Stahlcoils in einem Stahlwerk von Thyssenkrupp.
faq

Handelsstreit Wie wirken sich Trumps Zölle auf Europa aus?

Stand: 12.03.2025 19:00 Uhr

Die von US-Präsident Trump angekündigten Strafzölle auf Stahl- und Aluminium sind in Kraft getreten. Wie groß ist die Gefahr für Europas Wirtschaft? Sind Jobs gefährdet? Welche Produkte könnten teuer werden? Fragen und Antworten.

Seit wann gelten die Zölle?

Um 5.01 Uhr deutscher Zeit am Mittwoch ließ US-Präsident Donald Trump neue Zölle in Höhe von 25 Prozent auf die Einfuhr von Stahl und Aluminium-Produkten in die USA in Kraft treten.

Wie reagierte die EU?

Bereits rund eine Stunde später kündigte die EU Gegenmaßnahmen an. Vom 1. April an werden demnach wieder EU-Extrazölle auf die Einfuhr amerikanischer Produkte wie Bourbon-Whiskey, Videospielkonsolen, Boote und Erdnussbutter fällig. Der Zollsatz soll zum Teil bei 50 Prozent liegen - zum Beispiel für Motorräder, wie sie der bekannte Hersteller Harley-Davidson in den USA baut.

Die Pläne der Europäischen Kommission sehen zudem vor, ab Mitte April in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten noch zahlreiche weitere Importe mit Gegenzöllen zu belegen. Sie sollen Unternehmen treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch, bestimmte Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und Gemüse in die EU verkaufen. Zudem soll es auch EU-Extrazölle auf weitere Industrieprodukte wie Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und Holzprodukte geben. Der Zollsatz könnte bei 25 Prozent liegen.

Was bedeutet der Zollstreit für Wirtschaft und Jobs?

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht erhebliche Gefahren. Konkret prognostiziert sie steigende Preise, Probleme in Lieferketten und das Risiko von Jobverlusten. "Zölle sind Steuern. Sie sind schlecht für Unternehmen und noch schlechter für die Verbraucherinnen und Verbraucher", sagt sie.

Einige Ökonomen teilen diese Sicht. Die entstehende Unsicherheit wirke sich negativ auf die Investitionen von Unternehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen aus, analysiert Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). "Das dürfte auch Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks gefährden."

Trumps konkrete Zölle würden sich allerdings kaum auf die europäische Wirtschaft auswirken, schätzt das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Stahl- und Aluminiumprodukte umfassten nur etwa fünf Prozent aller EU-Exporte, und nur ein kleiner Anteil davon ginge in die USA. Für das Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union würde das nur einen Rückgang um 0,02 Prozent bedeuten, so das IfW.

Welche Produkte könnten teurer werden?

Grundsätzlich alle, die von den Zöllen betroffen sind. "Wie viel teurer hängt etwa davon ab, wie hoch die Nachfrage danach ist oder ob man die Produkte leicht ersetzen kann, durch gleichwertige Produkte aus Europa", erklärte Ökonomin Sultan.

Bei Jeans hält der Modeverband Deutschland die Auswirkungen zum Beispiel für überschaubar. Auf dem Markt hierzulande spielten Produkte, die direkt aus den USA kommen, keine große Rolle, sagt eine Sprecherin. Die wichtigsten Herstellerländer seien China, Bangladesch und die Türkei. Der Einfuhrwert für Jeans aus den USA nach Deutschland lag 2024 laut Statistischem Bundesamt nur bei gut drei Millionen Euro - das entspricht gerade einmal 0,1 Prozent aller Jeans-Importe.

Ist das der Beginn eines großen Handelskriegs?

Das hängt wohl vor allem von Donald Trump ab. Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank in Liechtenstein, sieht die Gefahr einer Eskalationsspirale. Im Gegensatz zum Handelskonflikt zwischen EU und USA in Trumps erster Amtszeit könnten die US-Strafmaßnahmen nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Zöllen sein. "Ein globaler Handelskrieg nimmt also langsam Fahrt auf", sagt er. Trump hat bereits angekündigt, auch auf Autos und andere Waren aus der EU neue Zölle verhängen zu wollen.

Als Folge von erhöhten US-Zöllen gegen China könnten zudem Waren aus Fernost verstärkt nach Europa strömen, sagt Rolf Langhammer, Ökonom am IfW. "Zu befürchten ist ein Negativsummenspiel, bei dem alle verlieren."

