Veranstalter-Insolvenz Was FTI-Urlauber jetzt wissen müssen
Der Reisekonzern FTI ist insolvent - und das kurz vor den Sommerferien. Wie konnte es dazu kommen? Was bedeutet das für Urlauber, die bereits unterwegs sind? Und welche Rechte haben Kunden, deren Reise jetzt abgesagt wird?
Wo können sich Kunden von FTI informieren?
Die Insolvenz verunsichert Zehntausende Kunden und Kundinnen. Der Deutsche Reisesicherungsfonds (DRSF) soll teilweise einspringen. Für die Betroffenen wurde eine kostenfreie Hotline eingerichtet: 089/710 45 14 98.
Zudem gibt es weitere Informationen auf einer Internetseite des Konzerns; die Seite war aber zeitweise zusammengebrochen.
Was ist mit Urlaubern, die bereits unterwegs sind?
Das Auswärtige Amt hat einen Krisenstab einberufen, um notfalls zusammen mit dem Deutschen Reiseverband (DRV) und dem Deutschen Reisesicherungsfonds Urlaubern die Heimreise zu erleichtern, falls sie im Ausland in Schwierigkeiten geraten.
Gestrandete Urlauberinnen und Urlauber, die ihre Hotels verlassen müssen oder auf Flughäfen festsitzen, soll es diesmal nicht geben. Das soll der Reiseversicherungsfonds verhindern.
Der von der deutschen Touristikwirtschaft organisierte und vom Bundesjustizministerium beaufsichtigte Fonds war nach der Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook im September 2019 gegründet worden. Die Versicherung hatte damals wegen einer Haftungsbeschränkung nur einen Bruchteil der Kosten ersetzt, der Staat sprang mit Millionen ein.
Es gibt daher ein Versprechen, gemeinsam mit dem insolventen Veranstalter zumindest für alle Pauschalreisenden eine Lösung zu finden. Auch Individualreisende, die jetzt unterwegs sind, will FTI nicht unversorgt lassen: "Wir prüfen derzeit, ob sie die gebuchten Leistungen dennoch in Anspruch nehmen können und werden uns in Kürze bei ihnen melden", so der Konzern.
Was ist mit gebuchten Pauschalreisen?
Pauschalreisen der Veranstalter FTI, 5vorFlug oder BigXtra mit Abflugdatum von Montag, 3. bis Mittwoch, 5. Juni sind abgesagt. FTI ist nach eigenen Angaben gesetzlich gezwungen, diese Leistungen zu stornieren. Eine Entschädigung für den bereits bezahlten Urlaub soll durch den DFRS erfolgen.
Bei Pauschalreise mit Abreise ab Donnerstag, 6. Juni, bemüht sich FTI "nach Kräften", die Reisen wie geplant zu ermöglichen. Ist das nicht möglich, soll auch in diesen Fällen der Absicherungsschutz durch den DFRS erfolgen.
Dieser Fonds ist gesetzlich aber ausschließlich für Pauschalreisen zuständig. Reine Hotelbuchungen sind als Einzelleistung nicht durch den Fonds abgesichert.
Wo liegt der Unterschied zwischen Pauschalreise und Einzelbuchung?
Eine Pauschalreise besteht mindestens aus einem Flug und einer Unterkunft, die im Paket gemeinsam gebucht werden, zum Teil auch mit weiteren Extras wie etwa Leihwagen. Wenn Übernachtung, Flug, Leihwagen und weitere Bausteine einzeln gebucht werden, ist der Reisesicherungsfonds nicht zuständig.
FTI versucht laut Mitteilung auch hier Lösungen zu finden, will das aber nicht versprechen. Angetretene Reisen sollen möglichst wie geplant zu Ende gebracht werden. Notwendig ist aber eine Nachfrage bei der Hotline, sofern FTI sich nicht selbst bei den Betroffenen meldet.
Lassen sich Reisen umbuchen?
Nach einer Stornierung durch FTI ist es nicht möglich, die Reise auf einen anderen Veranstalter umzubuchen. Für die meisten Betroffenen heißt das konkret: Sie müssen den bei FTI gebuchten Urlaub noch einmal bei einem anderen Anbieter buchen und bezahlen und auf eine finanzielle Entschädigung durch den Reisesicherungsfonds hoffen.
Bei FTI selbst sind diese Fragen noch weitgehend offen. Am Nachmittag berief das Amtsgericht München den Rechtsanwalt Axel Bierbach zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Er muss sich nun auch um diese Fragen kümmern.
Welche anderen Reisemarken sind noch betroffen?
Generell betroffen sind Leistungen, die bei den Marken FTI, 5vorFlug, BigXtra sowie bei den Mietfahrzeugs-Marken DriveFTI und Cars and Camper gebucht wurden. Gut stehen die Chancen, wenn zwar bei FTI gebucht wurde, der eigentliche Veranstalter aber ein anderer Anbieter ist, zum Beispiel TUI oder DER Touristik.
In diesen Fällen ist FTI nur als Vermittler aufgetreten.
Warum ist FTI in die Insolvenz gerutscht?
Die FTI Group mit etwa 11.000 Beschäftigten war in der Corona-Pandemie in Bedrängnis geraten. Das Unternehmen musste mit Staatsgeldern gestützt werden und erhielt insgesamt 595 Millionen Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Davon hat FTI laut Medienberichten bisher nur eine mittlere zweistellige Millionensumme zurückgezahlt.
Zuletzt wollte ein Konsortium unter Führung des US-Finanzinvestor Certares die FTI Group für einen Euro übernehmen und 125 Millionen Euro frisches Kapital in das Unternehmen stecken. Die Wettbewerbshüter mussten dem Deal allerdings noch zustimmen, damit die Übernahme wirksam werden kann.
Dieser Zeitraum wurde FTI offenbar zum Verhängnis. Trotz der geplanten Übernahme hätten viele verunsicherte Hotels FTI zunächst keine Kapazitäten anbieten wollen, hieß es in Branchenkreisen. Dadurch schrumpfte das Angebot des nach TUI und DER Touristik drittgrößten europäischen Reisekonzerns, und das Unternehmen nahm weniger Geld ein als erhofft.
Hinzu kam, dass zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestanden haben, wie es hieß. "In der Folge kam es zu einem erhöhten Liquiditätsbedarf, welcher bis zum Closing des Investorenprozesses nicht mehr überbrückt werden konnte", teilte FTI weiter mit. Dem Handelsblatt zufolge soll sich bei FTI kurzfristig eine Deckungslücke in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages aufgetan haben.
Ist FTI ein Einzelfall oder typisch für die Reisebranche?
Die Lage bei FTI ist sicher nicht vergleichbar mit dem börsennotierten Großkonzern TUI oder mit der von DER Touristik, hinter der der finanzstarke REWE-Konzern steht. Außerdem hat die Reisebranche sich von den Folgen der Corona-Pandemie inzwischen gut erholt und schreibt schwarze Zahlen.
Insofern mag die besondere Situation bei dem Münchener Veranstalter als Sonderfall gelten, den man nicht auf die Gesamtbranche übertragen kann.
Warum gibt es keine weitere Staatshilfe?
Die Bundesregierung lehnt neue staatliche Hilfen für den Reisekonzern ab.
Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, es gebe haushalterische, rechtliche und wirtschaftliche Gründe, weswegen keine weiteren Hilfen über die "sehr vielen großen Hilfen" hinaus erfolgt seien.