Medienberichte Twitter löst offenbar Kontrollgremium auf
Twitter hat Medienberichten zufolge ein beratendes Kontrollgremium aufgelöst. Die 100 Mitglieder hatten seit 2016 bei Themen wie Hassrede, Ausbeutung von Kindern sowie Selbstmord und Selbstverletzung ihre Expertise eingebracht.
Der US-Kurznachrichtendienst Twitter hat nach seiner Übernahme durch Tesla-Gründer Elon Musk ein wichtiges Kontrollgremium aufgelöst. Das berichten die Nachrichtenagentur AP sowie das "Wall Street Journal". Der "Trust and Safety Council", also der Rat für Vertrauen und Sicherheit, wurde per Mail über seine Auflösung in Kenntnis gesetzt. Er war 2016 gegründet worden, um Twitter unabhängig bei Themen wie Hassrede, Ausbeutung von Kindern, Selbstmord und Selbstverletzung sowie anderen problematischen Themen im Netzwerk zu beraten. Bei Twitter sei man laut einer internen Mail nun aber zu dem Schluss gekommen, der Rat sei "nicht die beste Struktur", um Einblicke von außen zu erhalten.
Einer der Vorwürfe vom neuen Twitter-Inhaber Musk an den Rat war, dass er zu wenig gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern unternommen habe. Allerdings war ein Mitglied des Twitter-Kontrollrates das Nationale Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder. Dieses Gremium wurde vom US-Kongress explizit geschaffen, um gegen die Ausbeutung von Minderjährigen vorzugehen.
Nur beratende Funktion
Insgesamt 100 Mitglieder umfasste der Rat. Sie alle waren ehrenamtlich und freiwillig dort tätig, um die Plattform zu verbessern. Entscheidungsgewalt hatten der Rat und seine Mitglieder aber nicht, betont auch das ehemalige Mitglied des Gremiums, Alex Holmes. Der Rat "war eine Gruppe von Freiwilligen, die über viele Jahre ihre Zeit gegeben haben", um ihre Ratschläge anzubieten. "Zu keiner Zeit war es ein Leitungsgremium oder hatte Entscheidungsgewalt."
Auch andere ehemalige Mitglieder des Rates üben Kritik an Musk. Laut ihnen sind "Sicherheit und Wohlergehen von Twitter-Nutzerinnen und Nutzern entgegen der Behauptungen von Elon Musk auf dem absteigenden Ast". Die ehemalige Twitter-Angestellte und Mitbegründerin des Rates, Patricia Cartes, sieht Musk als beratungsresistent. "Er schert sich nicht so sehr darum, was Expertinnen und Experten denken."
Twitter und Musk kommen nicht aus den Schlagzeilen
Die Auflösung des Gremiums reiht sich ein in eine Zeit der Unruhe beim Kurznachrichtendienst. Nachdem Tech-Milliardär Elon Musk das Unternehmen nach viel hin und her Ende Oktober für 44 Milliarden US-Dollar (41,7 Milliarden Euro) gekauft hat, stand zwischenzeitlich sogar eine Pleite des Dienstes im Raum. Denn viele Werbekunden waren von Musks Verhalten verunsichert, die Einnahmen brachen ein. Massenentlassungen und viel Wirbel um ein unausgereiftes Abo-Modell waren nur zwei der Folgen.
Hinter den Kulissen möchte Musk "den Vogel befreien". Also die, seiner Auffassung nach, eingeschränkte Rede- und Meinungsfreiheit auf dem Portal stärken. Wie der nun aufgelöste beratende Trust and Safety Council ersetzt wird, lässt Twitter unterdessen offen. In der - ebenfalls nur mit "Twitter" signierten - internen Mail ist lediglich die Rede davon, dass "unsere Arbeit, Twitter zu einem sicheren, informativen Ort zu machen" schneller und aggressiver vorangetrieben werde, als jemals zuvor. Auf der Informationsseite des Trust and Safety Council bei Twitter stand am Morgen nach der Auflösung nur lapidar: "Hier gibt´s nichts zu sehen."