Rückversicherer erhöhen Preise Inflation und Klimawandel verteuern Versicherungen
Versicherungen dürften erneut teurer werden. Neben der Inflation sind auch die gestiegenen Kosten durch Naturkatastrophen wesentliche Preistreiber. Ein Bereich ist besonders stark betroffen.
Versicherer und Makler müssen sich bei den Vertragsverhandlungen mit den Rückversicherern erneut auf die Forderung nach höheren Preisen einstellen. Die Branche trifft sich von Sonntag an in Baden-Baden, um die Erneuerungsrunde für Deutschland und Europa einzuläuten. Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re will bei den anstehenden Preisverhandlungen mit den Erstversicherern die Inflation als "wesentlichen Faktor" berücksichtigen, wie das Unternehmen mitteilte. Ein zweiter Preistreiber sind demnach Naturkatastrophen.
"Damit wir unsere Rolle als Risikoträger nachhaltig erfüllen können, arbeiten wir mit unseren Kunden daran, Preise und Bedingungen an das sich verändernde Risikoumfeld anzupassen", sagte Münchener-Rück-Vorstandsmitglied Clarisse Kopff heute: "Wir haben immer noch Appetit" - aber nur wenn die Preise stimmten.
Es werde keine pauschalen Erhöhungen geben, die Inflation und die Häufung schwerer Unwetter auch in Europa müssten sich aber in den Preisen niederschlagen. Verstärkt in den Blick rücken zudem Unruhen wie im Juli in Frankreich, die nach Schätzung der Münchener Rück einen wirtschaftlichen Schaden von 1,1 Milliarden Euro angerichtet hatten.
Mehrbedarf von fünf Milliarden Euro
Ähnlich wie der weltgrößte Rückversicherer äußerte sich auch die Nummer zwei der Branche, Swiss Re. Die Schweizer veranschlagen die Inflation in der Eurozone im kommenden Jahr auf 2,6 Prozent, die Münchener Rück sogar auf drei Prozent. Die Nachfrage nach Rückversicherungsschutz steige angesichts der zunehmenden und schwereren Naturkatastrophen, aber auch drohender sozialer Unruhen und wachsender Cyberangriffe.
Swiss Re erwartet allein für Europa, Afrika und den Nahen Osten 2024 einen Mehrbedarf von vier bis fünf Milliarden Euro für Naturkatastrophen-Deckungen, davon eine Milliarde in Deutschland. Münchener-Rück-Managerin Kopff verwies auf "eine beispiellose Serie von Naturkatastrophen-Einzelschäden über der Milliardengrenze" in Europa in diesem Jahr - vom Erdbeben in der Türkei bis zu den Überschwemmungen in Italien. Der Trend sei aber beherrschbar.
Kfz-Versicherungen belasten
Für die gesamte Versicherungsbranche unerfreulich ist die Inflation in der Kfz-Versicherung. Nach einer im Sommer veröffentlichten Schätzung des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft werden die Ausgaben der Unternehmen für Verwaltung, Vertrieb, Autoreparaturen und sonstige Schäden in diesem Jahr voraussichtlich etwa 2,5 Milliarden Euro höher sein als die Einnahmen.
Neben der allgemeinen Inflation müssten Erst- und Rückversicherer auch "segmentspezifische Inflationsfaktoren" wie höhere Preise für Ersatzteile berücksichtigen, deutete die Munich Re die zu erwartenden Preissteigerungen an.
Cyberkrieg ist nicht versicherbar
Da die Welle der Hackerangriffe nicht abebbt, rechnet die Munich Re zudem mit weiterem raschen Wachstum im Geschäft mit Cyberversicherungen. "Wir schätzen den europäischen Cybermarkt auf ein Volumen von 2,3 Milliarden US-Dollar für 2022. Bis 2027 erwarten wir ein Marktvolumen von rund 8 Milliarden", sagte Deutschland-Chefin Claudia Hasse.
"Nach unserer Einschätzung sind die meisten Risiken versicherbar", betonte Hasse. Doch übergroße - beziehungsweise unbezahlbare - Risiken will der Münchner Konzern dabei nicht eingehen: "Nicht versicherbar sind der Ausfall kritischer Infrastruktur, beispielsweise ein Ausfall des Internets, und Cyberkrieg."
Versicherer für Versicherungen
In Baden-Baden treffen am Sonntag Rückversicherer, Erstversicherer und Makler der Branche zusammen, um die Konditionen für das kommenden Jahr auszuhandeln. Erstversicherer wie die Allianz oder Generali schließen ihrerseits Versicherungen ab, um für unerwartet hohe Schäden gewappnet zu sein. Dieses Geschäft übernehmen die Munich Re und andere Rückversicherer.
Preiserhöhungen im Rückversicherungsgeschäft bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher also nicht direkt zu spüren, doch sind die Erstversicherer naturgemäß bestrebt, höhere Kosten an die Kunden weiterzugeben.