Staats- und Regierungschefs beraten in Brüssel Suche nach der Erfolgsstrategie für Kopenhagen
Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten heute ihre Strategie für die Klimakonferenz in Kopenhagen: Wie können die anderen Länder auf ehrgeizige Ziele verpflichtet werden. Ein wichtiges taktisches Mittel wird die Summe sein, die die EU den Entwicklungsländern für den Klimaschutz geben will.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Staats- und Regierungschefs der EU werden über die Finanzaufsicht reden und darüber, welche formalen Folgen der Lissabon-Vertrag haben wird: Wer sagt wann was im Namen der EU? Aber das Hauptthema ist der Klimaschutz. Schließlich wird rund 900 Kilometer nordöstlich von Brüssel über die Zukunft der Welt verhandelt. Wie also soll die Strategie der EU aussehen für den Endspurt der Klimakonferenz in Kopenhagen? Das ist die spannende Frage. Konkrete Antworten darauf bekommt man noch nicht.
Aber zumindest das Ziel sei klar, sagt der deutsche Außenminister Guido Westerwelle: "Wir wollen, dass Europa Vorreiter beim Klimaschutz ist. Aber allein kann Europa das Weltklima nicht retten. Deswegen werden wir nicht mit Blanko-Schecks irgendjemanden aus seiner eigenen Verantwortung entlassen. Jedes Land muss seinen eigenen Beitrag leisten."
Reinfeldt fordert mehr von den USA
Die EU hat vorgelegt. Sie hat sich verpflichtet, bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen um 20 Prozent zu senken. Bis zu 30 Prozent könnte man sich vorstellen, wenn andere große Industrieländer mitziehen. Allein, so heißt es in deutschen Regierungskreisen, die dafür erforderlichen Zusagen wird es wohl kaum geben. Diese Einschätzung teilt auch der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, der den Gipfel als Ratspräsident leiten wird: "Die USA haben verglichen mit der EU noch viel zu wenig vorgeschlagen. Es ist der falsche Ansatz, mit dem Argument, Arbeitsplätze zu sichern, die Klimaschutzziele herunterschrauben. Die Industrieländer müssen sich einfach mehr anstrengen."
EU-Ratspräsident Reinfeldt hat die Aufgabe, die Strategie der Europäer in Kopenhagen umzusetzen.
Finanzielle Zusagen eine Frage der Verhandlungstaktik
Die Verpflichtung, weniger Treibhausgase in die Luft zu blasen, ist das eine. Den Entwicklungsländern Geld zu geben, damit sie ihrerseits Klimaschutz betreiben können, das andere. Reinfeldt will seine EU-Kollegen dazu bewegen, Zahlen zu nennen. Konkret: Wie viel Geld will die Europäische Union für die so genannte Anschubfinanzierung in den Jahren 2010 bis 2012 bereit stellen? Bei EU-Mitarbeitern in Brüssel heißt es, rund zwei Milliarden Euro jährlich könnten es werden. Die Grünen im Europaparlament fordern drei Milliarden Euro. Doch es ist fraglich, ob sich die EU-Staats- und Regierungschefs schon jetzt in die Karten blicken lassen.
Einzelne EU-Staaten haben schon Summen genannt, die sie bereit sind, in eine Anschubfinanzierung für Entwicklungsländer zu stecken. Zuletzt hat Schweden angekündigt, rund 800 Millionen Euro bereitzustellen, Großbritannien sagte die gleiche Summe zu, die Niederlande wollen 300 Millionen Euro beisteuern.
Zu oft fällt das Wort "Verhandlungstaktik", oder, wie es Außenminister Westerwelle vor zwei Tagen bei seinem Besuch in Brüssel formulierte: "Würde ich irgendeine Summe nennen, würde das die Verhandlungsposition der Europäer in Kopenhagen schwächen. Das gebietet sich nicht, ganz im Gegenteil: Das wäre sehr unklug."
Da schwingt die Sorge mit, weitere Abstriche machen zu müssen bei den MinimalZielen für Kopenhagen. Die EU-Staaten sprechen weiter von einer historischen Gelegenheit. Sie haben aber die Hoffnung aufgegeben, Ende der kommenden Woche eine bereits rechtlich bindende Vereinbarung feiern zu können. Man hofft aber auf die Vorstufe: Auf ein politisches Abkommen, in dem die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad festgeschrieben ist, in dem Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer Zusagen machen und in dem geklärt ist, wie man das Ganze kontrollieren kann.