Wie geht es jetzt weiter?

Von der Leyen betont, die EU sei verhandlungsbereit. "Wir sind fest davon überzeugt, dass es in einer Welt voller geo-ökonomischer und politischer Unsicherheiten nicht in unserem gemeinsamen Interesse liegt, unsere Volkswirtschaften mit solchen Zöllen zu belasten", sagt sie.

Was könnte die EU Trump anbieten?

Nach Einschätzung der EU-Kommission könnten die Europäische Union und Trump etwa einen neuen Deal zum Ausbau amerikanischer Exporte von Flüssiggas (LNG) schließen. "Wir bekommen immer noch viel LNG aus Russland, warum also nicht stattdessen amerikanisches LNG einsetzen, das günstiger für uns ist und unsere Energiepreise senkt", sagte von der Leyen bereits nach einem Telefonat mit Trump im November.

Zudem wäre es möglich, mehr Militärtechnik und Agrargüter aus den USA zu importieren und die Importzölle für US-Autos zu senken. Diese lagen zuletzt mit zehn Prozent deutlich über dem US-Zollsatz in Höhe von 2,5 Prozent.

Was sind die Druckmittel der EU?

Die Extra-Zölle der EU könnten manche US-Unternehmen empfindlich treffen. Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 Sonderzölle auf die Einfuhr von Stahl- und Aluminiumprodukten eingeführt und dies "mit Interessen der nationalen Sicherheit" begründet. Die EU reagierte damals schon mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey und Motorräder - und Hersteller wie Harley-Davidson beklagten negative Auswirkungen.

Man versuche, die USA dort zu treffen, wo es weh tue, sagte ein EU-Beamter in Brüssel. Das bedeute, dass man eine Liste von Produkten habe, die einen hohen ikonischen und symbolischen Wert besitzen. Um möglichst großen politischen Druck aufzubauen, werden zudem Produkte ins Visier genommen, die aus der Heimat von einflussreichen Parteifreunden Trumps kommen. So soll es etwa neue EU-Zölle auf Sojabohnen geben, die unter anderem in Louisiana, der Heimat von Repräsentantenhaus-Sprecher Mike Johnson, produziert werden.

Wie reagieren weitere Staaten auf die neuen Zölle?

Kanada kündigte seinerseits weitere Einfuhrzölle auf US-Produkte an. Ab Donnerstag würden auf US-Güter im Wert von 29,8 Milliarden kanadischer Dollar (umgerechnet rund 18 Milliarden Euro) 25-prozentige Zölle gelten, sagte der kanadische Finanzminister Dominic LeBlanc vor Journalisten. Betroffen seien insbesondere Computer, Sportgeräte sowie Erzeugnisse aus Gusseisen. Trump hatte am Dienstag angekündigt, die Zölle von 25 Prozent gegen Kanada auf 50 Prozent zu verdoppeln. Nur Stunden später nahm er diese Verdoppelung dann aber wieder zurück.

Andere Staaten reagierten verhaltener: Großbritanniens Premierminister Keir Starmer sei "enttäuscht" - er hatte noch darauf gehofft, dass sein Land von Trumps Zöllen ausgenommen werde. Die Verhandlungen für ein Wirtschaftsabkommen mit den USA sollen nun aber fortgesetzt und zunächst keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, wie Handelsminister Jonathan Reynolds sagte.

Auch Japan und Australien hatten noch auf Ausnahmen gehofft und verzichten zunächst auf einen Gegenschlag. Brasilien erklärte, das Land habe nicht die Absicht, in einen Handelskrieg mit den USA einzutreten. Das südamerikanische Land gehört neben Mexiko und vor allem Kanada zu den wichtigsten Stahl-Lieferanten für die USA.

Deutlicher reagierte das chinesische Außenministerium: Man werde "alle nötigen Maßnahmen" ergreifen, um die eigenen Interessen zu schützen. Das Vorgehen der USA verstoße "gegen die Regeln der Welthandelsorganisation". Die Volksrepublik ist zwar der größte Stahlproduzent der Welt, die USA sind als Absatzmarkt für sie jedoch weniger wichtig. Importe aus China in die USA belegte Trump jüngst mit 20 Prozent Zöllen. Die Regierung in Peking reagierte mit Gegenzöllen, gibt sich gleichzeitig aber auch gesprächsbereit.

Mit Material von dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 12. März 2025 um 19:00 Uhr.