Blick auf den verschlossenen Eingang einer Galeria-Filiale.
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Drittes Insolvenzverfahren Wie es nach der Galeria-Pleite weitergeht

Stand: 09.01.2024 15:55 Uhr

Mit der dritten Insolvenz von Galeria Karstadt Kaufhof seit 2020 geht das Bangen der Mitarbeiter weiter. Wie stehen die Chancen, dass etwas von dem Traditionsunternehmen bleibt?

Eine Analyse von Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion

Zum dritten Mal in weniger als vier Jahren geht Galeria Karstadt Kaufhof in die Insolvenz. Was bedeutet das für die Zukunft des Unternehmens und seiner mehr als 15.000 Beschäftigen?

Erklärtes Ziel des Managements um Galeria-Chef Olivier van den Bossche und des vorläufigen Insolvenzverwalters Stefan Denkhaus ist ein Eigentümerwechsel, um sich aus der "Umklammerung" des bisherigen Eigentümers Signa zu befreien. Problematisch seien hier vor allem "hohe Mieten und teure Dienstleistungen". Diese schränkten die künftigen Entwicklungsmöglichkeiten stark ein. Die zahlreichen Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigten Galeria "massiv" und behinderten das laufende Geschäft. Das erneute Insolvenzverfahren sei insofern ein "Befreiungsschlag".

Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zum dritten Mal insolvent

Rupert Wiederwald, WDR, tagesthemen, 09.01.2024 22:15 Uhr

Stabilisierung des Geschäfts im Vordergrund

Zunächst werden Denkhaus und das Management aber alles daran setzen müssen, das laufende Geschäft der Kaufhauskette zu sichern, was insbesondere bei einem Handelsunternehmen mit drohenden Liquiditätsschwierigkeiten eine besondere Herausforderung darstellt.

"Die ersten Tage einer Insolvenz gehen recht turbulent zu", erläutert Georg Stemshorn, Insolvenzverwalter bei der PLUTA Rechtsanwalts GmbH in Augsburg. "Oberste Priorität hat dabei die Bezahlung der Mitarbeiter." Grundsätzlich kann ein Insolvenzverwalter jedes Vertragsverhältnis des Unternehmens beenden, mit Ausnahme der Miet- und Beschäftigungsverhältnisse, für die eine Kündigungsfrist von drei Monaten gilt.

Beschäftigte erhalten Insolvenzgeld

Eine wichtige Hürde ist dabei schon genommen. Die Bundesanstalt für Arbeit teilte bereits unmittelbar nach dem Insolvenzantrag mit, dass die Beschäftigten Insolvenzgeld in Höhe ihres Nettoeinkommens für bis zu drei Monate nach Eröffnung des Verfahrens erhalten sollen. In einem Wiederholungsfall wie diesem war eine solche Zusage, der "intensive Beratungen mit dem Unternehmen und eine detaillierte Prüfung der Voraussetzungen" vorausgegangen seien, nicht selbstverständlich.

Galeria-Chef van den Bossche erklärte unterdessen gegenüber dem "Handelsblatt", sein Unternehmen sei "zahlungsfähig". Allerdings bestehe für das Unternehmen angesichts der ausbleibenden Zahlungen von Signa "keine positive Fortführungsprognose". Das deutet auf den Insolvenzgrund einer "drohenden Zahlungsunfähigkeit" hin.

Gerrit Heinemann, Fachmann für Einzelhandel, zur Insolvenz der Galeria-Kette

tagesschau24, 09.01.2024 14:00 Uhr

Verrechnung der Mieten mit Forderung an Signa?

Was die Mieten angeht, wird das Unternehmen versuchen, die Verträge neu zu verhandeln. Gerade die Mieten für die 18 Standorte, die verschiedenen Signa-Gesellschaften gehören, gelten als ungewöhnlich hoch. Dabei wird bereits geprüft, ob Galeria seine Mietschulden gegenüber den Signa-Gesellschaften mit den aus dem zweiten Insolvenzverfahren zugesagten 200 Millionen Euro verrechnen kann, die voraussichtlich niemals fließen werden. Damit betritt das Unternehmen aber schwieriges juristisches Terrain.

Besonders dringend für das Handelsunternehmen sind natürlich auch die Verhandlungen mit den Lieferanten, um an neue Ware zu kommen. Diese sind in der Regel zu Einkaufsgemeinschaften zusammengeschlossen, was die Verhandlungen erleichtert, erklärt Sanierungsexperte Stemshorn. In der Regel wird hier mit Eigentumsvorbehalten für die nicht verkaufte Ware und Kreditausfallversicherungen gearbeitet.

"Zerschlagung ist nicht Ziel"

Denkhaus erklärte, "mit aller Kraft" daran zu arbeiten, Galeria zu erhalten. "Eine Zerschlagung ist ausdrücklich nicht Ziel des Verfahrens", betonte der Insolvenzverwalter. Gespräche mit möglichen Investoren seien bereits angelaufen, erklärte das Unternehmen. Diese hätten "gezeigt, dass das Warenhausgeschäft von Galeria in deutschen Innenstädten und Einkaufsmetropolen nach einem solchen Befreiungsschlag hoch attraktiv ist".

Auch der Insolvenzexperte Manfred Hunkemöller zeigte sich zuversichtlich, dass die schwer angeschlagene Kaufhauskette erneut gerettet werden könne. "Die neue Geschäftsführung hat zuletzt viel richtig gemacht, das Unternehmen zu sanieren. Sie hat das Pech, dass der Gesellschafter seinen Verpflichtungen nicht nachkommt."

Deutlich pessimistischer äußerte sich Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. "Eine dritte Insolvenz innerhalb von gut drei Jahren zeigt definitiv, dass dieses Unternehmen nicht zukunftsfähig ist", sagte er gegenüber tagesschau24. Der Wirtschaftsprofessor hält es sogar für möglich, dass das nun beantragte Regelinsolvenzverfahren mangels Masse abgelehnt werden könnte.

Weitere Standortschließungen zu erwarten

"Was ich mir vorstellen kann, dass Teile des Unternehmens, vielleicht einzelne Standorte übernommen werden", so Heinemann. Auch andere Experten halten einen Verkauf der Kaufhauskette als Ganzes für unrealistisch. Dies umso mehr, als Galeria aller Voraussicht nach dieses Mal nicht erneut mit substanzieller staatlicher Unterstützung rechnen kann. "In der heutigen Markt- und Zinslage gibt es kaum Chancen, einen Käufer zu finden", sagte etwa Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, im November.

Trotz des nach Unternehmensangaben erfreulich verlaufenen Weihnachtsgeschäfts dürfte auch im laufenden Geschäftsjahr 2023/24 nur ein Teil der verbliebenen 92 Filialen profitabel gearbeitet haben. Das macht ein Szenario eines Teilverkaufs einzelner Innenstadtgeschäfte an einen oder mehrere Investoren wahrscheinlicher. Auch im Zuge der dritten Insolvenz dürften also weitere Standortschließungen unvermeidlich sein.