Ankündigung der EVG Neuer Bahnstreik von Sonntag bis Dienstag
Im Tarifstreit mit den Arbeitgebern will die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft den Zugverkehr deutschlandweit ab Sonntagabend lahmlegen. Der dritte Warnstreik in diesem Jahr soll von Sonntag bis Dienstag dauern.
Bahnreisende müssen sich auf den mit 50 Stunden Dauer bislang längsten Warnstreik im aktuellen Tarifkonflikt einstellen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will ab Sonntagabend 22.00 Uhr bis Dienstagnacht 24.00 Uhr bundesweit praktisch den gesamten Bahnverkehr lahmlegen, wie die EVG ankündigte.
Stockende Gespräche als Anlass
Der Warnstreik soll die Deutsche Bahn, aber auch fast alle der rund 50 weiteren Bahn-Anbieter treffen. Die Gewerkschaft begründete dies mit den stockenden Gesprächen, die seit über zwei Monaten geführt werden. "Wir werden deshalb noch einmal unübersehbar signalisieren, dass die vorliegenden Angebote erheblich nachgebessert werden müssen", sagte EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay.
Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt.
Loroch: "Keine andere Wahl"
Verhandlungsführer Kristian Loroch ergänzte: "Insgesamt streiken wir 50 Stunden und erhöhen damit den Druck deutlich, weil uns die Arbeitgeber keine andere Wahl lassen."
Loroch sagte dazu: "Aus eigener Überzeugung scheint die Deutsche Bahn kein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen zu wollen, offensichtlich ist dazu erheblicher Druck nötig. Deshalb setzen wir jetzt einen neuen Akzent."
Auswirkungen auf europäischen Güterverkehr
Vor allem im Cargo-Bereich werde der lange Ausstand spürbare Folgen und damit auch wirtschaftliche Auswirkungen haben. Auch die Bahn bestätigte, sie rechne mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz. Der Konzern kündigte im Personenverkehr umfangreiche Kulanzregelungen für die betroffenen Fahrgäste an.
Bahn hält Einstellung des Fernverkehrs für wahrscheinlich
Im Personenverkehr wird der Warnstreik nach Einschätzung der Deutschen Bahn noch keine Auswirkungen auf die Verbindungen am Wochenende haben. "Den Sonntag würde ich, nachdem was ich jetzt weiß, durchaus als verkehrssicher ansehen wollen", sagte Personalvorstand Martin Seiler. Ab Montag aber werde der Warnstreik zu "erheblichen Auswirkungen" führen. Wahrscheinlich müsse der Fernverkehr eingestellt werden, dies werde derzeit aber noch geprüft.
Bahn: EVG will nicht an den Verhandlungstisch
Seiler kritisierte den Arbeitskampf als "irrsinnig" und "restlos überzogen". Er sagte: "Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen."
Das ist quasi der Vollstreik ohne Urabstimmung.
Seiler warf der EVG vor, nicht für Verhandlungen bereit zu sein. Man fordere sie aber auf, genau dies zu tun. Die Bahn sei ab sofort für Gespräche bereit - auch über das Wochenende, erklärte Seiler.
Die Bahn habe "zentrale Forderung der Gewerkschaft zum Mindestlohn erfüllt" und "mitnichten" einen Deckel von 13 Euro vorgeschlagen, erklärte Seiler. Auf dem Tisch lägen außerdem bereits das Angebot von zehn Prozent Lohnerhöhung sowie die volle Inflationsausgleichsprämie.
Dritter Warnstreik
Bereits Ende März hatte die EVG gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di den Verkehr in Deutschland weitgehend lahmgelegt. Ende April legte die EVG mit einem achtstündigen Warnstreik nach.
Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte. Die Deutsche Bahn will sich am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren. Die Gewerkschaft fordert in den Gesprächen mit der Branche unter anderem mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen - und zwar bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Vorher will sie in den Verhandlungen mit der Bahn aber entscheidende Fragen zum Mindestlohn geklärt wissen. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der DB erhalten diesen bislang nur über Zulagen, weil der Mindestlohn in den vergangenen Jahren schneller gestiegen ist als die Tariftabellen. Die EVG möchte den gesetzlichen Mindestlohn von zwölf Euro in die Tabellen aufnehmen, bevor sie über weitere Tariferhöhungen verhandelt.
Die Offerte des Staatskonzerns umfasst insgesamt rund zehn Prozent mehr Lohn für untere und mittlere Einkommen, acht Prozent mehr Geld für höhere Einkommen sowie zusätzlich 2850 Euro Inflationsausgleichsprämie für alle. Bei der Laufzeit hat der Konzern völlig andere Vorstellungen als die EVG. Die Deutsche Bahn peilt eine mehr als doppelt so lange Laufzeit von 27 Monaten an. Erst im März 2024 soll demnach die erste Stufe der Lohnerhöhungen in den Tabellen greifen. Bis dahin soll über mehrere Monate der angebotene Inflationsausgleich ausgezahlt werden. Zuletzt kam die Bahn der EVG zwar bei der Verankerung des Mindestlohns in den Tariftabellen entgegen, die Gewerkschaft hält dies aber für unzureichend.