Eine Lok der Deutschen Bahn DB steht im Hauptbahnhof Hannover und spiegelt sich in einem Waggon mit dem DB Logo.
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"Wellenstreiks" der GDL Was auf Bahnkunden jetzt zukommt

Stand: 07.03.2024 15:50 Uhr

Sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr läuft der nächste Streik der Lokführer. Der 35-Stunden-Ausstand ist Auftakt einer neuen "Wellenstreik"-Strategie der GDL. Was kommt jetzt auf Kunden der Deutschen Bahn zu?

Es ist der fünfte Arbeitskampf der GDL im aktuellen Tarifkonflikt - und es soll nur der Anfang sein: Die Lokführergewerkschaft will in der Folge zu sogenannten "Wellenstreiks" aufrufen, die gestaffelt und unangekündigt stattfinden sollen. Für Bahnkunden und den Konzern selbst bedeutet das kaum Planungssicherheit, da sich Notfahrpläne so schnell nur sehr schlecht aufsetzen lassen.

Wie lange wird aktuell noch gestreikt

Im Personenverkehr hat der Ausstand in der Nacht auf Donnerstag um 2.00 Uhr begonnen und soll laut GDL-Chef Claus Weselsky am Freitag um 13.00 Uhr enden. Im Güterverkehr der Bahn begann der Streik bereits am Mittwoch um 18.00 Uhr und soll ebenfalls exakt 35 Stunden andauern - bis Freitag um 5.00 Uhr.

Danach sind weitere Arbeitsniederlegungen in den derzeitigen Verhandlungen aber nicht vom Tisch - im Gegenteil. Künftig will die GDL sogar sogenannte "Wellenstreiks" starten, betonte Weselsky. Ob es etwa auch an Ostern zu Ausständen kommt, ließ er offen.

Wie stark sind die Einschränkungen und wie läuft der Notfahrplan?

Nach Darstellung der Deutschen Bahn hat der Streik "massive Auswirkungen" auf den Betrieb. "Unser Fahrplan, unser Grundangebot an Zügen ist heute Morgen wie geplant angelaufen", sagte Bahnsprecher Achim Stauß. Der Konzern hat wie schon bei den vorigen Streiks einen stark eingeschränkten Fahrplan aufgestellt. Rund jeder fünfte Fernzug ist unterwegs.

Die Fahrgäste der Bahn waren wie bei vorigen Streiks vorbereitet. "Wie hier am Berliner Hauptbahnhof ist heute nicht viel los an den Bahnhöfen", sagte der Sprecher.

Wo können sich Reisende informieren?

Auf der Internetseite der Bahn heißt es: "Während des Streiks bietet die DB ein Grundangebot im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr an." Das Angebot sei über die Fahrplanauskunft auf www.bahn.de und im DB Navigator abrufbar oder unter der Streikhotline unter der Rufnummer 0800-99 66 33 zu erfragen.

Die Bahn bietet unter der Nummer 030/2970 auch eine telefonische Reiseauskunft an. Die DB bittet die Reisenden, sich 24 Stunden vor Fahrtantritt zu informieren, ob ihre Verbindung verfügbar ist.

Wann normalisiert sich der Verkehr wieder?

Der eingeschränkte Fahrplan werde aber den ganzen Freitag über gelten, hieß es. Erst am Samstag beabsichtigt die Bahn, wieder mit dem vollständigen Zugangebot unterwegs zu sein. 

Es sei für das Wochenende deshalb von einem starken Nachholbedarf auszugehen. "Die Intercity- und ICE-Züge der DB werden dann recht voll sein." Bahnsprecher Stauß empfahl Platzreservierungen insbesondere für Samstag.

Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die GDL den Streik nicht spontan verlängere. Denkbar wäre ein solcher Schritt, weil GDL-Chef Weselsky erklärt hatte, auf Ankündigungen mit mehrtägigem Vorlauf künftig zu verzichten und deutlich kurzfristiger zu Arbeitskämpfen aufzurufen.

Welche Auswirkungen hat die "Wellenstreik"-Stategie?

