Trotz Milliardenzuschüssen Strom-Netzentgelte steigen deutlich
Obwohl die Stromnetzbetreiber finanziell unterstützt werden, müssen Verbraucher für die Nutzung 2024 durchschnittlich elf Prozent mehr zahlen. Die Netzentgelte für Gas dagegen sinken - doch die Kosten steigen trotzdem.
Trotz Milliardenzuschüssen der Bundesregierung steigen die Netzentgelte für Strom im kommenden Jahr deutlich an. Vorläufigen Angaben der Netzbetreiber zufolge klettern sie im bundesweiten Durchschnitt um elf Prozent nach oben, wie das Vergleichsportal Check24 heute mitteilte. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5.000 Kilowattstunden erhöhen sich die Kosten für die Nutzung des Stromnetzes demnach im Schnitt von 425 auf 472 Euro im Jahr.
Größten Preissprünge im Süden
Die Bundesregierung hatte sich auf eine Verlängerung der staatlichen Subventionierung der Strompreise über die bundesweit einheitlichen Entgelte für die Übertragungsnetze geeinigt. Zur Verfügung stehen dafür 5,5 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Die vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und Transnet BW planen, ihre Entgelte dennoch um zwei Prozent anzuheben. Der Grund: Kostensteigerungen durch den Ausbau und die Stabilisierung des Netzes.
Die Netzentgelte setzen sich neben den Kosten für die Übertragungsnetze der vier großen Betreiber aus den Entgelten für Messungen und Messstellenbetrieb sowie aus den örtlich unterschiedlichen Gebühren für die Verteilnetze zusammen. Zusammengenommen machen sie knapp ein Viertel des Strompreises für Haushalte aus. Diese werden prozentual höher von den Netzentgelten belastet als die Industrie.
Laut Check24 dürfte es die größten Preissteigerungen zum Jahreswechsel im Süden geben. In Bayern ist den vorläufigen Angaben der Verteilnetzbetreiber zufolge mit einem Plus der Netzentgelte um 17 Prozent (66 Euro) zu rechnen. Damit zahlen die Haushalte künftig im Jahr durchschnittlich 451 Euro. Zuvor hatten nur die Menschen in Bremen weniger bezahlt (310 Euro). Auch dort steigen die Netzentgelte nun jedoch um 50 Euro (16 Prozent). Ebenfalls um 17 Prozent steigen die durchschnittlichen Kosten für die Nutzung des Stromnetzes in Nordrhein-Westfalen (69 Euro).
Besonders teuer in ost- und norddeutschen Bundesländern
Besonders hoch sind die Netzentgelte aber dort, wo in der jüngeren Vergangenheit viele Windkraft- und Solaranlagen entstanden sind. Denn mit den Erneuerbaren Energien musste mit viel Geld auch die Stromnetzinfrastruktur ausgebaut werden, was sich die Betreiber über höhere Entgelte finanzieren.
Betroffen sind vor allem die ost- und norddeutschen Bundesländer. Am meisten zahlen Verbraucherinnen und Verbraucher mit durchschnittlich 595 Euro künftig in Schleswig-Holstein - obwohl die Entgelte nur um zwei Prozent steigen. In Brandenburg (minus 27 Euro) und Mecklenburg-Vorpommern (minus zehn Euro) sinken sie zwar sogar. Dennoch liegen die Bundesländer auf Platz 2 und 3 der höchsten Netzentgelte. Ebenfalls mehr als 500 Euro pro Jahr müssen Menschen aus Hamburg zahlen.
Der Strompreis an der Börse ist zuletzt deutlich gesunken. Im vergangenen Monat wurden laut Check24 im Schnitt 86 Euro je Megawattstunde fällig - nach 152 Euro im Oktober 2022. Davon können auch die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren: Kunden von alternativen Anbietern zahlen dem Vergleichsportal zufolge derzeit 51 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Grundversorgung sei hingegen aktuell durchschnittlich 19 Prozent teurer. Daher könne sich ein Wechsel durchaus lohnen, schreiben die Experten.
Netzentgelte für Gas sinken
Beim Gas wird derweil ein leichter Rückgang der Netzentgelte erwartet. "Ein Grund dafür sind die vereinheitlichten Entgelte der Fernleitungsnetzbetreiber", erklärte Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie bei Check24. Zudem würden leicht sinkende Umlagen an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben. Ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gas zahlte demnach 2023 durchschnittlich 391 Euro für die Netznutzung. Im kommenden Jahr werden es demnach 385 Euro sein (minus sechs Euro).
Während die Netznutzungsentgelte in Baden-Württemberg und Sachsen unverändert bleiben, sinken sie in Hamburg von 406 Euro auf 320 Euro am stärksten. Das sind 21 Prozent geringere Kosten. Auch in Berlin sinken die Netzentgelte vergleichsweise stark: im Schnitt um 14 Prozent beziehungsweise 49 Euro.
Im Saarland steigen die Netzentgelte im kommenden Jahr entgegen dem Trend um sieben Prozent. Ein Musterhaushalt im Saarland zahlt 2024 im Schnitt 31 Euro mehr als 2023. Auch in Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gehen die Entgelte für das Gasnetz nach oben, aber vergleichsweise gering.
Nicht alle Haushalte profitieren
Allerdings müssen sich die Menschen dennoch auf insgesamt höhere Gaskosten einstellen. Denn zum einen hat die Bundesregierung beschlossen, ab Jahresbeginn die derzeit ermäßigte Mehrwertsteuer auf Erdgas wieder von sieben auf 19 Prozent heraufzusetzen. Zum anderen wird zeitgleich der CO2-Preis angehoben, der beim Tanken und auch Heizen zu bezahlen ist. Zwar plant die Ampel-Koalition im Gegenzug, die Preisbremsen für Strom und Gas bis April zu verlängern. Doch nach Check24-Berechnungen entlastet das die Menschen kaum.
So habe ein Musterhaushalt bei sieben Prozent Mehrwertsteuer und einer Preisbremse bis April Gaskosten von durchschnittlich 2.355 Euro im Jahr. Diese Kosten steigen danach aufgrund der Mehrwertsteuer von 19 Prozent auf 2.619 Euro jährlich. Das sind 264 Euro im Jahr. Abzüglich der Gaspreisbremse (minus 64 Euro) bleiben Mehrkosten von durchschnittlich 200 Euro im Vergleich zu den aktuellen Preisen.
"Von der Verlängerung der Energiepreisbremsen profitieren weiterhin vor allem Kundinnen und Kunden, die in den teuren Grundversorgungstarifen sind", so Suttner. Die Bremsen ließen sie in falscher Sicherheit wiegen, weil sie eigentlich deutlich günstigere Tarife beziehen könnten. Das Sparpotenzial für Gas bei einem Wechsel liege derzeit auf Rekordniveau.
Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion.