Zahlreiche Pappbecher stecken in einem Mülleimer.
FAQ

Recyclingregister LUCID Keiner soll sich drücken

Stand: 06.09.2018 17:37 Uhr

Die Deutschen sind Europameister in Sachen Verpackungsmüll. Und auch beim Recycling drücken sich zu viele Unternehmen. Ein neues Register soll das ändern.

Von Eckart Aretz, tagesschau.de

Noch ein Register - was hat es mit LUCID auf sich?

Das neue Verpackungsregister LUCID ist Teil des Verpackungsgesetzes, das am 1. Januar 2019 in Kraft tritt. Es verpflichtet diejenigen, die Verpackungen herstellen oder in Verkehr bringen, sich zu registrieren und anzugeben, welche Mengen von Verpackung sie herstellen oder in Verkehr bringen. Für diese Mengen müssen sie dann Lizenzgebühren an eines der Dualen Systeme zahlen, die das Recyceln von Verpackungen in Deutschland organisieren. Das übergeordnete Ziel der Bundesregierung: "Wir müssen weniger Plastik in den Verkehr bringen", so Bundesumweltministerin Svenja Schulze im ARD-Morgenmagazin. Und das Plastik, das doch in den Verkehr komme, müsse recycelbar sein und wiederverwertet werden.

Aber gab es eine solche Vorschrift nicht schon vorher?

Strenggenommen ja - nur hat dies nicht im gewünschten Maße funktioniert. Vereinfacht ausgedrückt: Zu viele Unternehmen haben zwar Verpackungen hergestellt und in den Verkehr gebracht, aber sich nicht an den Kosten des Recyclings beteiligt. Bei den Wertstoffverpackungen sei es ein Drittel der Unternehmen gewesen, beim Papier sogar jedes zweite, sagt Gunda Rachut von der Zentralen Stelle, die ab dem kommenden Jahr das Recycling kontrollieren soll. Das neue Register gilt deshalb nicht für mehr Unternehmen, Händler und Vertreiber, sondern ausdrücklich für alle, für die schon die Verpackungsverordnung galt.

Das Register soll also dafür sorgen, dass sich keiner mehr drückt?

Darauf läuft es hinaus. Jeder Verbraucher, aber vor allem jedes Unternehmen, kann nun nachlesen, welcher Hersteller - und Konkurrent - welche Menge angegeben hat. Die Beteiligten formulieren das aber unterschiedlich. So weist die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie darauf hin, dass das Gesetz für eine "faire Kostentragung durch die Beteiligten" sorge und "Wettbewerbsverzerrungen" entgegenwirke. Umweltministerin Schulze sagte im ARD-Morgenmagazin, jeder, der Plastik produziere, solle "einfach mehr dafür bezahlen". Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) verweist auf die "Transparenz", die das Register schaffe. Und diese Klarheit sei "eine sehr gute Nachricht" für "alle Unternehmen, die sich bereits bisher rechtskonform verhalten haben", hebt die Zentrale Stelle hervor. Darauf spielt auch der Name des Registers an - er geht auf das lateinische Wort lucidus zurück, das im Deutschen mit lichtvoll oder hell übersetzt wird.

Was geschieht denn, wenn ein Unternehmen sich nicht registriert?

Das kann teuer werden. Pro Fall drohen dann Bußgelder in Höhe von bis zu 200.00 Euro und ein Vertriebsverbot für alle Verpackungen. Die Zentrale Stelle baut sogar darauf, dass Herstellern und Händlern "mit Auslistung bei den Wiederverkäufern ihrer Waren rechnen" müssen - sprich: dass die entsprechenden Produkte aus dem Programm fliegen.

Und wer überprüft das?

Hier kommen die Bundesländer ins Spiel. Wenn die Zentrale Stelle feststellt, dass jemand seinen Pflichten nicht nachkommt, informiert es "transparent aufbereitet" die Vollzugsbehörden der Länder. Die müssen dann handeln.

Erfahrungsgemäß tragen die Kosten die Verbraucher. Wird es also teurer?

Das ist zunächst nicht zu erwarten. Bislang kostet das Recyclingsystem jeden Verbraucher rund 12,50 Euro im Jahr, rechnet Gunda Rachut von der Zentralen Stelle vor und sagt voraus, Änderungen seien "nicht im merklichen Bereich" zu erwarten. Benjamin Bongardt vom NABU hält sogar sinkende Kosten für möglich - schließlich würden durch mehr Beteiligte die Kosten der Recyclingunternehmen sinken. Allerdings weist er auch darauf hin, dass es bis 2005 ein Monopol beim Grünen Punkt gab. Seither herrsche Wettbewerb im Dualen System - und die von den daran beteiligten Unternehmen erhobenen Lizenzgebühren hätten sich halbiert. Das sei aber bei den Verbrauchern nicht angekommen.

Gibt es keine Schlupflöcher oder Mängel mehr?

Das beurteilen die Beteiligten unterschiedlich. Monika Larch von der Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie empfiehlt, nun erst einmal abzuwarten, wie sich das neue System etabliert. NABU-Vertreter Bongardt sagt, das Register mache zwar die Herstellungsmenge öffentlich, schaffe aber offenbar keine Transparenz bei der jeweiligen Entsorgungsmenge. Zwar könnten die Unternehmen des Dualen Systems entsprechende Informationen zu einzelnen Herstellern oder Vertreibern veröffentlichen, sie müssten aber dazu vom Umweltbundesamt und der Zentralen Stelle ermächtigt werden. In der Vergangenheit sei das aber verhindert worden. Begründung: Dies falle in den Bereich des Geschäftsgeheimnisses, weil entsprechende Daten Rückschlüsse auf die Preisgestaltung zuließen. Dritte könnten also nicht nachvollziehen, wie "wirklichkeitskonform" die Meldungen seien. Ein Stück Intransparenz bleibe also. Grundsätzlich würdigt aber auch der NABU das Register als ein "hoffentlich sehr wirksames Instrument".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 06. September 2018 u.a. um 12:00 Uhr und 17:00 Uhr.