EU-Reform Zigaretten mit vermindertem Zündpotenzial
Rauchen im Bett kann nicht nur langfristig tödlich sein. Immer wieder sterben Menschen, weil sie mit der Zigarette einschlafen und der Glimmstängel das Zimmer in Brand steckt. Das soll sich nun ändern. Die EU hat sich mit der Tabakwarenindustrie auf einen Brandschutz in Zigaretten verständigt.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Sie heißen "speedbumps", und wenn wir uns jetzt auf der Straße befänden, würden wir von Bodenschwellen reden, die die Autos zum langsamen Fahren zwingen. Doch jetzt müssen auch alle in der EU verkauften Zigaretten diese "speedbumps" haben - kleine Ringe mit nur einem Zweck: Man muss schon stetig am Glimmstängel ziehen, sonst geht er von allein aus.
Schon mal davon gehört? Kaum, ergibt eine Straßenumfrage. "Davon höre ich das erste Mal", sagt ein Passant, und ein anderer mutmaßt, es handele sich vielleicht um eine Brandschutzmaßnahme oder um "etwas für die Umwelt".
Brandgefährliche Gewohnheit
Brandschutz - das ist der zündende Gedanke. Er hat EU-Kommission und EuropaParlament auf den Plan gebracht. Die SPD-Abgeordnete Dagmar Roth-Berendt erklärt, es gebe "Hunderte von Todesfällen pro Jahr von Menschen, die einschlafen. Ihre Zigaretten glühen weiter und dann verbrennen sie entweder oder erleiden schwere Verletzungen. Oder sie gefährden auch andere Menschen, durch Gasexplosionen und andere Dinge."
Und dagegen wolle man etwas tun, so wie es andere Länder wie die USA bereits vorgemacht haben. Auf politischer Seite war man sich schnell einig, erste Versuche in Finnland verliefen vielversprechend und die Zigarettenindustrie konnte man ebenfalls ohne Probleme für die Idee gewinnen.
Kein Zug - keine Glut
Und so haben die Konzerne ihre Produktion umgestellt. Ralf Leinweber, Pressesprecher von British American Tobacco in Deutschland, sagt, von außen sei die Veränderung gar nicht zu sehen. Die Zigarette sehe genau so aus wie vorher und schmecke auch so. "Aber es sind eben zwei kleine Verstärkerringe drin, die dazu führen, dass wenn Sie die Zigarette irgendwo liegen lassen und nicht dran ziehen, sie irgendwann von selbst ausgeht."
Gefragt, ob dadurch die Zigaretten teurer werden, reagiert Leinweber zurückhaltend, sagt nur, dass das schon irgendwie in die Preisgestaltung einfließen wird. Der Branchenverband spricht von minimalen Zusatzkosten, die man aber nicht auf die Verbraucher umlegen wolle. Kosten für industriell gefertigte Zigaretten wohlgemerkt - die neue Vorschrift gilt nicht für Selbstgedrehte, Zigarillos oder Zigarren.
Dennoch: Die EU-Kommission erhofft sich durch die neue "Zigarette mit vermindertem Zündpotenzial" viel. Die Zahl der tödlichen Unfälle durch achtlos weggeworfene oder vergessene Zigaretten könnte demnach um 40 Prozent sinken.
Besser gar nicht rauchen
Grundsätzlich sei das ein guter Ansatz, sagt der FDP-Europaparlamentarier Holger Krahmer, aber für ihn bleibt ein Rest Skepsis. "Ich bin skeptisch, weil wir gerade im Umwelt- und Gesundheitsbereich oft versuchen, den totalen Sicherheitsglauben herbeiregulieren zu können. Ich glaube, das funktioniert am Ende nicht. Das Sicherste ist an dieser Stelle, wenn man nicht raucht!"
Ein Satz, den der für die neue Verordnung zuständige EU-Kommissar John Dalli unterschreiben kann. Schließlich sterben in Europa jedes Jahr rund eine halbe Million Menschen an den Folgen des Rauchens. Dalli will im nächsten Frühjahr eine strengere Tabakrichtlinie vorlegen, unter anderem würde er gern die Warnhinweise auf den Schachteln verpflichtend durch abschreckende Bilder ergänzen. Etwa von einer zerstörten, schwarz verklebten Lunge.