GDL und Bahn starten Tarifrunde Kommen jetzt harte Wochen für Reisende?
Heute hat die erste Gesprächsrunde zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführer-Gewerkschaft GDL begonnen. Reisenden könnten unangenehme Wochen bevorstehen, denn schon jetzt zeichnet sich ein harter Tarifkonflikt ab.
Es soll Claus Weselskys letzter Streich sein als Chef der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Nächstes Jahr will sich der 64-jährige gebürtige Dresdner und gelernte Lokführer nicht zur Wiederwahl stellen. Seit 2008 prägen Weselsky und seine markigen Megafon-Rufe die Tarifauseinandersetzungen mit der Deutschen Bahn.
Auch die diesjährigen Tarifverhandlungen versprechen schwierig zu werden. Schon im Vorfeld kündigte Weselsky harte Bandagen an - selbst in den Weihnachtswochen könne die Arbeit niedergelegt werden, so der GDL-Chef. Die Schuld für das schlechte Timing weist Weselsky von sich. Die Deutsche Bahn und namentlich Personalchef Martin Seiler hätten die Verhandlungen verschleppt.
Noch längst keine Annäherung in Sicht
Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Außerdem verlangt sie eine Senkung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden ohne Lohnabzug.
Die GDL will zudem ihren Einfluss bei der Bahn ausweiten und erstmals auch für die Beschäftigten der Infrastruktursparte verhandeln. Dort hat die Gewerkschaft bislang keine Tarifverträge. Sie vertritt im Wesentlichen Zugpersonal und Beschäftigte der Fahrzeuginstandhaltung.
Bahn-Personalvorstand Seiler hält die Forderungen der Gewerkschaft für "unerfüllbar", denn "wenn wir die Forderungen der GDL erfüllen würden, würden unsere Personalkosten um über 50 Prozent steigen und das ist durch nichts, aber auch gar nichts zu rechtfertigen."
Keine Schlichtung direkt zu Verhandlungsbeginn
Insbesondere die Forderung der Gewerkschaft nach einer Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich sei "nicht realisierbar", sagte der Bahn-Personalvorstand: "Wenn wir das vollumfänglich umsetzen würden, müssten wir im Schichtdienst rund 10.000 Mitarbeiter zusätzlich einstellen." Das sei bei dem angespannten Arbeitsmarkt nicht vorstellbar.
Will den Einfluss seiner Gewerkschaft ausweiten: GDL-Chef Claus Weselsky
Für Weselsky hingegen wäre das ein Grund, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären, sagte er in der "Berliner Morgenpost". Bahn-Personalchef Seiler bot deshalb im Vorfeld der ersten Verhandlungsrunde an, einen Schlichter hinzuziehen - und nicht erst nach Wochen frustrierender Verhandlungen.
Die GDL lehnte das ab. Zwar stand die GDL Schlichtungsverfahren in der Vergangenheit stets offen gegenüber; allerdings gab es ein solches Format noch nie von Beginn an. "Wenn ein Schlichter von vornherein reingezogen wird, nimmt sich der Verhandlungsführer selbst aus dem Rennen", so Weselsky gegenüber der "Südwest Presse".
GDL-Warnstreiks auch bei privaten Verkehrsunternehmen
Auch das Verkehrsunternehmen Transdev wurde zuletzt in Teilen von Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bremen und Sachsen von der GDL bestreikt. Nach Angaben der Gewerkschaft bot die Arbeitgeberseite eine Lohnerhöhung von elf Prozent an über eine Laufzeit von zwei Jahren. Die Gewerkschaft verlangt jedoch 555 Euro mehr Geld bei einer Laufzeit von einem Jahr sowie eine Absenkung der Wochenarbeitszeit.
Bei dem erst Ende August erreichten Tarifvertrag mit der Gewerkschaft EVG einigte sich die Bahn auf eine Erhöhung der Gehälter in zwei Schritten um 410 Euro monatlich sowie eine steuerfreie Einmalzahlung von 2.850 Euro.
Weselsky und seiner GDL wird das nicht reichen. Die EVG habe mit dem Verhandlungsergebnis keine "große Stärke" bewiesen, sagte Weselsky im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" ("SZ"), sondern vor allem "ausgeprägte Kompromissbereitschaft".
Urabstimmung über unbefristete Streiks
Sollte die Deutsche Bahn den Forderungen der GDL nicht entgegenkommen, sei schon am Ende des ersten Verhandlungstages eine Urabstimmung über unbefristete Streiks bei der GDL denkbar, sagte Weselsky in einem "Morgenpost"-Interview.
Bahn-Personalvorstand Seiler bietet den GDL-Mitgliedern eine Art Vorschuss an: Eine Einmalzahlung von 1.500 Euro aus der Inflationsausgleichsprämie noch im Dezember - auch in der Hoffnung, so den von der Bahn angestrebten 14-tägigen "Weihnachtsfrieden" zu erreichen.
Weselsky sagte dazu der "SZ", "der beste Weg, um Ruhe an Weihnachten zu haben", seien rasche Verhandlungen. "Wir haben noch zwei Monate bis Weihnachten, wir könnten bis dahin locker fertig sein."