Biden und der Klimaschutz Werden die USA jetzt wirklich grün?
Es war das dritte Dekret, das US-Präsident Biden kurz nach seiner Amtseinführung unterzeichnete: der Wiedereintritt ins Pariser Klimaschutzabkommen. Kann Biden die damit verbundenen Versprechen einlösen?
Für die Europäer ist es ein magischer Satz, mit dem sie große Hoffnungen verbinden. "Wir bringen Amerika zurück, zurück ins Pariser Klimaschutzabkommen", hatte US-Präsident Joe Biden im Wahlkampf immer wieder versprochen. Die USA sollten die Welt im Kampf gegen den Klimawandel anführen, sagte Biden.
Symbolisch vollzog der Präsident die versprochene Wende diese Woche: Die USA werden wieder ein Partner beim internationalen Abkommen für den Klimaschutz. Biden stoppte außerdem den Bau einer Öl-Pipeline quer durchs Land, von Kanada an den Golf von Mexiko. Und seine Beraterin Gina McCarthy kündigte an, der neue Präsident werden mehr als 100 Entscheidungen seines Vorgängers Donald Trump zurückzunehmen.
So hatte die US-Umweltbehörde EPA vor zwei Wochen noch entschieden, Ölraffinerien, Stahlhütten und Mülldeponien in den USA von künftigen Grenzwerten für den Ausstoß von Kohlendioxid auszunehmen. Eine Verordnung, die Energiekonzernen Zugang zu weiteren 2000 Quadratkilometern in einem Naturschutzgebiet im Nordosten von Alaska gewährt, hat schon Biden kassiert.
Beispiel Fracking: Ja oder Nein?
Aber von jetzt an wird es kompliziert. Schon im Wahlkampf hatte der damals amtierende Präsident Trump seinem Herausforderer Biden vorgeworfen, mit der Umweltpolitik Arbeitsplätze zu gefährden. Im letzten Fernsehduell ging es zum Beispiel ums Fracking, eine Technik, bei der mit Hilfe von Druck, Wasser und Chemikalien Öl und Gas aus Schiefergestein gewaschen werden können und Methan entweicht.
Biden sei gegen Fracking, warnte Trump. Erst als Biden nach Pennsylvania gefahren sei - eine Region, in der diese Technik für viele Arbeitsplätze sorgt -, sei er umgeschwenkt. Und Biden gab zurück, er befürworte lediglich ein Verbot auf Gebieten, die der Regierung in Washington gehören.
Diese Einschränkung war ein Bruch mit der Forderung vieler US-Demokraten nach einem absoluten Stopp der Fracking-Technik. Die Umweltschützerin Cynthia Sarthou in Louisiana klagte damals, dass Republikaner und Demokraten zu wenig über Umweltveränderungen sprechen.
"Sie glauben nicht, dass sie eine Wahl mit dem Thema Klimawandel gewinnen können", so Sarthou. Und genau das sei Teil des Problems: "Wenn die Öffentlichkeit Politikern harte Fragen stellt und es zum Thema macht, würde mehr darüber gesprochen werden."
Die Amerikaner haben derzeit andere Sorgen als Klimaschutz
Doch das Gegenteil ist der Fall: Als drängendste Probleme empfinden Amerikaner gegenwärtig die Wirtschaftskrise mit Millionen Arbeitslosen und die hohe Zahl an Corona-Infektionen, die das Leben lähmt. In der Situation bleibe Biden kaum Spielraum für neue Auflagen, Beschränkungen und Regeln in der Umweltpolitik, sagt die Ökonomin Mary Lovely vom Peterson Institut in Washington D.C..
"Umweltauflagen zu streichen, findet Unterstützung in der Bevölkerung", sagt sie. "Das heißt: Alles, was Biden international voranbringen will - ob das Pariser Klimaschutzabkommen oder Handelsverträge -, wird umstritten sein."
Der neue US-Präsident spricht deshalb von einer vierfachen Krise und es scheint, als versuche er, alles zu kombinieren: den Kampf gegen Arbeitslosigkeit mit Investitionen in die Infrastruktur, für mehr soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz.
"Wir werden erreichen, dass Energie ab 2035 ohne Ausstoß von CO2 produziert wird. Kein künftiger Präsident kann das zurückdrehen", kündigte er an. Der Umbau der Energiewirtschaft werde der größte Motor für Jobs und Wettbewerbsfähigkeit im 21. Jahrhundert sein, so Biden, und fügte hinzu: "Zusätzlich zu den Vorteilen für unsere Gesundheit und die Umwelt. Wir müssen uns an die Arbeit machen."
Wird der Kampf fürs Klima zum Kampf der Kulturen?
Aber mit Dekreten kann Biden diese Versprechen nicht halten. Ihr ursprüngliches Ziel von Paris, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2025 mehr als ein Viertel unter den Wert von 2005 zu drücken, verfehlen die USA nach jetzigem Stand. Für eine echte Wende muss der Staat investieren.
Um zwei Billionen für neue Infrastruktur auszugeben, braucht Biden die Zustimmung im Kongress. Kann der 78-Jährige dafür die Republikaner gewinnen? Oder muss er sich auf seine hauchdünne Mehrheit im Senat verlassen? Wird Klimaschutz am Ende zum nächsten Kulturkampf um den "American Way of Life"?
Der Umweltminister von Kalifornien, Jared Blumenfeld, fand in einem Podcast in der vergangenen Woche sehr deutliche Worte. Derzeit sei es so, als wisse jeder, dass ein Asteroid auf die Erde trifft, aber man baue Schutzräume aus Pappe: "Und irgendwann fragt einer: 'Können wir stärkere Pappen verwenden?' - Nein! Wir brauchen tatsächlich ein echtes Verteidigungssystem", warnt Blumenfeld. "Das wird teuer, braucht viele Leute, ein Versuch mit vereinten Kräften."
Anfang Februar will Biden erklären, was Washington für neue Infrastruktur ausgeben soll. Dann wird deutlicher, welche Rolle der Klimaschutz tatsächlich spielt - und mit welchen Vorschlägen die USA zum Pariser Klimaschutzabkommen zurückkehren.