Trumps Basis "Haben uns von den Linken zu viel gefallen lassen"
2024 könnte Trump erneut US-Präsident werden - trotz seiner juristischen Probleme, Skandale und nachgewiesener Lügen. Wer sind die Menschen, die dem Ex-Präsidenten weiter die Treue halten? Ein Besuch bei einer Familie in West Virginia.
Lisa Davis öffnet die schwere Metalltür zu einer Lagerhalle in Athens, ganz im Südosten von West Virginia. In der ehemaligen Autowerkstatt stapeln sich Kisten mit Orangen, Chips und Konserven. In Jeans und T-Shirt, das dunkle Haar im Pferdeschwanz, zeigt Davis auf eine lange Reihe großer Kühlschränke - das Herzstück der Foodbank, der Tafel, die sie hier betreibt.
In dieser Woche hätten sie sehr viel Käse geliefert bekommen, die ganze Werkstatt sei voll davon - aber ihre Klientel liebe das einfach, freut sie sich.
Der Bedarf in der dünn besiedelten Bergbauregion ist enorm: Zu Beginn der Corona-Pandemie waren es rund 100 Familien pro Woche, Mitte 2023 sind es zwischen 300 und 450.
Die Leitung des "Helpful Harvest Outreach" ist für Lisa ein Fulltime-Job, den die Mitvierzigerin nicht geplant hatte. Der Pfarrer einer lokalen Gemeinde hörte auf, sie sprang vor zwei Jahren ein, weil zu viele Leute von der Hilfe abhängig waren.
Lisa Davis und ihre Tochter Avery können sich über mangelnde Lieferungen für ihre Tafel nicht beklagen. Und Nachfrage und Bedarf sind hoch.
Protest gegen eine übermächtigen Regierung
Im vollgestopften Büro hat inzwischen auch ihr Mann Platz genommen. Die beiden haben geheiratet, als sie nicht mal 20 Jahre alt waren. Und haben zehn Kinder, alles Mädchen, erzählt Brian Davis, halb stolz, halb entschuldigend. Nicht aus religiösen Gründen, sondern weil sie einfach eine große Familie wollten.
Die Davis-Familie ist das, was man in den USA gerne "salt of the earth" nennt, das Salz der Erde: hart arbeitend und hilfsbereit, ohne viel Aufhebens. Über Politik reden sie nur auf Nachfrage.
Aber ein Indiz auf seine Haltung trägt Brian Davis auf dem Kopf: eine Kappe mit der US-Flagge, auf der eine eingerollte Klapperschlange züngelt; ein vor allem in rechten Kreisen beliebtes Symbol für den Protest gegen zu viel Regierung. Davis hat 2016 und 2020 Donald Trump gewählt und hat es wieder vor, wenn der Ex-Präsident erneut antritt.
"Wir haben uns von diesen woken Linken zuviel gefallen lassen. Sie ziehen über alles her, was wir machen. Sie tun immer so, als ob wir alle Rassisten und schreckliche Menschen sind. Und das stimmt einfach nicht", klagt Brian. "Es war so erfrischend zu sehen, dass er es mit den Linken jetzt so macht, wie die mit uns. Wie er für uns einsteht!"
Brian Davis zeigt seine politische Haltung mit seiner Basecap. Der frühere Wähler der Demokraten hat sich Trump zugewandt.
Jahre der Angst um den Job
Der Mitvierziger ist einer von Millionen Trump-Anhängern, die früher Demokraten wählten. Zuletzt 2008 Barack Obama, weil ihm dessen Botschaft von positivem Wandel und "Yes, we can" so gefallen habe, sagt er. Aber statt Aufbruch und neuen Chancen erlebte Davis das Gegenteil und verlor seinen Job als Maschinist in der Bergbauindustrie.
Zwischen 2008 und 2016 sei er "sieben oder acht Mal" arbeitslos geworden, erzählt Davis, und das habe an der Obama-Regierung gelegen "Sie hatten viele neue Regeln für die Kohleindustrie, weil sie sie abschaffen wollen. Genau wie jetzt die Biden-Regierung, der will ja das Gleiche." Davis arbeitet inzwischen in der Gasindustrie. Aber weil die Demokraten langfristig komplett aus den fossilen Energieträgern aussteigen wollen, lebt er mit der ständigen Angst, wieder arbeitslos zu werden. Er habe in den Jahren des ständigen Jobverlustes so viel durchgemacht, das sei "fast wie eine post-traumatische Belastungsstörung". Jedes Gerücht, dass irgendwas wieder dicht gemacht oder nicht genehmigt werde, bringe ihn ins Grübeln. "Du hast immer Angst."
Keine Angst vor Klimawandel
Für Davis ist damit Trump, der weiter auf Kohle, Gas und Öl setzt, klar die bessere Wahl. Die neuen Kohlekraftwerke emittierten doch nur sauberen Dampf, die Gefahr durch den Klimawandel sei übertrieben, findet er. Und wie der Ex-Präsident bei fast jedem Wahlkampfauftritt flachst auch Brian, dass er es lieber wärmer als kälter habe.
Nicht mal Trumps Verhalten am 6. Januar und den Sturm seiner Anhänger aufs Kapitol findet Davis problematisch und vergleicht sie mit den Protesten nach dem Tod von George Floyd. Und greift dann wieder ein beliebtes Narrativ rechter Medien und Politiker auf.
Vier Jahre lang habe man "Ausschreitungen aushalten müssen", zum Beispiel in Detroit. Große Städte seien "non-stop" abgefackelt worden, behauptet er. Und die Ereignisse am 6. Januar nennt er "ein friedliches Zusammentreffen", und lässt den Satz, was daraus wurde, unvollendet. Um hinzuzufügen: "Ich würde das niemals einen Aufstand nennen. Sondern es war nötig!"
Dass Hunderte Beteiligte inzwischen zu Haftstrafen verurteilt und Trump selbst angeklagt wurde, hält Davis für politisch motiviert: So wolle man ihn und andere davon abhalten, sich zu wehren.