Wahlen in Südostasien Kampf für den "indonesischen Obama"
Indonesien, das bevölkerungsreichste muslimische Land der Welt, hat gewählt. Als Favorit der Präsidentenwahl gilt Amtsinhaber Widodo. Doch Fundamentalisten gewinnen an Einfluss.
Es war ein Wahlkampf mit harten Bandagen - es ging um den Anspruch auf den rechten Glauben. Präsident Yoko Widodo spreche das Hocharabisch des Koran falsch aus, auf dieser Ebene bewegten sich die Vorwürfe.
Sein Herausforderer ist ein Ex-General des früheren Diktators Suharto. Prabowo Subianto lässt sich von den Radikalen unterstützen, die eine landesweite Einführung der Scharia einfordern, des islamischen Rechts, nach dem Ehebrecher gesteinigt werden und Dieben die Hand abgehackt wird. "Den Islam zu verteidigen, das ist, was am meisten zählt. Denn ich habe Ungerechtigkeit und Blasphemie gegen die Religion gesehen und das tut meinem Herzen wirklich weh. Das werde ich ändern. Ich will das Amt des Präsidenten ändern", sagte Subianto.
Herausforderer des Präsidenten ist der ehemalige General Prabowo Subianto.
Wirtschaftskraft schwächelt
Präsident Widodo hat das Thema Religion hingegen lange gemieden. Zwar sei er ein gläubiger Muslim, doch Glaube sei Privatsache, sagte er. Widodo - in Indonesien zumeist "Jokowi" genannt - hat das Land stärker gemacht und Investoren ins Land geholt. Sein Versprechen, zehn Millionen Arbeitsplätze zu schaffen, hat er jedoch nicht halten können. Ebensowenig ein Wachstum von sieben Prozent. Parallel dazu geht die indonesische Rupiah in den Keller, was natürlich vor allem die Armen zu spüren bekommen. Dementsprechend versprach "Jokowi" im Wahlkampf: "Wir werden dafür sorgen, dass Indonesiens Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren stärker wird: Für die Bauern, die Fischer, die Lehrer, die Arbeiter, Ärzte, Soldaten, Künstler, die Jungen, die Klein- und Kleinstunternehmer wird das Leben in fünf Jahren besser sein, als heute."
Der Islam aber war das beherrschende Thema. Und "Jokowi", der einst als Obama Südostasiens bezeichnet wurde, hat sich als Vize einen führenden Imam gewählt, der Homosexualität unter Strafe stellen will. Ein Zugeständnis vor allem an die konservative Landbevölkerung. In keinem anderen Land der Welt leben so viele Muslime, aber das Land ist keine "islamische Republik". Laut Verfassung sind fünf Religionen (darunter auch Christen) gleichberechtigt. "Einheit in Vielfalt" lautet das Landesmotto. Das Land galt als Musterbeispiel für einen toleranten Islam.
Islamische Fundamentalisten gewinnen an Einfluss
Doch die Stimmung dreht sich, die Fundamentalisten werden stärker. Das zeigte sich ganz drastisch am Beispiel des christlichen Gouverneurs von Jakarta, der 2017 wegen Gotteslästerung verurteilt wurde und sein Amt verlor. Es zeigt sich auch im Straßenbild der nach wie vor weltoffenen Stadt. Immer mehr Frauen tragen Kopftuch und Schleier. "Der Druck nimmt zu", erzählt Manohara Odelia Pinot, "ständig fragen mich Familie und Freunde, wann ich denn endlich den Jihab trage." Die Tierschützerin und Jungpolitikerin ist nach einigen Jahren im Ausland nach Indonesien zurückgekehrt. Früher hat die 26-Jährige gemodelt, sie ist es gewohnt, dass ihr Äußeres beurteilt wird, aber nicht, dass es verurteilt wird. Vor zwei Wochen habe sie ein Bild von sich gepostet, auf dem sie eine Art Badeanzug trage. Die Reaktion: "Die Leute haben geschrieben, dass ich es verdiene, vergewaltigt zu werden", sagt Pinot. "Wenn es nur ums Beschimpfen geht, von mir aus, aber die meisten Kommentare enthalten Passagen aus dem Koran – und damit rechtfertigen sie auf religiöse Weise, warum es in Ordnung ist, mir diese Dinge an den Kopf zu werfen."
Die Umfragen sprechen dafür, dass Widodo mit seinem strenggläubigen Vize die Wahl gewinnt. Für die Liberalen gilt dies als kleineres Übel, denn so oder so haben die Islamisten bereits gewonnen.