Steuer auf Verpackungen Städte wehren sich gegen Einwegmüll
Müll durch Einwegverpackungen ist ein Problem für viele Kommunen. Tübingen hat als erste Stadt eine Verpackungssteuer eingeführt. Nachdem ein Gericht die Rechtmäßigkeit bestätigt hat, könnten andere Städte folgen.
Einwegverpackungen machen mehr als 40 Prozent des Straßenmülls aus. Laut dem Verband kommunaler Unternehmen kostet die Entsorgung von Verpackungen und Zigarettenkippen jedes Jahr mehr als 700 Millionen Euro. Das sind riesige Summen, aber vor allem riesige Müllberge, die dadurch entstehen. David Fischer aus Düsseldorf hat nun eine Petition gestartet, dass seine Heimatstadt auch eine Verpackungssteuer einführt. Mehr als 1.200 Unterschriften sind bislang zusammengekommen.
Dass diese Steuer umsetzbar ist, hat Tübingen bewiesen. Dort werden seit Anfang 2022 je 50 Cent für Einweggeschirr und Einwegverpackungen sowie 20 Cent für Einwegbesteck fällig, höchstens aber 1,50 Euro pro "Einzelmahlzeit". Zahlen müssen die Verkäufer der Speisen und Getränke, das sind nach Angaben der Stadt rund 440 Betriebe in Tübingen.
Betriebe schwenken auf Mehrweggeschirr um
Inzwischen zieht die Stadt eine positive Bilanz. "Die Steuerungswirkung der Verpackungssteuer zeigt sich für uns vor allem an der deutlich gestiegenen Zahl der Betriebe in Tübingen, die jetzt Mehrweggeschirr anbieten", sagt die Sprecherin der Stadt, Claudia Salden.
Zahlen zum veränderten Aufkommen von Verpackungsmüll gebe es aber nicht, so Salden, da diese nicht separat erfasst würden. Die Beschäftigten der kommunalen Servicebetriebe, die die Mülleimer leeren, berichteten aber von "sichtbar weniger Verpackungsmüll aus Einwegverpackungen in und um die Mülleimer".
Fast-Food-Konzern hatte Klage eingereicht
Die Durchsetzung der Steuer war nicht einfach. Die Betreiberin einer McDonald's Filiale in Tübingen hatte - unterstützt von dem Fast-Food-Konzern - gegen die kommunale Verpackungssteuersatzung geklagt. In der Vorinstanz beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hatte sich McDonald's noch durchgesetzt. Gegen dieses Urteil hatte Tübingen Revision eingelegt. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte im Mai die Rechtmäßigkeit der Steuer bestätigt.
David Fischer hat das motiviert, die Petition in Düsseldorf zu starten. "Noch ist die Verpackungssteuer in Tübingen einmalig in Deutschland. Doch das Bundesverwaltungsgericht hat nun auch für alle anderen Städte und Gemeinden den Weg frei gemacht: Die lokale Verpackungssteuer ist rechtmäßig. Wir appellieren darum eindringlich an die Stadt Düsseldorf, gegen die Wegwerfkultur einzutreten und dem Tübinger Modell nachzufolgen!", heißt es in dem Text zur Petition.
Bamberg, Nürnberg und München könnten nachziehen
Die Deutsche Umwelthilfe begrüßt diesen Schritt. Sie selbst habe nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eine Aktion gestartet und Bürger und Bürgerinnen dazu aufgefordert, Anträge bei Kommunen und Städten zu stellen und dem Tübinger Beispiel zu folgen. Bislang seien mehr als 2.100 Anträge für eine kommunale Einweg-Verpackungssteuer bei Städten und Gemeinden eingereicht, berichtet der Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer. "Die meisten Einreichungen gab es in Berlin, Köln und München", so Fischer.
Laut Deutscher Umwelthilfe werden in Deutschland jährlich 5,8 Milliarden Einweggetränkebecher und 4,3 Milliarden Einwegessensboxen verbraucht. "In Relation zur Bevölkerung hat Tübingen die meisten mehrwegnutzenden Gastronomiebetriebe Deutschlands", bilanziert Fischer.
Mehrere Städte erwägen nun, die Verpackungssteuer einzuführen. In Bamberg soll laut zweitem Bürgermeister Jonas Glüsenkamp bis Ende des Jahres Klarheit herrschen, wie die Verpackungssteuer umgesetzt werden kann. Er hatte sich sogar bereits mit Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer getroffen, um über die dortige Umsetzung zu sprechen. Auch Nürnberg überlegt die Einführung einer Verpackungssteuer. Und mit München ist auch eine Millionenstadt für solch eine Steuer offen. Nach Einschätzung der Stadtkämmerei sei eine Einführung rechtlich möglich, teilte eine Sprecherin mit.
Umwelthilfe fordert nationale Lösung
Die Deutsche Umwelthilfe fordert, dass es eine bundesweite Lösung brauche. Es könne keine Dauerlösung werden, dass Kommunen über nationale Vorgaben hinausgehen müssen, weil diese zu schwach sind: "Um die Müllflut überall einzudämmen, brauchen wir eine flächendeckende Regelung zur Verteuerung von Einweg-Verpackungen für Getränke und Speisen. Konkret fordern wir eine bundesweite Einweg-Abgabe auf to-go-Verpackungen von mindestens 20 Cent", sagt Fischer.
Claudia Salden von der Tübinger Stadtverwaltung berichtet von einem bislang positivem Feedback auf ihre Verpackungssteuer: "Das Ziel der Müllvermeidung wird von vielen Tübingerinnen und Tübingern geteilt." Im Stadtbild sehe man immer mehr Personen, die in der Mittagspause mit der eigenen oder einer Box eines Mehrweganbieters unterwegs seien.
Zur genauen Höhe der Einnahmen durch die Steuer könne man erst nach der ersten Steuerveranlagung etwas sagen. "Nach einer ersten groben Schätzung gehen wir von einem höheren sechsstelligen Betrag aus", so Salden. Die Einnahmen sollen, neben der Finanzierung für die Beseitigung des Mülls im öffentlichen Raum, für weitere Umweltschutzmaßnahmen rund um das Thema Müll verwendet werden.