Beschuss im Roten Meer Huthi-Rebellen greifen erneut Frachter an
Der Suezkanal wird für Frachter immer gefährlicher: Erneut haben Huthi-Rebellen mindestens ein Handelsschiff beschossen. Mehrere Reedereien setzen nun auf den Umweg über die Spitze Südafrikas - und nehmen Verzögerungen in Kauf.
Erneut ist im Roten Meer mindestens ein weiteres Handelsschiff angegriffen worden. Der mit Chemikalien beladene Tanker "Swan Atlantic" wurde nach Angaben seines norwegischen Reeders von einem unbekannten Objekt getroffen. Es sei niemand zu Schaden gekommen, teilte der Eigentümer des Schiffes Inventor Chemical Tankers gegenüber dem Wirtschaftsmagazin "E24" mit. Demnach ist das Schiff weiterhin einsatzbereit.
Die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen im Jemen bekannten sich auf der Online-Plattform X, ehemals Twitter zu dem Angriff. Der Sprecher der Milizen, Jahja Sarea, meldete allerdings Angriffe auf zwei Schiffe - die "Swan Atlantic" und die "MSC Clara". Eine Bestätigung der "MSC Clara"-Besatzung oder der Reederei gibt es bislang nicht. Die Besatzungen hätten auf Warnungen nicht reagiert, schrieb Sarea. Die Rebellen würden weiterhin alle Schiffe an der Fahrt zu israelischen Häfen hindern, solange die Frachter keine Hilfsgüter für die Menschen im Gazastreifen lieferten.
Zuvor hatten US-Regierungskreise die Milizen für den Beschuss der "Swan Atlantic" verantwortlich gemacht. Der Abschuss sei aus dem Jemen erfolgt. Ein Zerstörer der US-Marine, die "USS Carney", habe auf den Notruf des norwegischen Frachters reagiert und Kurs aufgenommen.
Briten melden drei mögliche Explosionen vor Küste
Das britische Amt für Seeschifffahrt (UKMTO) berichtete zudem von drei möglichen Explosionen vor der Küste des Jemen. Ein Vorfall habe sich in der Nähe des Bab al-Mandab ereignet, der das Rote Meer mit dem Golf von Aden verbindet. Die beiden weiteren Explosionen erfolgten demnach rund 30 Seemeilen nordwestlich von Mocha sowie rund 24 Seemeilen südöstlich des dortigen Hafens.
Auch das britische Unternehmen für Schifffahrtssicherheit Ambrey teilte mit, es habe Informationen über eine mögliche Explosion im Wasser in der Nähe eines Schiffes 30 Seemeilen südlich von Mocha erhalten.
Schiffsroute von Asien nach Europa ohne die Passage durch das Rote Meer
Reedereien meiden Suezkanal
Angesichts der zunehmend angespannten Sicherheitslage seit dem Krieg im Gazastreifen zwischen Israel und der militant-islamistischen Terrororganisation Hamas wollen mehrere Reedereien Konsequenzen ziehen. Sie meiden künftig den Suezkanal - was allerdings deutlich längere Wege um die Südspitze Afrikas und damit höhere Kosten bedeutet.
Mehrere Schiffe würden nun über das Kap der Guten Hoffnung umgeleitet, teilte ein Sprecher der Hamburger Containerreederei Hapag-Lloyd nach Beratungen eines Krisenstabes mit. "Dies wird so lange geschehen, bis die Passage durch den Suezkanal und das Rote Meer für Schiffe und ihre Besatzungen wieder sicher ist."
Evergreen stoppt Aufträge aus Israel
Der Branchenprimus MSC bekräftigte in einer Mitteilung an die Kundinnen und Kunden, dass MSC-Schiffe den Suezkanal in Richtung Osten und Westen nicht befahren werden, bis die Passage durch das Rote Meer sicher ist. "Bereits jetzt werden einige Dienste umgeleitet und fahren stattdessen über das Kap der Guten Hoffnung."
Auch die taiwanische Container-Reederei Evergreen kündigte an, Schiffe über die Südspitze Afrikas umzuleiten. Zudem will Evergreen vorerst keine Aufträge aus Israel mehr annehmen, wie das Unternehmen mitteilte: "Im Interesse der Sicherheit von Schiffen und Besatzung hat Evergreen Line beschlossen, ab sofort keine israelische Fracht mehr anzunehmen, und hat seine Containerschiffe angewiesen, die Fahrt durch das Rote Meer bis auf weiteres einzustellen."
Auch der Ölkonzern BP hat vorübergehend alle Transporte durch das Rote Meer ausgesetzt. Dadurch wächst die Gefahr, dass sich die Krise - die bisher vor allem die Transporte von Industriewaren betraf - auch auf den Energiesektor ausweiten könnte. Die Rohölpreise stiegen aufgrund dieser Befürchtungen zu Wochenbeginn.
USA wollen Koalition zum Schutz gründen
Die Huthi hatten angekündigt, ihre Angriffe fortzusetzen, bis Israel seine Offensive im Gazastreifen beendet. Am Wochenende erklärten sie, ernsthafte Schritte zur Linderung der katastrophalen Lage der palästinensischen Bevölkerung würden dazu beitragen, die Eskalation zu verringern. Es war der erste Hinweis, dass die Huthi zur Entspannung der Lage bereit sein könnten. Die USA, die Kriegsschiffe in die Region entsandt haben, haben erklärt, sie wollten eine Koalition zum Schutz der Schifffahrt im Roten Meer bilden.
Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit die kürzeste Verbindung auf dem Seeweg von Asien nach Europa. Etwa zehn Prozent des gesamten Welthandels laufen über das Rote Meer. Experten rechnen damit, dass sich Lieferungen nun deutlich verzögern werden. Die Schätzungen reichen von einigen Tagen bis zu zwei Wochen.