"Wellenstreiks" bedeuten: viele kürzere und teils spontane Arbeitsniederlegungen hintereinander. "Wir haben nicht mehr vor, einzelne Streiks anzukündigen", erklärte Weselsky Anfang der Woche. Damit sei "die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr". Bisher hatte die GDL ihre Streiks immer mit 48 Stunden Vorlauf angekündigt.

Inzwischen machte Weselsky allerdings eine Einschränkung. Im Interview mit den tagesthemen erklärte er, weitere Streiks würden sehr wohl angekündigt werden - allerdings nicht mehr wie bisher 48 Stunden vorher, sondern deutlich kurzfristiger.

Fahrgäste könnte diese neue Strategie vor dem Antritt ihrer Reise dennoch kalt erwischen. Denn das Vorgehen könnte verhindern, dass die Bahn vor Streikbeginn Notfallfahrpläne erstellen kann. Weder die Länge, noch der Beginn der bundesweiten "Wellenstreiks" werde bekannt sein, so Weselsky. Notfallpläne würden "sehr wahrscheinlich so nicht zu fahren sein".

Dürfen Reisende einen anderen Zug nehmen?

Ja. "Alle Fahrgäste, die bis einschließlich 04.03.2024 ein Ticket für eine Reise im Zeitraum vom 07.03.2024 bis 08.03.2024 gekauft haben und diese aufgrund des GDL-Streiks verschieben möchten, können ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen", heißt es von der Bahn. Die Zugbindung sei damit aufgehoben.

Man kann also mit einem beliebigen anderen Zug zum geplanten Ziel reisen, auch wenn die Strecke eine andere als die ursprünglich gebuchte ist. Das gilt auch für Fahrten aus dem Ausland nach Deutschland und andersherum. Sitzplatzreservierungen, die nicht mehr benötigt werden, können bei der DB-Verkaufsstelle kostenfrei storniert werden. Außerdem weist die Bahn auf ein Kulanzangebot hin: Wer die Möglichkeit hat, seine Reise vorzuverlegen, kann ab sofort fahren.

Welche Alternativen gibt es zur Reise mit der DB?

Privatbahnen wie FlixTrain werden von der GDL nicht bestreikt und können von Reisenden weiterhin genutzt werden. Eine mögliche Alternative sind Busverbindungen. Auf das Flugzeug auszuweichen, wird diese Woche wegen der angekündigten Streiks bei der Lufthansa schwierig.

Können Reisende ihr Ticket vor der Fahrt zurückgeben?

Es gelten die tariflichen/gesetzlichen Fahrgastrechte, sodass auch eine Ticketerstattung unter den entsprechenden Voraussetzungen möglich ist. Wer vom Bahnstreik betroffen ist und seine Reise nicht verschieben kann oder will, kann also bereits gebuchte Tickets und Sitzplatzreservierungen kostenfrei stornieren und sich den gesamten Reisepreis erstatten lassen. Das geht im DB-Reisezentrum.

Für Tickets aus dem Internet gibt es online ein Antragsformular, das man über sein Kundenkonto oder über die Bahn-App aufrufen kann. Außerdem ist auch die Antragstellung per Post über das Fahrgastrechteformular möglich.

Der Ticketpreis wird zu 100 Prozent erstattet, wenn die Fahrt ausfällt oder Bahnreisende wegen des Streiks mindestens 60 Minuten verspätet am Zielbahnhof ankommen würden und die Fahrt deshalb erst gar nicht antreten.

Zahlt die Bahn bei Verspätungen?

Ja. Auch während des Streiks gelten bei Verspätungen die allgemeinen Fahrgastrechte. Die sehen vor: Ab 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof bekommen Bahnkunden einen Teil des gezahlten Fahrpreises zurück: 25 Prozent des Ticketpreises für die einfache Fahrt. Ab einer Verspätung von 120 Minuten gibt es 50 Prozent.

Kunden können wählen, ob sie sich die Verspätungsentschädigung als Gutschein oder in Geld auszahlen lassen. Ein entsprechendes Antragsformular gibt es im Reisezentrum oder im Internet. 

