Neuer Bahnstreik Was Reisende und Pendler beachten sollten
Einer der längsten Bahnstreiks betrifft seit dem frühen Morgen auch den Personenverkehr. Wie viele Züge fahren noch, welche Regeln gelten für Tickets - und welche Alternativen gibt es zum Zug? Was DB-Kunden wissen müssen.
Sechs Tage lang sollen weite Teile des Zugverkehr lahmgelegt sein, nachdem am Dienstag der nächste Ausstand der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) begonnen hat - zunächst bei den Güterzügen, seit dem frühen Morgen auch im Personenverkehr. Während Experten den gesamtwirtschaftlichen Schaden auf bis zu eine Milliarde Euro beziffern, sind auch die Folgen im Alltag gravierend. Was DB-Kunden und Reisende innerhalb Deutschlands dazu wissen müssen - eine Übersicht.
Wann genau wird gestreikt?
Der Ausstand hat am Dienstag um 18 Uhr im Güterverkehr begonnen. Im Personenverkehr der Bahn wird seit 2 Uhr früh gestreikt. Manche Züge fielen schon vorher aus, weil die Fahrt nicht auf freier Strecke enden sollte. Angesetzt ist der Streik bis zum kommenden Montag um 18 Uhr.
Wie stark sind die Einschränkungen im Schienenverkehr?
Laut DB-Konzern wird der neue Ausstand, der wohl einer der längsten und teuersten Bahnstreiks in der deutschen Nachkriegsgeschichte ist, zu "massiven Beeinträchtigungen" führen - und zwar im Fernverkehr ebenso wie in den Regionalzügen und S-Bahnen der Deutschen Bahn. In den kommenden Tagen werde es "nur ein sehr begrenztes Zugangebot" geben, warnt die DB.
Was fährt noch - trotz Streik?
In den Tagen des Streiks gilt ein Notfahrplan. Auch will die Bahn längere Züge einsetzen, um die Folgen abzumildern. Während vorheriger Ausstände fuhr ungefähr jeder fünfte Fernzug der DB noch. Allerdings sind die Einschränkungen je nach Verbindung und Region unterschiedlich. Generell bittet die Deutsche Bahn ihre Fahrgäste darum, sich 24 Stunden vor Fahrtantritt über die Verbindung zu informieren.
Wo kann man sich informieren?
Detaillierte Informationen, welche Züge ausfallen, erhalten Reisende auf der Bahn-Internetseite www.bahn.de oder in der DB-App. Außerdem gibt es eine kostenfreie Telefon-Hotline der Bahn unter der Nummer 08000-996633. Allerdings weist der Konzern darauf hin, dass es vor allem in Stoßzeiten zu längeren Wartezeiten beim Anrufen kommen kann.
Welche Alternativen gibt es zur Bahnreise?
Privatbahnen wie FlixTrain werden von der GDL nicht bestreikt. Nach Angaben des DB-Konkurrenten vom Nachmittag sollen die grünen FlixTrains "wie gewohnt unterwegs sein". Auch seien in diesen Zügen, ebenso wie bei den FlixBussen, auf den meisten Strecken noch Tickets verfügbar.
Airlines wie die Lufthansa oder Eurowings bieten wegen des Bahn-Streiks zusätzliche Inlands-Verbindungen an, etwa zwischen Berlin und Düsseldorf - oder setzen größere Maschinen ein. Allerdings ist nach Angaben der Gesellschaften die Nachfrage nach den Tickets auch stark gestiegen. Wer einen Mietwagen buchen möchte als Alternative zum Zug, muss sich auf enorme Preissteigerungen einstellen. Internet-Vergleichsportalen zufolge verlangen Verleihfirmen für ein Mietauto während des Streiks teils das Doppelte, je nach Strecke.
Dürfen Reisende einen anderen Zug nehmen?
Ja. Alle Fahrgäste, die ihre für Mittwoch bis kommenden Montag geplante Reise aufgrund des Streiks der GDL verschieben möchten, können das tun. Sie dürfen ihre Tickets für diesen Zeitraum "zu einem späteren Zeitpunkt nutzen", schreibt die Bahn auf ihrer Homepage. Die Zugbindung ist aufgehoben.
Man kann also mit einem beliebigen anderen Zug zum geplanten Ziel weiterreisen, auch wenn die Strecke eine andere als die ursprüngliche ist. Das gilt auch für Fahrten aus dem Ausland nach Deutschland und andersherum. Sitzplatzreservierungen, die nicht mehr benötigt werden, können bei der DB-Verkaufsstelle kostenfrei storniert werden.
Außerdem weist die Bahn auf ein Kulanz-Angebot hin: Wer die Möglichkeit hat, seine Reise vorzuverlegen, kann heute fahren statt in den kommenden Tagen.
Können Reisende ihr Ticket vor der Fahrt zurückgeben?
Wer vom Bahnstreik betroffen ist und seine Reise nicht verschieben kann oder will, kann bereits gebuchte Tickets und Sitzplatzreservierungen kostenfrei stornieren und sich den gesamten Reisepreis erstatten lassen. Das geht im DB-Reisezentrum.
