Raketenangriffe auf Irak und Syrien Irans Militär demonstriert seine Schlagkraft
Der Iran hatte Vergeltung für den Terroranschlag von Kerman angekündigt - in der Nacht folgten nun Raketenangriffe auf Ziele in Syrien und im Irak. Die Regierung habe damit vor allem Stärke zeigen wollen, sagt ein Experte in Teheran.
Seit Tagen hatten die iranischen Revolutionsgarden es angekündigt: Sie würden Vergeltung für den Terroranschlag von Kerman üben. Vor knapp zwei Wochen waren in der Stadt Hundert Menschen ums Leben gekommen, als auf eine Gedenkveranstaltung zwei Selbstmordanschläge verübt wurden. Nun also schlug das iranische Militär zurück.
In den sozialen Netzwerken sind Videos zu sehen, wie die Raketen irgendwo im Iran in den Nachthimmel aufsteigen. Sie waren demnach auf Ziele im Nachbarland Nord-Irak und im weiter entfernten Nord-Syrien ausgerichtet. In Nord-Syrien habe man ein Quartier der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) getroffen, hieß es aus Teheran. Der IS hatte sich zu dem Doppelanschlag in Kerman bekannt.
Irak beklagt vier tote Zivilisten
Die iranische Führung behauptet, die IS-Terrormiliz fungiere nur als Söldner. Die wahren Drahtzieher der Anschläge seien die USA und Israel. Deshalb seien einige der Raketen der vergangenen Nacht auf das Spionagezentrum des israelischen Geheimdienstes Mossad in Erbil im Nord-Irak abgefeuert worden.
Der Irak protestierte scharf gegen die Angriffe aus dem Nachbarland und bezeichnete die Anschuldigungen des Iran als falsch. Durch die Raketeneinschläge seien vier unbeteiligte Zivilisten getötet worden. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanani, wertete die Militäraktion jedoch als vollen Erfolg: Mit einer präzisen und gezielten Operation habe man, so wörtlich, die "Hauptquartiere der Kriminellen" identifiziert und getroffen.
"Seit Jahrzehnten in Scharmützel verwickelt"
Hört man sich auf den Straßen Teherans heute um, fallen die Reaktionen unterschiedlich aus. "Das war richtig so", sagt ein Passant. "Wenn sich der Iran nicht wehren würde, dann würde es vielleicht immer mehr Angriffe gegen den Iran geben. Ja, diese Raketen letzte Nacht waren richtig!"
Ein Ladenbesitzer hingegen winkt ab und sagt: "Ich glaube nicht, dass das iranische Volk irgend etwas davon haben wird. Wir sind doch seit Jahrzehnten in militärische Scharmützel und Wirtschaftskriege verwickelt."
Die Raketen, die das iranische Militär in der vergangenen Nacht abgefeuert hatte, haben eine Reichweite von 1.200 Kilometern. Sie könnten damit theoretisch auch vom Iran aus Ziele in Israel treffen - etwa Tel Aviv oder Jerusalem. Das iranische Militär hat also in der vergangenen Nacht seine Schlagkraft demonstriert.
"Es wird keinen Gegenschlag geben"
Nader Karimi Juni ist Analyst und Journalist aus Teheran. Er glaubt nicht, dass die Gefahr besteht, der Iran könnte in den Krieg im Gazastreifen eingreifen. "Mir scheint, dass die Raketenangriffe der vergangenen Nacht hauptsächlich ein Zeichen nach innen, an die eigene Bevölkerung im Iran, waren", sagt er.
Gleichzeitig sei aber klar: "Die Kurden dort in der irakischen Region Kurdistan werden nicht auf diese Raketenangriffe antworten. Es wird keinen Gegenschlag geben gegen den Iran. Und damit auch keine Eskalation."
Die iranische Führung habe mit der Vergeltung für den Terroranschlag von Kerman Stärke zeigen wollen. Das Ziel habe sie nun erreicht, deshalb rechne er nicht mit einer weiteren Eskalation.