Zyperns Parlament berät über Zwangsabgabe "Es wird schmerzhafte Entscheidungen geben"
Tagelang sah es vor allem nach Pokerspiel aus - nun beschloss das zyprische Parlament doch die ersten unangenehmen Maßnahmen, um die drohende Pleite des Landes noch zu verhindern. Und Regierungsvertreter bereiten die Menschen für heute auf die nächsten schlechten Nachrichten und auf "schmerzhafte Entscheidungen" vor.
Von Thomas Bormann, ARD-Hörfunkstudio Istanbul, zzt. Nikosia
Der Plan B zur Rettung des Landes ist immer noch nicht fertig. Zwar hat das Parlament am späten Abend schon erste Gesetze des Paketes beschlossen, aber die wichtigste Entscheidung auf heute verschoben. Regierungssprecher Christos Stylianidis bereitete das Volk schon auf harte Entscheidungen vor: "Das Parlament muss große und schwere Entscheidungen treffen. Es wird auch schmerzhafte Entscheidungen geben, aber das Land muss gerettet werden."
Fonds beschlossen - aber wer zahlt ein?
Das Parlament beschloss ein Gesetz zur Restrukturierung der Banken und Einschränkungen im Geldverkehr. Auf Zypern darf künftig kein Geld ohne Genehmigung ins Ausland überwiesen werden. Den Fonds, in den Vermögenswerte von Kirche und Staat einfließen sollen, beschlossen die Parlamentarier auch schon. Ob in diesen Fonds allerdings auch das Vermögen der Rentenkasse fließen soll, ist noch unklar. Dagegen hatte unter anderem Kanzlerin Merkel Protest angemeldet: Mit der Rentenkasse könne man nicht für die Schulden des Staates bürgen.
Heute dann soll das Parlament über eine Zwangsabgabe auf Bank-Guthaben beraten. Eine solche Abgabe hatte das Parlament noch am Dienstag einmütig abgelehnt; nun soll sie doch kommen, allerdings nicht für alle. Finanzminister Michalis Sarris kündigte die Zwangsabgabe in einem sehr umständlichen Satz an: "Ich denke, ja, das liegt auf dem Tisch. Das müssen wir diskutieren, ob da eine Abgabe auf Bankkonten, in irgendeiner Art, und auf eine Weise, die es möglichst annehmbar macht, einen Beitrag zu diesem Paket leisten kann."
Es wird eine Zwangsabgabe auf Bankguthaben geben
Im Klartext: Es wird eine Zwangsabgabe auf Bankguthaben geben. Möglicherweise aber nur auf Bankguthaben bei der größten Bank Zyperns, der Cyprus Bank, wo viele ausländische Anleger Vermögenswerte angelegt haben. Das zyprische Fernsehen meldete, die Zwangsabgabe bei dieser Bank werde 22 bis 25 Prozent betragen, soll aber nur für Guthaben über 100.000 Euro gelten. Die Abgabe wäre damit also deutlich höher als alle bisher vorgeschlagenen Modelle, gälte aber nur für eine Bank. Noch ist aber nichts entschieden.
"Jetzt müssen wir alle Verantwortung übernehmen"
Und die zweitgrößte Bank Zyperns, die angeschlagene Laiki-Bank, soll aufgelöst werden. Dagegen demonstrieren die Beschäftigten der Bank nun schon seit mehr als zwölf Stunden vor dem Parlament, auch jetzt noch, in der Nacht."Das ist nicht gerecht, die sollten das nochmal überdenken", meint diese Bank-Angestellte. Sie hat Angst um ihren Arbeitsplatz und Angst um ihr eigenes Sparkonto bei der Bank. Ihr Kollege schimpft: "Das ist doch ein kriminelles Gesetz, das die heute durchbringen wollen. Das macht alles nur schlimmer. Ist jedenfalls noch schlimmer als dieser Vorschlag mit der Zwangsabgabe auf alle Guthaben."
"Man weiß gar nicht mehr, was man denken soll, jeder ist verwirrt", sagt ein Mann aus Nikosia. Enttäuscht sind die Zyprer auch, dass Russland vorerst weder mit Krediten noch mit Investitionen helfen wird. Zypern ist also auf die Partner in der EU angewiesen, muss einen Rettungsplan vorlegen, den die anderen Euro-Länder akzeptieren. Deshalb der Appell von Regierungssprecher Christos Stylianidis: "Die nächsten Stunden werden über die Zukunft unseres Landes entscheiden. Jetzt müssen wir alle Verantwortung übernehmen."