
Innenministerin in Syrien Faeser spricht über Abschiebung von Kriminellen
Bundesinnenministerin Faeser ist in den letzten Tagen ihrer Amtszeit noch zu einem Gespräch mit einem Regierungsvertreter nach Syrien geflogen. Dabei will sie Rückkehroptionen für syrische Geflüchtete ausloten.
Einen Monat nach ihrem aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagten Besuch in Damaskus ist die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser in die syrische Hauptstadt geflogen. Begleitet wird die SPD-Politikerin, wie schon bei der ersten Reise, die Ende März abrupt in Jordanien endete, von ihrem österreichischen Amtskollegen Gerhard Karner.
Den Beiden geht es vor allem darum, auszuloten, wie die Aussichten für eine freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge sind. Auch Abschiebungen nach Syrien sind ihnen ein wichtiges Anliegen. "Viele haben in Deutschland Arbeit gefunden, Deutsch gelernt und sich ein neues Leben aufgebaut - sie sollen natürlich bleiben können", sagte Faeser. Andere, vor allem Straftäter und Islamisten, sollten dagegen schnellstmöglich zurückkehren.
Die Sicherheitslage im Land sei zwar noch schwierig, erklärte Faeser. Trotzdem gelte es, jetzt über Rückkehrperspektiven zu beraten. "Für uns steht an erster Stelle, dass Straftäter und Islamisten schnellstmöglich abgeschoben werden", erklärte sie. "Unsere Gesetze hierzu haben wir erheblich verschärft. Das muss durchgesetzt werden, sobald die Lage in Syrien dies zulässt."
Besuch nicht vorab angekündigt
Am Flughafen wurde Faeser in Damaskus von einem hochrangigen Beamten des Außenministeriums empfangen - freundlich, aber ohne Handschlag. Sie fragte ihn nach der aktuellen Situation. Er beschrieb sie als "vorsichtig optimistisch". Mit Blick auf die Sicherheitslage sprach er beschwichtigend von "einigen Zwischenfällen".
Syriens Innenminister Anas Chattab empfing die deutsch-österreichische Delegation. Er ist seit dem 29. März im Amt. Faeser sagte zu Beginn des Treffens, der Sturz von Syriens Langzeitmachthaber, Baschar al-Assad, biete eine Chance für Demokratisierung in Syrien.
Die deutsch-österreichische Delegation flog zu ihrem vorab nicht angekündigten Besuch begleitet von strengen Sicherheitsvorkehrungen von Zypern aus in die syrische Hauptstadt. Bei ihrem ersten Versuch im März hatten konkrete Hinweise auf eine terroristische Bedrohung für westliche Delegationen in Damaskus die Reisegruppe zur Umkehr bewogen.
Neuer Innenminister ist Kampfgefährte von al-Scharaa
Ein Bündnis unter Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte das syrische Regime Anfang Dezember nach einer Blitzoffensive gestürzt. HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa wurde zum Übergangspräsidenten ernannt, Machthaber Assad floh nach Moskau.
Interimspräsident Ahmed al-Scharaa hatte Ende März die Mitglieder der zweiten Übergangsregierung nach dem Sturz von Assad ernannt. Chattab und al-Scharaa kennen sich schon aus der Zeit, als sie im Irak gemeinsam lokale Gruppen des Terrornetzwerks Al-Kaida im Kampf gegen die US-Truppen unterstützt hatten.
Es ist ein schmaler Grat für die Bundesregierung: Einerseits will sie den Neuanfang in dem arabischen Land unterstützen, das nach mehr als 13 Jahren Krieg auf ausländische Hilfe und eine Aufhebung westlicher Sanktionen angewiesen ist. Andererseits bleiben trotz des pragmatischen Kurses von al-Scharaa Zweifel, ob die Rechte von Christen, Alawiten und anderen religiösen Minderheiten künftig gewahrt bleiben. Die Mehrheit der Syrer sind wie al-Scharaa und seine Kampfgefährten sunnitische Muslime.
Vorerst keine Asylentscheidungen zu Syrien
Syrien ist weiterhin Hauptherkunftsland von Asylbewerbern in Deutschland. Seit 2015 wurden etwa eine Million Syrer aufgenommen. Von ihnen wurden etwa 163.000 eingebürgert. Im ersten Quartal dieses Jahres stellten 9.861 Menschen aus Syrien erstmals in Deutschland einen Antrag auf Schutz. Zum Stichtag 31. März standen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) noch 52.344 syrische Asylverfahren zur Entscheidung an. Nach dem Umsturz im Dezember hatte das BAMF wegen der noch unüberschaubaren Lage Entscheidungen über Asylanträge von Menschen aus Syrien vorerst ausgesetzt.
Für Faeser, die morgen im österreichischen Krems an einem Treffen der Innenminister deutschsprachiger Länder teilnehmen wird, ist es eine der letzten Reisen in diesem Amt. Bei den Verhandlungen für eine schwarz-rote Koalition hatten sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, dass ein von der CSU benannter Politiker künftig das Innenressort leiten soll.
Im Bundesinnenministerium arbeitet man bereits seit Januar an einer Ausnahmeregelung, um syrischen Flüchtlingen Erkundungsreisen in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, ohne dass sie dadurch ihren Schutzstatus in Deutschland verlieren. Erlaubt wäre demnach entweder eine einmalige Reise für die Dauer von maximal vier Wochen oder zwei Reisen von jeweils maximal zwei Wochen, jeweils mit dem Ziel, auszuloten, ob eine Rückkehr möglich wäre. Mehrere Unionspolitiker haben sich allerdings kritisch zu dem Vorschlag geäußert - unter anderem der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU).