Deutsche Autobauer in Mexiko Wie VW, BMW & Co. auf die US-Wahl blicken
Der Ausgang der US-Wahl ist auch für deutsche Autobauer bedeutsam, denn sie produzieren viel und gern im Nachbarland Mexiko. Das ist vor allem dem Republikaner Trump ein Dorn im Auge.
"Ich möchte, dass deutsche Autofirmen zu amerikanischen Autofirmen werden. Ich möchte, dass sie ihre Werke hier bauen." Das sagte Donald Trump vor wenigen Wochen bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat Georgia. Er drohte mit massiven Strafzöllen, und die einzige Möglichkeit, diese Abgaben zu vermeiden, bestehe darin, dass ein Autohersteller die Autos in den USA baue. Eine Drohung, die deutsche Autobauer in Mexiko die bevorstehende US-Wahl durchaus mit Anspannung erwarten lässt.
Mexiko ist der wichtigste Investitionsstandort der deutschen Wirtschaft in Lateinamerika. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl Zahl der hier ansässigen deutschen Unternehmen sogar verdoppelt, inzwischen sind es rund 2.100. Unter anderem haben auch die großen deutschen Autobauer Werke in Mexiko: VW, BMW, Mercedes - und Audi: Das Unternehmen kündigte erst kürzliche neue Investitionen im Bereich der Elektromobilität an.
Fertigungsrekord für deutsche Autobauer
Mexiko sei attraktiv für deutsche Firmen, betont auch der Geschäftsführer der deutsch-mexikanischen Industrie- und Handelskammer, Johannes Hauser. "Insbesondere mit dem Fokus auf den Export in die Partnerländer, mit denen Mexiko Freihandelsabkommen abgeschlossen hat über die letzten Jahrzehnte", erläutert er. Vor allem das Abkommen mit den Vereinigten Staaten und Kanada sei von Relevanz. "Mexiko teilt 3.200 Kilometer Grenze mit den USA. 80 Prozent der gesamten Exporte Mexikos gehen in die USA."
Die deutschen Hersteller haben in ihren dortigen Werken im vergangenen Jahr 716.000 Pkw produziert und damit einen Rekord aufgestellt, wie ein Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie im Interview mit der "Welt" jüngst erklärte. Neben den großen Herstellern haben sich in Mexiko auch Hunderte Zulieferer etabliert. Für die Fertigung der Autos gehen einzelne Komponenten teils mehrmals über die Grenze, bis ein Fahrzeug in den USA oder Mexiko vom Band läuft.
Das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko (T-MEC) macht es möglich: ein Abkommen, das Trump während seiner ersten Amtszeit als Präsident sogar selbst ausgehandelt hat. Trumps Vision einer Reindustrialisierung der USA könnte, wenn sie umgesetzt wird, bedrohlich für deutsche Autobauer werden, die eigentlich keinen Grund zum Klagen hatten. Anders als in Deutschland war in Mexiko von Stellenabbau keine Rede.
Umsiedlung in die USA alles andere als einfach
Doch ganz so ernst müsse man Trumps Drohungen nicht nehmen, meint Hauser. Zum einen würde etwa die Erhebung von höheren US-Einfuhrzöllen für Fahrzeuge aus Mexiko einen Bruch des Freihandelsabkommens bedeuten, abgesehen davon würde die Inflation steigen. Und selbst wenn ein Unternehmen gewillt wäre, sich in den USA niederzulassen, so wie es Trump vorschwebt, könnte die Personalfrage ein Problem werden: Genau wie in Deutschland gebe es in den USA einen massiven Facharbeitermangel.
"Wir stellen heute schon fest, dass hier im Land ansässige deutsche Unternehmen ihren Schwesterfirmen in den USA Personal ausleihen müssen, um da Lücken zu füllen", so Hauser. "Das zeigt ja, bis zu welchem Punkt das an Dramatik gewonnen hat in den USA."
Unabhängigkeit der Justiz in Gefahr?
Doch es sind nicht nur die US-Wahlen, die einen neuen Unsicherheitsfaktor für deutsche Unternehmen bergen. In Mexiko hat der frühere Präsident Andrés Manuel López Obrador kurz vor Ende seiner Amtszeit noch eine umstrittene Justizreform durchgepeitscht. Das hatte auf den Finanzmärkten für einige Unruhe gesorgt. Unter seiner Nachfolgerin Claudia Sheinbaum wird sie im nächsten Jahr aller Voraussicht in Kraft treten.
"Für ein deutsches Unternehmen und auch alle anderen, die bereits in Mexiko tätig sind, bedeutet dies, dass es bei rechtlichen Zweifeln nun möglicherweise einer anderen Prüfung und einem anderen Verfahren unterzogen werden muss als bisher", erläutert der mexikanische Wirtschaftsanalyst José Roberto Solano von der Finanzgruppe Monex.
"Selbst bezüglich der Richter, die nach einem anderen System ausgewählt würden, besteht Sorge, ob ihre Entscheidungen ausgewogen sein werden", so Solano weiter. Denn: In Zukunft sollen die Richter vom mexikanischen Volk gewählt werden. Die Unabhängigkeit der Justiz - und damit auch die Rechtssicherheit für ausländische Investoren - sei in Gefahr, befürchten viele Beobachter.
"America First" wird wohl bleiben
Am 5. November wird in den USA gewählt. Kamala Harris oder Donald Trump: Am Ende würden beide Kandidaten eine Herausforderung für den internationalen Markt, sagt der mexikanische Wirtschaftsanalyst. "Mit Kamala Harris würde es möglicherweise eine größere Handelskooperation geben und das Thema der ausländische Direktinvestitionen einfacher vorankommen", so Solano. Allerdings räume Harris in ihrer Agenda Fragen der Sicherheit Priorität ein und des Umfelds, in dem sich das Land in Bezug auf den Handel befindet.
"Ich glaube, mit Harris wäre es etwas einfacher, aber es gibt auch einige Herausforderungen", prognostiziert der Experte. Auch der aktuelle Präsident Joe Biden hat am Ende den Protektionismus von Trump fortgesetzt und auf "America First" gesetzt. Das würde bei beiden Kandidaten wohl ebenfalls das Motto bleiben.