Lebensmittel-Inflation Warum die Butter so teuer ist wie nie zuvor
Die Inflation ist auf den tiefsten Stand seit über drei Jahren gefallen. Butter aber wird fast schon zum Luxusgut. Die hohen Preise haben gleich mehrere Gründe - und Folgen jenseits des Kühlregals.
Während die Inflation insgesamt zurückgeht, haben die Butterpreise ein Rekordniveau erreicht: Ein 250-Gramm-Päckchen Butter kostet in Supermärkten und Discountern ab 2,39 Euro. Das sind zehn Cent mehr als der bisherige Höchstpreis, der im August 2023 erreicht wurde.
Zu wenig Rahm
Hans Jürgen Seufferlein vom Verband Milcherzeuger Bayerns erklärt einen der Gründe: ein niedrigerer Fettgehalt in der Milch.
Grundsätzlich schwanke der Fettgehalt in der Milch je nach Saison. Dass aber schon seit Februar der Fettgehalt stetig unter dem Normalwert bleibe, sei "atypisch", so Seufferlein. Der Verband beobachte eine Verminderung des Fettgehalts zwischen 0,01 und 0,04 Prozent - bundesweit. "Wenn man das summiert, dann ist das sehr viel", erklärt Seufferlein.
Je weniger Fett die Milch hat, desto mehr Milch wird für die gleiche Menge an Butter benötigt, und die Preise steigen.
Eine Börse für die Butter
Aber nicht nur die Qualität beeinflusst den Preis, den die Verbraucher für die Butter zahlen, sondern auch Angebot und Nachfrage - und sogar weltpolitische Ereignisse.
Das sind alles Faktoren, die für die sogenannte Butter- und Käsebörse wichtig sind. Die gibt es zweimal in Deutschland, eine ist in Kempten im Allgäu. Seit 100 Jahren handelt eine Kommission aus Vertretern von Verkäufern und Einkäufern jeden Mittwoch eine Preisspanne aus. Innerhalb dieser wird die Butter von der Molkerei an den Großhandel verkauft.
"Die Preise dienen dann als Orientierung für alle Marktteilnehmer", sagt Börsen-Geschäftsführer Clemens Rück und betont: "Die Börse macht keine Preise, sie stellt sie fest."
Butterpreise im Handel gut vergleichbar
Den genauen Preis im Kühlregal legt der Handel fest. Aber Verbraucher sind sehr sensibel, denn die Butter nimmt im Handel eine besondere Rolle ein. Fast immer sind 250 Gramm in der Verpackung - das schafft Vergleichbarkeit für jeden Käufer. Bei anderen Produkten ist das schwieriger.
Handelsexpertinnen- und Experten wie Eva Stüber vom Institut für Handelsforschung in Köln bezeichnen die Butter deshalb auch als sogenannten "Eckpreisartikel". Wie kaum ein anderes Lebensmittel sei die Butter ein Indikator für ein allgemeines Preisgefühl. "Ist sie teuer, dann werden oft auch andere Angebote als teuer wahrgenommen", so Stüber.
Andere Lebensmittelpreise sinken
Dabei hat es einige Preissenkungen anderer Lebensmittel gegeben: Rapsöl ist im Vergleich zum Vorjahr um 6,4 Prozent günstiger geworden, Mehl um 8,8 Prozent, Nudeln verbilligten sich um 3,2 Prozent. Nicht zuletzt deswegen sinkt die Inflationsrate. Aktuell liegt sie bei 1,6 Prozent.
Butter ist in gut einem Jahr fast 40 Prozent teurer geworden, fällt aber statistisch kaum ins Gewicht. Es macht nur 0,18 Prozent im Warenkorb zur Inflations-Berechnung aus. Doch die gefühlte Inflation wird weiter steigen. Denn Entspannung ist bei den Butterpreisen nicht in Sicht.
Immer weniger Milchkühe
Neben dem geringen Fettgehalt in der Milch gibt es für die hohen Preise noch einen weiteren Grund, weiß Hans Jürgen Seufferlein: der Rückgang der Produktion. Viele Betriebe hätten die Milchviehhaltung aufgegeben. Die Zahl der Milchkühe und Milchviehbetriebe in Deutschland ist seit Jahren rückläufig.
Jedes Jahr verliere Deutschland vier Prozent der Betriebe, sagt Seufferlein. Landwirte müssten heute viel investieren, um den Tierwohlansprüchen gerecht zu werden. So ein Kuhplatz koste 18.000 bis 20.000 Euro, und das können viele finanziell nicht stemmen.
Viele Landwirte satteln um
Auch Landwirt Georg Rott hat sich gegen eine solche Investition entschieden. Über sechs Generationen standen auf seinem Hof im niederbayrischen Untergriesbach bei Passau rund 50 Kühe. Doch die Arbeit mit den Tieren wurde finanziell immer schwieriger: Wegen der hohen Auflagen beim Tierwohl hätte er einen größeren Laufstall bauen müssen - für 1,2 Millionen Euro.
Er zog die Reißleine. Zusammen mit seiner Nichte Veronika Bauer, die den Hof weiterführen möchte, sattelte er auf Pferde um. Beide sind froh, jetzt ihre eigenen Preise machen zu können und nicht länger von den schwankenden Milchpreisen abhängig zu sein. Kein Einzelfall: Deutschlandweit sank die Zahl der Milchkühe um knapp 100.000 im Vergleich zum Vorjahr.
Was wird aus dem Weihnachtsgebäck?
Doch gerade jetzt wird besonders viel Butter gebraucht: Weihnachten rückt näher. Sascha Brey von der hessischen Bäckerei Schaan ist für den Einkauf der Rohstoffe zuständig. Vor allem der Stollen und die Butterplätzchen bereiten ihm Kopfzerbrechen.
Preissteigerungen von bis zu 25 Prozent seien unvermeidlich, so Brey. Und klar ist für seinen Betrieb auch: Das Angebot wird in diesem Jahr kleiner ausfallen.