Für Tickets aus dem Internet gibt es online ein Antragsformular, das man über sein Kundenkonto im Online-Bereich der Bahn oder über die Bahn-App aufrufen kann. Daneben ist auch die Antragstellung per Post über das Fahrgastrechteformular möglich.
Der Ticketpreis wird zu 100 Prozent erstattet, wenn die Fahrt ausfällt oder Bahnreisende wegen des Streiks mindestens 60 Minuten verspätet am Zielbahnhof ankommen würden und die Fahrt deshalb erst gar nicht antreten.
Zahlt die Bahn bei Verspätungen?
Ja. Auch während des Streiks gelten bei Verspätungen die allgemeinen Fahrgastrechte. Die sehen vor: Ab 60 Minuten Verspätung am Zielbahnhof bekommen Bahnkunden einen Teil des gezahlten Fahrpreises zurück: 25 Prozent des Ticketpreises für die einfache Fahrt. Ab einer Verspätung von 120 Minuten gibt es 50 Prozent.
Kunden können wählen, ob sie sich die Verspätungs-Entschädigung als Gutschein oder in Geld auszahlen lassen. Ein entsprechendes Antragsformular gibt es im Reisezentrum oder im Internet.
Entschädigt die Bahn auch Reisende mit Deutschlandticket?
Auch Reisende, die ein Deutschlandticket oder andere Zeitfahrkarten haben, bekommen bei Verspätungen ab 60 Minuten eine Entschädigung. Diese ist pauschal festgelegt: Bei Zeitkarten im Fernverkehr beträgt sie in der zweiten Klasse fünf Euro, in der ersten Klasse 7,50 Euro. Bei der Bahncard 100 sind es zehn Euro in der zweiten und 15 Euro in der ersten Klasse. Bei Länder-Tickets oder Quer-Durchs-Land-Tickets liegt die Entschädigung bei 1,50 Euro für die zweite Klasse, 2,25 Euro für ein Ticket erster Klasse. 1,50 Euro gibt es auch bei Fahrten mit dem Deutschland-Ticket.
Allerdings: Es werden erst Beträge ab vier Euro ausgezahlt. Deshalb kann es sein, dass Kunden mehrere Verspätungen "sammeln" müssen, bis sie diese Grenze überschritten haben.
Zahlt die Bahn ein Taxi oder Hotelzimmer?
In zwei Situationen stellt die Bahn ihren Passagieren ausnahmsweise andere Verkehrsmittel wie Taxis zur Verfügung: Wenn die planmäßige Ankunftszeit zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens liegt und die erwartete Verspätung am Zielbahnhof bei mindestens 60 Minuten; oder wenn die letzte fahrplanmäßige Verbindung des Tages ausfällt und der Zielbahnhof ohne Taxi nicht mehr bis 24 Uhr erreicht werden kann.
Macht die Bahn das nicht - zum Beispiel tief in der Nacht -, dürfen Kunden auf eigene Faust ins Taxi steigen und können dann die Kosten von der Bahn verlangen. Der Höchstbetrag sind 120 Euro.
Ist wegen eines Zugausfalls oder einer Verspätung die Weiterfahrt am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar, muss die Bahn ihren Kunden entweder eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellen oder später "angemessene Übernachtungskosten" ersetzen. Passagiere müssen vorrangig die Übernachtungsangebote der Bahn in Anspruch nehmen, bevor sie sich selbst ein Hotel suchen.
Was gilt für Verspätungen am Arbeitsplatz?
Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin trägt das sogenannte Wegerisiko. Beschäftigte müssen also alles Zumutbare unternehmen, um pünktlich zur Arbeit zu kommen. Das kann etwa eine Fahrt mit einem Auto sein statt mit der Bahn. Verspätungen, die - wie ein Streik - voraussehbar sind, muss der Arbeitnehmer einplanen. Man muss zum Beispiel früher losfahren oder mehr Zeit für einen Umweg einplanen.
Kommt man trotzdem zu spät, kann das arbeitsrechtlich Konsequenzen haben. Es gibt aber auch Grenzen: Nicht zumutbar ist es zum Beispiel, den Arbeitsweg schon einen Tag vorher anzutreten und in einem Hotel zu übernachten. Man muss auch keine Fahrtkosten für ein Taxi bezahlen, die völlig außer Verhältnis zum Gehalt stehen.
Haben Arbeitnehmer Anspruch auf Homeoffice?
Ist der Weg zur Arbeit wegen Streiks oder Demos besonders erschwert, kann es sinnvoll sein, von zu Hause aus zu arbeiten. Einen "Anspruch auf Homeoffice" gibt es allerdings nicht. Die Arbeit im Homeoffice setzt das Einverständnis des Arbeitgebers voraus.
Umgekehrt kann der Arbeitgeber aber auch nicht einseitig festlegen, dass seine Leute von zu Hause arbeiten müssen. Homeoffice ist also nur im beiderseitigen Einvernehmen möglich. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Urlaub zu nehmen oder Überstunden abzubauen. Hier lohnt es sich, im Gespräch mit dem Arbeitgeber nach geeigneten Lösungen zu suchen.
Mit Informationen von Finn Hohenschwert und Michael Nordhardt, ARD-Rechtsredaktion.