Entschädigt die Bahn auch Reisende mit Deutschlandticket?

Auch Reisende, die ein Deutschlandticket oder andere Zeitfahrkarten haben, bekommen bei Verspätungen ab 60 Minuten eine Entschädigung. Diese ist pauschal festgelegt: Bei Zeitkarten im Fernverkehr beträgt sie in der zweiten Klasse fünf Euro, in der ersten Klasse 7,50 Euro. Bei der Bahncard 100 sind es zehn Euro in der zweiten und 15 Euro in der ersten Klasse. Bei Länder-Tickets oder Quer-Durchs-Land-Tickets liegt die Entschädigung bei 1,50 Euro für die zweite Klasse, 2,25 Euro für ein Ticket erster Klasse. 1,50 Euro gibt es auch bei Fahrten mit dem Deutschlandticket.

Allerdings: Es werden erst Beträge ab vier Euro ausgezahlt. Deshalb kann es sein, dass Kunden mehrere Verspätungen "sammeln" müssen, bis sie diese Grenze überschritten haben.  

Zahlt die Bahn ein Taxi oder Hotelzimmer?

In zwei Situationen stellt die Bahn ihren Passagieren ausnahmsweise andere Verkehrsmittel wie Taxis zur Verfügung: Wenn die planmäßige Ankunftszeit zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens liegt und die erwartete Verspätung am Zielbahnhof bei mindestens 60 Minuten; oder wenn die letzte fahrplanmäßige Verbindung des Tages ausfällt und der Zielbahnhof ohne Taxi nicht mehr bis 24 Uhr erreicht werden kann.

Macht die Bahn das nicht - zum Beispiel tief in der Nacht -, dürfen Kunden auf eigene Faust ins Taxi steigen und können dann die Kosten von der Bahn verlangen. Der Höchstbetrag sind 120 Euro.

Ist wegen eines Zugausfalls oder einer Verspätung die Weiterfahrt am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar, muss die Bahn ihren Kunden entweder eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellen oder später "angemessene Übernachtungskosten" ersetzen. Passagiere müssen vorrangig die Übernachtungsangebote der Bahn in Anspruch nehmen, bevor sie sich selbst ein Hotel suchen.  

Was gilt für Verspätungen am Arbeitsplatz?

Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin trägt das sogenannte Wegerisiko. Beschäftigte müssen also alles Zumutbare unternehmen, um pünktlich zur Arbeit zu kommen. Das kann etwa eine Fahrt mit einem Auto sein statt mit der Bahn. Verspätungen, die - wie üblicherweise ein Streik - voraussehbar sind, muss der Arbeitnehmer einplanen. Man muss zum Beispiel früher losfahren oder mehr Zeit für einen Umweg einplanen.

Kommt man trotzdem zu spät, kann das arbeitsrechtlich Konsequenzen haben. Es gibt aber auch Grenzen: Nicht zumutbar ist es zum Beispiel, den Arbeitsweg schon einen Tag vorher anzutreten und in einem Hotel zu übernachten. Man muss auch keine Fahrtkosten für ein Taxi bezahlen, die völlig außer Verhältnis zum Gehalt stehen.  

Haben Arbeitnehmer Anspruch auf Homeoffice?

Ist der Weg zur Arbeit wegen Streiks oder auch Demos besonders erschwert, kann es sinnvoll sein, von zu Hause aus zu arbeiten. Einen "Anspruch auf Homeoffice" gibt es allerdings nicht. Die Arbeit im Homeoffice setzt das Einverständnis des Arbeitgebers voraus.

Umgekehrt kann der Arbeitgeber aber auch nicht einseitig festlegen, dass seine Leute von zu Hause arbeiten müssen. Homeoffice ist also nur im beiderseitigen Einvernehmen möglich. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Urlaub zu nehmen oder Überstunden abzubauen. Hier lohnt es sich, im Gespräch mit dem Arbeitgeber nach geeigneten Lösungen zu suchen. 

Mit Informationen von Finn Hohenschwert und Michael Nordhardt, ARD-Rechtsredaktion

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 23. Januar 2024 um 18:00 Uhr.