: Nähe zu den USA, sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit europäischen Ländern wie Deutschland, aber auch Stück für Stück eine Abkehr vom Pazifismus. So will sich Ishiba für eine asiatische Version der NATO einsetzen.
Schon im Wahlkampf hatte Ishiba laut über ein eigenes Raketenabwehrsystem und eine nukleare Teilhabe nachgedacht. Nordkorea sei nicht zu unterschätzen, betonte er. Schon vor ein paar Jahren forderte der frühere Verteidigungsminister die Einführung einer Wehrpflicht in Japan.
Was politischen Beobachtern wie Sven Saaler, Leiter der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Tokio, auffällt, ist Ishibas Umgang mit China und Nordkorea. Er sei einer der wenigen Politiker seiner Partei, der sich noch nie abwertend gegenüber den beiden Rivalen in Ostasien geäußert habe, so Saaler. Auch wenn Ishiba also parteiintern gerne provoziert - außenpolitisch schlägt er andere Töne an.
Innenpolitische Widerstände
In Japan selbst dürfte er innenpolitisch auf Widerstände treffen. Dass der neue Regierungschef den Anteil der Atomenergie an der Energieversorgung seines Landes deutlich verringern und nach eigenen Worten das Potenzial der erneuerbaren Energien ausschöpfen will, dürfte nicht jedem gefallen. Hohe Energiepreise sind schon jetzt ein Thema in Japan.
Fürs Erste hat aber der bei den Menschen beliebteste Kandidat die parteiinterne Abstimmung gewonnen. Für Ishiba ist es eine gute Ausgangslage für die nächsten Unterhauswahlen, die bis spätestens Oktober 2025 abgehalten werden müssen.