Indonesiens Präsident Widodo Ein entzauberter Hoffnungsträger?
Mit den Wahlen diese Woche endet die zehnjährige Amtszeit von Indonesiens Präsident Widodo. Der progressive Hoffnungsträger schien einst frischen Wind in die Politik zu bringen. Doch was ist daraus geworden?
Indonesiens Präsident Joko Widodo kommt aus einfachen Verhältnissen. Früher zeigte er Reportern gerne die kleine Hütte am Fluss, in der er aufgewachsen ist. Der einstige Möbelhändler und Metallica-Fan ist der erste Präsident des Riesenlandes, der nicht der politischen Elite oder dem mächtigen Militär des Landes entstammt.
Als er 2014 zum Präsidenten gewählt wurde, war der charismatische politische Außenseiter daher für viele Menschen ein Hoffnungsträger. Widodo wollte Indonesien modernisieren, versprach Wirtschaftswachstum, weniger Armut und Korruption - ein politisches System, das den Menschen dient und nicht den Mächtigen.
Erfolge in der Wirtschaft
Und Widodo kann Erfolge verbuchen. Rund fünf Prozent Wirtschaftswachstum pro Jahr, weniger Armut, steigende Einkommen. Seine gesamte fast zehnjährige Amtszeit lang ist er auf Infrastrukturprojekte fokussiert - und gut darin, Investoren zu umgarnen. Ständig eröffnet er neue Flughäfen, Straßen und Brücken. Vor kurzem erst weihte er den ersten Hochgeschwindigkeitszug Indonesiens ein, Produkt einer Kooperation mit China.
Widodo ist überzeugt, dass eine bessere Infrastruktur Ungleichheit reduziert. 2018 erklärt er in einer Rede, dass er auf diese Weise die riesige, aus rund 17.000 Inseln bestehende Nation vereinen wolle. Auch um Projekte in abgelegenen ländlichen, von seinen Vorgängern vernachlässigte Regionen kümmerte er sich.
Widodos Lieblingsprojekt ist der Bau einer neuen Hauptstadt. Jakarta platzt aus allen Nähten und sinkt jedes Jahr aufgrund des eigenen Gewichts und eines steigenden Meeresspiegels mehrere Zentimeter ab. Die neue Hauptstadt Nusantara auf der Insel Borneo soll nachhaltig und modern sein. Bereits dieses Jahr soll der Präsidentenpalast eingeweiht werden und die ersten Ministerien umziehen. Kritiker halten den Plan für unrealistisch und würden die Milliarden lieber anders investiert sehen.
Weiterhin sehr beliebt
Jokowi, wie der Präsident in Indonesien genannt wird, ist ambitioniert. Seine Beliebtheit in der Bevölkerung ist bis heute hoch - mit Zustimmungswerten von rund 70 Prozent. Besonders gefeiert wird er für sein Nickelexportverbot, sagt Denis Suarsana von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Jakarta. "Die Nickel-Strategie ist ein absoluter Hit, die Widodo in Teilen auch populistisch nutzt."
2020 verbot der Präsident den Export von unverarbeiteten Nickelerzen mit dem Ziel, den Rohstoff im Land zu halten und die verarbeitende Nickelindustrie ins Land zu holen, um die Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen. Das Ziel: Bis 2045 soll Indonesien es unter die fünf größten Volkswirtschaften der Welt schaffen. Indonesien hat mit fast 280 Millionen Einwohnern die viertgrößte Bevölkerung und die drittgrößte Demokratie der Welt.
Der einstige Rivale von Joko Widodo, Prabowo Subianto, kandidiert nun mit Widodos Sohn Gibran Rakabuming als Vize.
Schwächung der Demokratie
In seiner zweiten Amtszeit habe sich Widodo gewandelt, sagen Kritiker. Er stärkte weiter die Wirtschaft, doch schwächte die Demokratie. Statt die Korruption weiter zu bekämpfen, schwächte Widodo die Antikorruptionsbehörde. Ende 2022 verabschiedete das Parlament ein verschärftes Strafrecht, das laut Menschenrechtlern die Meinungsfreiheit weiter einschränken wird. Es habe islamistische und konservativ-autoritäre Züge, kritisiert Amnesty International. So ist Kritik am Präsidenten, Gotteslästerung oder Sex außerhalb der Ehe von 2026 an strafbar.
Zudem wurde der Mann aus einfachen Verhältnissen immer mehr Teil der Elite. Ihm wird vorgeworfen, seine eigene Familiendynastie aufzubauen. Söhne und Familienmitglieder von Widodo drängen inzwischen ebenfalls in die Politik. Der prominenteste Fall ist sein ältester Sohn Gibran Rakabuming, der bei der anstehenden Wahl als Vizepräsident kandidiert. Er ist 36 Jahre alt und damit eigentlich vier Jahre zu jung für das Amt. Kurz vor der Nominierungsfrist für die Kandidaten will er vor dem Verfassungsgericht eine Ausnahme erwirken.
Pikantes Detail: Der vorsitzende Richter ist der Schwager von Widodo - und setzt die Altersgrenze für Widodos Sohn herab, da er bereits ein hohes politisches Amt inne habe. Denn Gibran ist derzeit, wie sein Vater einst, Bürgermeister von Surakarta. Der Ethikrat des Verfassungsgerichts enthob den vorsitzenden Richter später zwar seines Amtes, aber die Entscheidung steht: Widodos Sohn darf antreten.
Für Suarsana von der Konrad-Adenauer-Stiftung kommt dieser Schritt nicht überraschend. Mächtige Familiendynastien hätten in Indonesien Tradition. Er sieht dadurch nicht die Demokratie an sich in Gefahr, jedoch die Gewaltentrennung.
Große Machtbündelung
In den vergangenen Jahren habe sich viel Macht in der Hand Widodos gebündelt, sagt Abdul Gaffar Karim, Professor für Politikwissenschaften an der Universität in Yogyakarta: "Widodo kontrolliert alles. Er manipuliert die Opposition auf elegante Weise." Seine Gegner stelle er ruhig, indem er ihnen entgegenkommt, sie miteinbezieht. "Er nutzt mehr die Karotte als den Stock, um seine Gegner zu kontrollieren."
Bestes Beispiel ist der jetzige Präsidentschaftskandidat Prabowo Subianto. Im Wahlkampf 2014 und 2019 waren Widodo und er Gegner. Dann machte der Präsident ihn zum Verteidigungsminister, inzwischen sind sie enge Verbündete - und sein Sohn kandidiert an der Seite von Subianto als Vize-Präsident. Auf diese Art versuche Widodo seine Position und Macht abzusichern, sagen Beobachter. Ihm selbst ist eine dritte Amtszeit von der Verfassung verboten. Als er kurz den Versuch machte, dies zu umgehen, war die Kritik so groß, dass er die Idee wieder fallen ließ.
Weggefährten beschreiben Widodo als impulsiv und ungeduldig, instinktiv handelnd und starrköpfig. Wenn er sich erstmal für eine Sache entschieden habe, sei es sehr schwer, ihn umzustimmen. Aber die Mehrheit der Wähler ist bis heute zufrieden mit Joko Widodo und wünscht sich, dass der nächste Präsident seine Politik weiterführt. Wer auch immer die Wahl am 14. Februar gewinnt, ein echter Politikwechsel ist nicht zu erwarten. Bisher versprechen alle Kandidaten, den erfolgreichen Wirtschaftskurs von Widodo fortführen zu wollen.